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Abkürzung Ökostrom

Das Autoland Deutschland hinkt beim Zukunftsmarkt Elektromobilität hinterher. Insbesondere eine Kerntechnik wurde bislang vernachlässigt: die Batterie. Verbesserungen hier kämen auch den erneuerbaren Energien zugute.

Von Sönke Gäthke |
    Alle reden vom Elektroauto. Und mit Blick auf das Elektroauto sorgen sich Industrie, Politik und Forscher um die deutsche Kompetenz vor allem in Sachen Stromspeicher; planen eine zweifelhafte Aufholjagd mit den chinesischen und koreanischen Herstellern. Zweifelhaft unter anderem auch deshalb, weil die Stückzahlen für in Deutschland gefertigte Elektroautos wohl noch einige Jahre lang im Promillebereich liegen werden, dringend benötigte Kompetenz nicht aufgebaut werden kann.

    Dabei übersehen viele Experten, dass überschattet von der Debatte ums Elektroauto sich derzeit ein Markt öffnet, der unter Umständen schneller auf Touren kommt, als der für Elektroautos: Batterien als Puffer für Ökostrom. Darauf weist etwa Dirk Uwe Sauer, Batterieexperte der RWTH Aachen, hin.

    "Tatsächlich wachsen die erneuerbaren Energien viel schneller als alle Prognosen, das heißt, die installierten Leistungen gerade im Photovoltaikbereich sind inzwischen so groß, dass man sich da stark Gedanken drüber machen muss."

    Erzeugen Solarzellen kurzfristig mehr Strom, als benötigt wird, könnten Batterien als Zwischenspeicher einspringen. Sei es, um Schwankungen auszugleichen - etwa wenn eine Wolke vor den Solarzellen entlangzieht - sei es, um Sonnenstrom für die Nacht aufzusparen. Und gerade letztes können konventionelle Batterien sogar besser als Lithium-Ionen Akkus, so Dirk Uwe Sauer.

    "Wenn es darum geht, über ein, zwei, fünf, zehn Stunden Energie zwischenzuspeichern, dann geht aus wirtschaftlichen Geschichtspunkten in den nächsten Jahren an der Bleibatterie noch nichts vorbei."

    Die beherrschen Industrie und Forschung in Deutschland noch recht gut. Bleibatterien könnten damit einen ersten Einstieg für deutsche Hersteller auf den Strommarkt bilden. Doch auch für die neue Lithium-Ionen-Technik wäre in der Stromversorgung heute schon Platz:

    "Ich sehe Lithium-Ionen-Batterien immer da, im stationären Bereich immer da, wo die Entladezeiten kleiner als 15 Minuten. Das ist das, was man im Netzbereich die Primärregelenergie nennt, dort sind Lithium-Ionen-Batterien schon zu den heutigen Preisen absolut wettbewerbsfähig."

    Und der Bedarf für diese Speicher könnte schnell wachsen, wenn der Boom der Photovoltaik so anhält wie in den vergangenen zwei Jahren.

    Setzen Forschung und Industrie auf Lithium-Ionen-Akkus als Puffer fürs Stromnetz, könnten sie damit die Aufholjagd nicht nur beschleunigen, sondern gegebenenfalls die Konkurrenz im Ausland sogar schnell überholen. Denn prinzipiell hat Deutschland keine schlechte Startposition bei dem Wettlauf um die Batterietechnik. Davon ist Thomas Becks, beim VDE unter anderem zuständig für Elektromobilität, überzeugt:

    "Wir können es schaffen, weil wir jetzt die neuen Batterietechniken, die Zellgrößen, die Batteriegrößen, die für die Elektromobilität kommen müssen, nicht in einen Topf werfen dürfen mit den kleinen Zellen, wie wir sie aus dem Laptop beispielsweise kennen, die ja heute schon in großen Stückzahlen in China, in Japan, Korea gefertigt werden, wo es fast keine Produktion mehr in Deutschland gibt, aber die Experten sagen ja, die großen Zellen sind produktionstechnisch ganz anders zu sehen. Das ist auch für die Länder, die ich gerade genannt habe, ein Stück weit Neuland, also da haben wir die Chance, wieder ranzukommen, allerdings nur, wenn wir in Deutschland eine konzertierte Anstrengung hinkriegen."

    Die Umstände in Deutschland sind derzeit günstig für eine konzertierte Anstrengung. Die Politik will sie, die Wissenschaftler auch, und die deutsche Auto-Industrie hofft, dem Batterie-Know-how eine ähnliche Bedeutung geben zu können wie heute dem Verbrennungsmotor. Das könnte schneller gehen, wenn die Entwickler nicht auf das erste deutsche Elektroauto warten müssten, sondern einstweilen Batterien als Ökostrompuffer ins Visier nähmen. Und Eile tut not: So horchten die Batterieexperten in Aachen auf, als die Ziele der chinesischen Politik genannt wurden: Sie will die Kosten für die Batterien bis 2020 nicht auf die Hälfte senken, wie die Deutschen, sondern auf ein Viertel.