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Abschied in Unfrieden

Professor Udo Steinbach ist Direktor des Instituts für Nahoststudien am German Institute of Global and Area Studies (GIGA). Doch seit einem Jahr schwelt ein heftiger Streit. Steinbach selbst hört zum 31.12. auf, ungewiss ist, was mit den 37.000 Bücher aus der Bibliothek des Instituts geschieht.

Von Werner Nording |
    Vor dem Gebäude des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts an der Außenalster ist ein Umzugswagen vorgefahren. Arbeiter sind damit beschäftigt schwere Umzugskartons aus einem Lastenfahrstuhl in den LKW zu transportieren. Auf den Kartons sind mit einem dicken Filzschreiber die Worte "health", "Entwicklung" oder Umwelt geschrieben.

    Seit Februar ist die Bibliothek des Instituts für Nahost-Studien geschlossen. Studierende und Lehrkräfte können hier nicht mehr arbeiten, auch die Institutsmitarbeiter haben keinen Zutritt. Wohin die 37 000 Bücher aus der Bibliothek des Instituts am neuen Jungfernstieg gebracht werden ist unklar. Professor Udo Steinbach ist Direktor des Instituts für Nahoststudien am German Institute of Global and Area Studies (GIGA). Über den Verbleib der Bibliothek kann auch der 64jährige Wissenschaftler nichts sagen.

    "Das ist unklar, mit großer Wahrscheinlichkeit wird sie erst einmal nach Berlin transportiert, dort sitzt die Orient-Stiftung mittlerweile, sie hat ihren Sitz verlegt von Hamburg nach Berlin, der Nah- und Mittelost-Verein sitzt auch schon in Berlin, ich vermute mal, es geht nach Berlin, aber die Deutsche Orient-Stiftung oder der Nah- und Mittelost-Verein hat keinerlei Kapazität, diese Bibliothek aufzustellen, zugänglich zu machen und dann entsprechend fachmännisch zu verwalten. "

    Seit einem Jahr haben sich die Mitarbeiter der Deutschen Orient Stiftung und der Vorstand heftig zerstritten. Das Personal ist ausgezogen und in das GIGA-Institut für Nahost-Studien übergesiedelt, weil die Stiftung keine Honorare und kein Gehälter mehr zahlen konnte, wie Steinbach erläutert. Die Bibliothek und die Zeitschrift Orient waren im Besitz der Stiftung verblieben. Seitdem kann auch das Fachblatt nicht mehr veröffentlicht werden, bedauert Steinbach. Dabei gelte die Zeitschrift Orient als qualifiziertestes Organ der gegenwartsbezogenen deutschen Nahost-Forschung.

    "Der Schaden ist zunächst der, dass hier in Hamburg eine solche Bibliothek nicht mehr besteht, ob für Studenten oder Lehrende, das hinterlässt ein Riesenvakuum, wir waren auch angeschlossen an den Leihverkehr der Bibliotheken, wir haben über Hamburg hinaus, unsere Bestände angeboten, mussten wir auch, denn wir haben noch etwas gehabt, was eine Besonderheit war, das war die sogenannte fraue Literatur, also inoffizielle Literatur der Behörden usw. , dies haben wir über Jahrzehnte im Auftrag der Deutschen Forschungs- Gemeinschaft gesammelt , mit der Auflage von Seiten der DFG, dass das öffentlich zugänglich ist, und das ist nun alles verschwunden, damit ist der Schaden nicht nur für Hamburg und seine Studenten allein da, sondern bundesweit für die gesamte einschlägige Forschung. "

    Den Streit angezettelt hat aus Sicht von Steinbach die Geschäftsführerin des Nah- und Mittelostvereins, Helene Rand, die auch verantwortlich im Vorstand der Deutschen Orient-Stiftung ist. Frau Rand gibt sich wortkarg. Ob die Bibliothek der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wird, will die Juristin nicht sagen.

    "Diese Bibliothek ist mit öffentlichen Zuwendungen teilweise aufgebaut worden, das ist richtig, der Eigentümer der Bücher und des Deutschen Orient-Institutes und der Stiftung ist der Nah- und Mittelostverein, das ist der Stifter und alle weiteren Schritte sind in einem laufenden Verfahren, das hatte ich Ihnen eingangs gesagt, nicht mit Kommentaren zu versehen. "

    Weitere Nachfragen nach den Ursachen der tiefen Verwerfung zwischen ihr und Steinbach sowie der Zukunft der Deutschen Orient Stiftung will die Geschäftsführerin nicht zulassen.

    "Alle weiteren Dinge sind nicht mit einem Kommentar zu versehen."

    Jahrzehntelang haben Steinbach und seine Kollegen den Bestand der Bibliothek des Orient-Instituts aufgebaut und damit die größte Büchersammlung für gegenwartsbezogene Nahoststudien in Deutschland aufgebaut. Die Stadt Hamburg und das Auswärtige Amt hätten die Arbeit finanziell unterstützt, sagt der Wissenschaftler, der Nah- und Mittelostverein habe keinen Cent dazugegeben. Jetzt sehe die einzigartige Bibliothek einer ungewissen Zukunft entgegen. Er könne in einem solchen Chaos nicht mehr vernünftig arbeiten und habe deshalb zum Jahresende gekündigt, sagte Steinbach

    "Ich habe die Konsequenz gezogen, dass ich zum 31.12. gehen werde, das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass mit der Auflösung des Instituts, das ich über Jahrzehnte geleitet habe, der Integration des Instituts in GIGA, nicht mehr die Möglichkeiten habe, die gegenwartsbezogene Orientforschung zu machen, für die ich gestanden habe, für die auch das Institut gestanden hat, für die wir international renommiert worden sind. Das ist die eine Seite, aber die andere Seite sind natürlich die unsäglichen Querelen, die ein wissenschaftliches Arbeiten nicht mehr möglich machen. Kommt hinzu, dass der Hamburger Senat keineswegs die Entschlossenheit gezeigt hat, uns zu unterstützen, die Bibliothek zu retten, die er hätte zeigen können, nach all den Trümpfen, die Hamburg auch in der Hand gehabt hätte, das enttäuscht mich auch, was den Wissenschaftsstandort Hamburg betrifft und so werd ich nach Berlin gehen."