Archiv


Abschied vom gelben Sack?

Die Deutschen sind Weltmeister im Mülltrennen, heißt es so schön. Einen anderen Eindruck bekommt, wer mal genauer in die Säcke und Tonnen schaut, so wie Dr. Martin Kaimer von der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg:

Von Renate Ell |
    Es sind nach wie vor Wertstoffe im Restabfall zu finden und andersrum genauso Restabfälle leider auch in den Werstoffen, und deshalb ist der Aufwand relativ groß, die Wertstoffe zu sortieren und rauszufiltern. Und das, was im Restabfall landet, ist natürlich für eine Verwertung verloren.

    Und die Wertstoffe aus dem Gelben Sack, die so genannten Leichtverpackungen, müssen ja auch noch auseinandersortiert werden: in Kunststoffe, Alu, Verbund und Blech. In den Anfangszeiten des Dualen Systems klaubten Arbeiter mit Handschuhen und Mundschutz die schimmligen Joghurtbecher und müffelnden Fischdosen vom Band, inzwischen haben weitgehend Maschinen diese unangenehme Aufgabe übernommen. Viel Sortier-Aufwand für wenig Wertstoff, meint Martin Kaimer.

    Leichtverpackungen stellen lediglich ca. 8,5 Prozent der getrennt gesammelten Wertstoffe dar, oder wenn man es jetzt auf den gesamten Abfall aus den Haushalten bezieht sind es sogar nur 5 Prozent. Das heißt Kunststoffverpackungen, Verbunde, Aluminium und Weißblech. Und diese Abfälle, die über den gelben Sack die gelbe Tonne gesammelt werden, verursachen, obwohl sie nur einen kleinen Teil darstellen, den relativ großen Sammel- und Sortieraufwand bei der Aufbereitung der Verpackungsabfälle.

    Der Fortschritt der Sortiertechnik in den letzten Jahren brachte die Abfall-Experten an der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg auf die Idee, die Verbraucher von ihrer Sortierarbeit und auch von den Gebühren für den Grünen Punkt zu entlasten, die sie beim Kauf jeder verpackten Ware zahlen. Ihr geradezu ketzerischer Vorschlag: Nur noch Papier, Glas, Kleidung, Schuhe und Sperrmüll extra sammeln, aber weg mit gelbem Sack und brauner Tonne - Biomüll und Verpackungen wieder zusammen mit dem Restmüll erfassen, aber dann anders als bisher verwerten. Als erstes müsste der Abfall getrocknet werden. Dabei würde der Biomüll durch Verrottungs-Prozesse wie im Komposthaufen für die nötige Wärme sorgen. Man könnte den Abfall aber auch von außen aufheizen.

    Nach dieser Trocknung hätte man dann ein Material, das durch übliche Trenntechniken in verschiedene Bestandteile zerlegt werden kann. Hier müsste der nächste Schritt darin bestehen, das Material zu trennen in nicht brennbare und brennbare Stoffe, und dieser brennbare Anteil würde einen heizwertreichen Stoff darstellen, der qualitativ vergleichbar wäre mit Braunkohle oder auch Holz, und einen Ersatzbrennstoff darstellt, der lagerfähig ist und durch seine gute Trennung auch schadstoffreduziert ist beispielsweise, weil alle Metalle herausgesucht wurden.

    Der nicht brennbare Teil des Gemischs besteht neben den Metallen aus Glas- und Keramikscherben und anderen mineralischen Materialien, die bei der Verbrennung stören, die aber recycelt werden können. Der Biomüll hingegen ist wegen seines hohen Brennwertes willkommen. Die derzeit übliche Kompostierung hingegen führt nicht immer zu einem marktfähigen Produkt, und die Planungen für eine neue Bodenschutz-Verordnung würden eine Nutzung dieses Biomüll-Komposts in Gartenbau und Landwirtschaft praktisch unmöglich machen. Auch die Kunststoffe als Erdöl-Produkte erhöhen den Heizwert des Abfalls. Aber das Konzept von Kaimer und seinem Co-Autor Diethard Schade wird wohl so bald nicht auf die Probe gestellt.

    Da ist zum Einen sicherlich noch Entwicklungsarbeit nötig, weil natürlich diese Sortieranlagen speziell darauf eingestellt werden müssen auf das vorhandene Gemisch, um optimale Fuktionsfähigkeit und Trennleistung zu erzielen. Auf der anderen Seite ist der wesentliche Aspekt, warum das nicht gemacht wird, derjenige, dass es eben heute unter den rechtlichen Rahmenbedingungen nicht möglich ist, ein solches System zu verwirklichen.

    Die Verpackungsverordnung schreibt nämlich vor, dass Verpackungen getrennt gesammelt und verwertet werden müssen. Und dabei wird es wohl auch bleiben. In einer Ökobilanz der derzeitigen Hausmüll-Entsorgung im Auftrag des Umweltbundesamtes kommt das ifeu-Institut in Heidelberg nämlich zu dem Schluss, dass Recyceln aus ökologischer Sicht besser sei als Verbrennen, etwa weil es Ressourcen spart und weniger klimaschädliches CO2 produziert. Also wird der gelbe Sack wohl doch eher eine Zukunft haben als die große grauen Tonne.