Karin Fischer: Der Eingang: ein großer Riegel, hoch wie eine Wand. Darin ein kleiner Einlass. Das Portal schon des Neubaus des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst in München ähnelt einem altägyptischen Tempel. Auch Eingangshalle und Foyer sind niedrig gehalten, später erst führt der Weg in höhere, auch mit Tageslicht ausgestattete Räume. Architektur als Mittel der Einführung, vielleicht Einfühlung, sogar in ein Thema gibt es immer wieder, wie beim berühmten zackig-zerrissenen Riegel des Jüdischen Museums in Berlin. Auch in München sticht die dienende Architektur ins Auge.
- Meine Frage an die Museumsdirektorin Sylvia Schoske lautete: Wie sehen und wie interpretieren Sie diesen Bau von Peter Böhm?
Sylvia Schoske: Das Schöne an diesem Bau ist, dass er ein wunderbares Gehäuse für unsere Sammlungsobjekte gibt. Und das ist mir von Anfang an in den Gesprächen mit dem Architekten auch sehr, sehr wichtig gewesen. Nichts ist schlimmer als eine Architektur, die sich geschwätzig in den Vordergrund rücken will. Der zweite Punkt ist der – das mag jetzt etwas verwunderlich klingen: Glücklicherweise hatte Peter Böhm nie einen ägyptischen Bau live gesehen, er war zuvor nie in Ägypten. Und das hat natürlich auch verhindert, dass irgendwelche ägyptisierenden Elemente aufgenommen wurden. Selbstverständlich erinnert der Bau latent an ägyptische Bauten, ruft Assoziationen hervor, ...
Fischer: Aber in einer sehr abstrakten Form!
Schoske: Genau! Und die Familie Böhm ist ja nun in der dritten Generation Architekt, und gerade Großvater ...
Fischer: Und Kirchenbauer, was ja auch bedeutet Tempelbauer?
Schoske: Genau. Das ist der Punkt. Die haben viele gute Sakralbauten errichtet. Viele unserer Objekte kommen ja aus Tempeln. Deswegen ist das auch so stimmig. Man muss das jetzt gar nicht so vordergründig sagen, Museen sind die Kathedralen unserer Zeit. So könnte man natürlich auch formulieren. Aber ein Raum, der eine gewisse feierliche und ruhige Atmosphäre ausstrahlt – da war ich mir von Anfang an sicher -, das passt mit unseren Stücken ganz wunderbar zusammen.
Fischer: Nun haben Sie nicht nur einen neuen Bau, sondern auch die alte Sammlung neu geordnet. Was für neue Zusammenhänge lassen sich da etwas erschließen?
Schoske: Wir sind abgekommen von der chronologischen Reihenfolge, die doch sehr akademisch ist. Und haben jetzt eine thematische Raumfolge. Am Anfang und damit im Mittelpunkt steht die Kunst, denn der Name unseres Hauses "Museum Ägyptischer Kunst" ist Programm. Und darum herum gruppieren sich andere thematische Bereiche wie etwa Königtum, Jenseitsglaube, Schrift und Text, Religion, der antike Sudan und so weiter.
Fischer: Berlin hat die Nofretete, München eine Statue von Ramses II: Was von Ihren Objekten ist einzigartig in der Münchner Sammlung oder Ihnen besonders wichtig, was sollte man auf jeden Fall ins Auge fassen?
Schoske: Wirklich einzigartig ist die Doppelstatue des Königs Niuserre, aus der Pyramidenzeit um 2400 stammend. Einzigartig ist auch eine vergoldete Sargmaske einer Königin namens Satdjehuti und einzigartig ist beispielsweise auch eine Gruppe von vier Bronzestatuen, die einen König, einen Wesir und ein Krokodil als Gottheit zeigen. Eine solche Gruppe kann kein anderes Museum weltweit zeigen.
Fischer: Und was bedeutet diese Gruppe?
Schoske: Das sind Stücke, die vermutlich ursprünglich als Votivgaben im Tempel aufgestellt gewesen sind, wobei es sich bei dem Krokodil sogar um eine Kultstatue aus dem Allerheiligsten, aus dem Sanktuar eines altägyptischen Tempels handelt.
Fischer: Nimmt eigentlich, Frau Schoske, die zeitgenössische Museumspädagogik darauf Rücksicht, dass jüngere Generationen keinen humanistisch vorgebildeten Bezug mehr zu den Alten Kulturen haben? Anders gefragt: Ist das alles nicht nur schön ausgestellt und ausgeleuchtet, sondern auch sinnvoll erklärt?
Schoske: Wir haben ein Konzept der Erschließung der Objekte, das sowohl traditionelle Wege nicht ausschließt. Es gibt ja unterschiedliche Bedürfnisse der verschiedenen Besuchergruppen. Das heißt also: Wer Texte lesen will, kann dies in einer zwar zurückhaltenden, aber klassischen Beschriftung der Objekte tun. Wir haben dann Medienwürfel, so wie wir es nennen, Medienstationen, die in den einzelnen thematischen Räumen stehen und jede für sich einen neuen Weg bietet der Erschließung über einen Touchscreen hinweg. Und als drittes gibt es einen Mobil Guide auch dann für jugendliche Besucher.
Fischer: Sylvia Schoske über die neu geordneten Sammlung des Ägyptischen Museums in München.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
- Meine Frage an die Museumsdirektorin Sylvia Schoske lautete: Wie sehen und wie interpretieren Sie diesen Bau von Peter Böhm?
Sylvia Schoske: Das Schöne an diesem Bau ist, dass er ein wunderbares Gehäuse für unsere Sammlungsobjekte gibt. Und das ist mir von Anfang an in den Gesprächen mit dem Architekten auch sehr, sehr wichtig gewesen. Nichts ist schlimmer als eine Architektur, die sich geschwätzig in den Vordergrund rücken will. Der zweite Punkt ist der – das mag jetzt etwas verwunderlich klingen: Glücklicherweise hatte Peter Böhm nie einen ägyptischen Bau live gesehen, er war zuvor nie in Ägypten. Und das hat natürlich auch verhindert, dass irgendwelche ägyptisierenden Elemente aufgenommen wurden. Selbstverständlich erinnert der Bau latent an ägyptische Bauten, ruft Assoziationen hervor, ...
Fischer: Aber in einer sehr abstrakten Form!
Schoske: Genau! Und die Familie Böhm ist ja nun in der dritten Generation Architekt, und gerade Großvater ...
Fischer: Und Kirchenbauer, was ja auch bedeutet Tempelbauer?
Schoske: Genau. Das ist der Punkt. Die haben viele gute Sakralbauten errichtet. Viele unserer Objekte kommen ja aus Tempeln. Deswegen ist das auch so stimmig. Man muss das jetzt gar nicht so vordergründig sagen, Museen sind die Kathedralen unserer Zeit. So könnte man natürlich auch formulieren. Aber ein Raum, der eine gewisse feierliche und ruhige Atmosphäre ausstrahlt – da war ich mir von Anfang an sicher -, das passt mit unseren Stücken ganz wunderbar zusammen.
Fischer: Nun haben Sie nicht nur einen neuen Bau, sondern auch die alte Sammlung neu geordnet. Was für neue Zusammenhänge lassen sich da etwas erschließen?
Schoske: Wir sind abgekommen von der chronologischen Reihenfolge, die doch sehr akademisch ist. Und haben jetzt eine thematische Raumfolge. Am Anfang und damit im Mittelpunkt steht die Kunst, denn der Name unseres Hauses "Museum Ägyptischer Kunst" ist Programm. Und darum herum gruppieren sich andere thematische Bereiche wie etwa Königtum, Jenseitsglaube, Schrift und Text, Religion, der antike Sudan und so weiter.
Fischer: Berlin hat die Nofretete, München eine Statue von Ramses II: Was von Ihren Objekten ist einzigartig in der Münchner Sammlung oder Ihnen besonders wichtig, was sollte man auf jeden Fall ins Auge fassen?
Schoske: Wirklich einzigartig ist die Doppelstatue des Königs Niuserre, aus der Pyramidenzeit um 2400 stammend. Einzigartig ist auch eine vergoldete Sargmaske einer Königin namens Satdjehuti und einzigartig ist beispielsweise auch eine Gruppe von vier Bronzestatuen, die einen König, einen Wesir und ein Krokodil als Gottheit zeigen. Eine solche Gruppe kann kein anderes Museum weltweit zeigen.
Fischer: Und was bedeutet diese Gruppe?
Schoske: Das sind Stücke, die vermutlich ursprünglich als Votivgaben im Tempel aufgestellt gewesen sind, wobei es sich bei dem Krokodil sogar um eine Kultstatue aus dem Allerheiligsten, aus dem Sanktuar eines altägyptischen Tempels handelt.
Fischer: Nimmt eigentlich, Frau Schoske, die zeitgenössische Museumspädagogik darauf Rücksicht, dass jüngere Generationen keinen humanistisch vorgebildeten Bezug mehr zu den Alten Kulturen haben? Anders gefragt: Ist das alles nicht nur schön ausgestellt und ausgeleuchtet, sondern auch sinnvoll erklärt?
Schoske: Wir haben ein Konzept der Erschließung der Objekte, das sowohl traditionelle Wege nicht ausschließt. Es gibt ja unterschiedliche Bedürfnisse der verschiedenen Besuchergruppen. Das heißt also: Wer Texte lesen will, kann dies in einer zwar zurückhaltenden, aber klassischen Beschriftung der Objekte tun. Wir haben dann Medienwürfel, so wie wir es nennen, Medienstationen, die in den einzelnen thematischen Räumen stehen und jede für sich einen neuen Weg bietet der Erschließung über einen Touchscreen hinweg. Und als drittes gibt es einen Mobil Guide auch dann für jugendliche Besucher.
Fischer: Sylvia Schoske über die neu geordneten Sammlung des Ägyptischen Museums in München.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.