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Abschied von König Kurt

Kurt Beck (SPD) zieht sich von der politischen Bühne zurück. Den Vorsitz der rheinland-pfälzischen SPD übergibt er beim Landesparteitag an Innenminister Roger Lewentz. Neue designierte Ministerpräsidentin ist die 51-jährige Malu Dreyer.

Von Ludger Fittkau | 09.11.2012
    Ludwigshafen - das sogenannte "Feierabend-Haus" der BASF. Die SPD Rheinland-Pfalz hat zu einer Veranstaltung zum Thema "Wirtschaftspolitik" eingeladen. Der rund 200 Personen fassende Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, viele lokale Unternehmer und BASF-Mitarbeiter sind da, Vorstands- und Betriebsrats-, aber auch einfache Belegschaftsmitglieder. Kurt Beck ist einer der Redner des Abends - es ist einer seiner letzten Termine als Vorsitzender der rheinland-pfälzischen SPD. Morgen beim Landesparteitag gibt er dieses Amt an den Innenminister Roger Lewentz ab. Wehmut verspürt er - nach fast 20 Jahren an der Spitze der Partei, sagt der 63-Jährige am Ende der Ludwigshafener Wirtschafts-Veranstaltung:

    "Ja, ein bisschen Wehmut kommt schon, es ist aber auch Freude dabei, dass da ein Saal voller Menschen ist, die ganz überwiegend unternehmerisch tätig sind oder waren oder in Betriebsräten herausragende Verantwortung hatten oder haben. Und wenn man spürt, dass da doch ein Klima geschaffen werden konnte, das trägt und auch in schwierigen Phasen das Miteinander betont, dann drängt das die Wehmut wieder zurück."

    Die SPD in Rheinland-Pfalz muss sich nun verabschieden vom "Buddha mit Zündschnur", wie Generalsekretärin Andrea Nahles Kurt Beck einmal nannte. Weil er ein Gemütsmensch ist, dem aber auch mal heftig der Kamm schwillt, wenn er etwas politisch sehr dumm findet. Dass seine Verabschiedung nach zwei Jahrzehnten im Amt des Landesvorsitzenden ein ganz besonderer Moment in der Geschichte der Landes-SPD sein wird - daran lässt auch die Mainzer Arbeits- und Sozialministerin Malu Dreyer keinen Zweifel. Sie wird im Januar von König Kurt das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen- nach 19 Jahren Beck in der Mainzer Staatskanzlei:

    "Ja, es wird sehr emotional. Kurt Beck ist unser Parteivorsitzender, hält dort seine Rede, und wir haben ihm sehr viel zu verdanken, und deshalb glaube ich, dass alle Delegierten, inklusive mir selbst, sehr emotional sind."

    "Ich werde mich natürlich vorbereiten, vielleicht mehr als auf andere Parteitage, weil man natürlich die eine oder andere Botschaft noch betonen möchte. Aber ich möchte meinen Beitrag auch leisten, dass der Blick vor allem nach vorne geht und nicht in die Vergangenheit hinein. Das wird nicht ganz zu vermeiden sein, das weiß ich auch. Und das mich da manche Gefühlsregung auch packen wird. Ich glaube, man wäre kein empfindsamer Mensch, wenn man das ausschließen könnte."

    Wenige Stunden zuvor - der Gastraum eines Weingutes im rheinhessischen Ingelheim. Ein junger Jazz-Gitarrist spielt, bevor Kurt Beck ans Rednerpult tritt. Das Weingut ist ein Ort, den Beck und seine Mitarbeiter mögen. Hier war man auch schon mit Bundespräsident Joachim Gauck bei dessen Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz. Rose Götte, eine alte Weggefährtin Becks, hat ihren Platz schon eingenommen, bevor der Regierungschef den Saal betritt. Sie beschreibt die politischen Stärken, die Kurt Beck jahrzehntelang an Rhein und Mosel ausspielen konnte:

    "Den einzelnen Menschen wahrzunehmen und zu schätzen, das gehört zu seiner Persönlichkeit dazu. Und da kommt natürlich auch sehr viel zurück. Weil das kein gespieltes Interesse ist, sondern er interessiert sich wirklich für die Menschen. Er kennt Hunderte, Tausende mit Namen und weiß, was der Einzelne gemacht hat und wo, wer, wie Verantwortung übernimmt. Das merkt man in seinen Reden, wenn er dann frei redet, und er sieht dann im Saal Herrn X und Frau Y sitzen. Dann spricht er die an. Also das ist schon eine Wahrnehmung von Menschen, die ungewöhnlich ist und die auch was ganz Besonderes und Vorbildliches ist."

    Heute erfüllt Kurt Beck zum letzen Mal eine besondere Amtspflicht als Parteichef. Er verleiht verdienten Genossinnen und Genossen die "Wilhelm Dröscher-Medaille".

    "Euch, die wir heute ehren dürfen, möchte ich sagen: Dankeschön, dass ihr zu denen gehört, die ihr in vorbildlicher Weise für eine solchen Aufgabe steht."

    Wilhelm Dröscher war ein aus Rheinland-Pfalz stammender, ehemaliger Bundesschatzmeister der SPD. Er war in den 70er Jahren auf einem von Willi Brandt geleiteten Bundesparteitag zusammengebrochen und gestorben. Nach und nach überreicht Kurt Beck sechs kuchentellergroße, schwere Bronzescheiben, die in einem mit Samt ausgeschlagenen Kästchen liegen, an SPD-Mitglieder. Es sind Parteifreunde, die er zum Teil jahrzehntelang persönlich kennt. Rose Götte ist eine von ihnen, frühere Bildungsministerin in einem Kabinett Becks:

    "Ich bin ihm sehr verbunden und habe ihn immer bewundert für seine Gradlinigkeit, seine Zuverlässigkeit, seine Bodenständigkeit. Und ich war auch schon traurig, als er sich entschieden hatte wegzugehen. Ich denke aber, dass er tatsächlich gesundheitlich angeschlagen ist und dass die ungute Atmosphäre im jetzigen Parlament, das Mobbingverhalten der Opposition das auch verstärkt hat."

    Gemeint ist vor allem Julia Klöckner, die angriffslustige CDU-Oppositionsführerin im rheinland-pfälzischen Landtag. Schon bei der Landtagswahl im März 2011 hatte sie Beck beinahe überflügelt, die SPD büßte rund zehn Prozentpunkte ein – eine große Schlappe für den Ministerpräsidenten. Dann griff Julia Klöckner Beck in den vergangenen Monaten vor allem wegen des Nürburgring-Skandals vehement an, setzte ihm sogar mit dem zweiten parlamentarischen Misstrauensvotum in der Landesgeschichte zu. Klöckner zeigte schonungslos auf, dass Beck gerade in den letzten Amtsjahren gravierende politische Fehler gemacht hat, die ihm zuvor anderthalb Jahrzehnte lang nicht passierten.

    Julia Klöckner hatte Kurt Beck überdies bisweilen als Patriarchen alten Schlages dargestellt, der grundsätzlich Schwierigkeiten mit Frauen in Machtpositionen habe. Mit seiner Nachfolgerin an der Spitze des Landes wird Julia Klöckner künftig anders umgehen müssen. In der Form, nicht so sehr bei den Inhalten: Die hohe Verschuldung des Landes oder den Unterrichtsausfall an Schulen wird die CDU-Politikerin weiterhin zum Thema machen. Außerdem habe Malu Dreyer im Kabinett Becks gesessen, als die fatalen Entscheidungen für den Bau des heute insolventen "neuen Nürburgrings" getroffen wurden.

    "Und ansonsten glaube ich schon, dass Frauen eine andere Art sicherlich auch der Sprache haben, die Dinge zu thematisieren oder auch miteinander zusammenzuführen. Und Frauen sind ja auch nicht dümmer als Männer, und dass einen Flächenland wie dem unsrigen auch Frauen an der Spitze sein können, zum Beispiel bei der CDU, bei einer Volkspartei, das zeigt, dass auch wir uns modernisieren. Aber Frauen sind weder besser noch schlechter als Männer, es geht nur zusammen."

    Malu Dreyer, die auf dem morgigen SPD-Landesparteitag offiziell zur Kandidatin für die Wahl zur Ministerpräsidentin am 16. Januar nominiert wird, hat eines sehr wohl wahrgenommen: Julia Klöckner hat beim CDU-Landesparteitag vor wenigen Wochen und in den letzten Tagen im Landtag Signale ausgesendet, die für manchen Beobachter schon durchaus weniger konfrontativ wirkten als in Richtung Kurt Beck:

    "Na ja, ich würde es mal so beschreiben, dass ich mit Frau Klöckner ein normales Verhältnis habe, weil wir uns auch schon länger kennen - auch irgendwie unverkrampft. Und ich persönlich pflege ja schon seit vielen, vielen Jahren, nicht nur in der Landespolitik, sondern auch früher als Kommunale, einen sehr sachorientierten Stil. Ich nehme die Opposition ernst, das ist vollkommen klar, ich streite mich auch mit ihr auf sachlicher Ebene, aber das ist auch der Stil, den ich mir wünsche. Und wenn es Signale aus der Opposition gibt, dass es dort auch gewünscht ist, werde ich sie dankbar aufgreifen."

    Die Journalistin und ehemalige sozialdemokratische Ministerin, Rose Götte, glaubt, dass Malu Dreyer mit ihrem persönlichen Stil nahtlos an Beck anknüpfen kann.

    "Die Herzen fliegen ihr zu, das ist ganz wichtig. Denn bei Kurt Beck hat man eben auch gemerkt: Er war ein Landesvater, der sehr viel Emotionen geweckt hat. Der auch Tausenden von Menschen das Gefühl vermittelt hat, ich werde wahrgenommen. Und ich bin in meiner Arbeit und in meiner Existenz ein Mensch mit Würde. Und dieselbe Grundeinstellung hat auch die Malu Dreyer. Und ich denke, dass ist eine gute Nachfolge."

    Malu Dreyer, die 51 Jahre alte Juristin, die wie Kurt Beck von der pfälzischen Weinstraße stammt, bekommt in ersten Meinungsumfragen tatsächlich einen großen Vertrauensvorschuss der Rheinlandpfälzer. Das hat sicher viel mit ihrer persönlichen Geschichte zu tun, die sie nicht versteckt: Sie ist chronisch krank und ab und zu auch auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen, in einem integrativen Wohnprojekt in Trier.

    Im "Schammatdorf", wie die kleine Siedlung von Behinderten und Nichtbehinderten am Rande der Innenstadt heißt, herrscht ein bisschen Ausnahmezustand, seitdem klar ist, dass die neue Regierungschefin von hier kommt. Malu Dreyer:

    "Ja, im Schammatdorf war schon ziemlich helle Aufregung muss man sagen, vor allem so viele Journalisten auf einmal wurden nur selten gesichtet. Deshalb ist das ganze Dorf auch ziemlich aufgeregt, aber die Bewohner und Bewohnerinnen sind eigentlich sehr stolz darauf, dass jetzt in ihrem Kreis nicht nur Chefärzte wohnen und ne Ministerin und der Oberbürgermeister, sondern demnächst auch die Ministerpräsidentin. Also auch das ist eigentlich ganz schön und völlig unverkrampft muss man sagen."

    Unverkrampft sei auch ihr Verhältnis zum designierten neuen Parteivorsitzenden Roger Lewentz, sagt Malu Dreyer. Und das, obwohl Lewentz selbst lange als Beck-Kronprinz gehandelt wurde. Jetzt soll der rheinland-pfälzische Innenminister, der sei Amt behält, der künftigen Ministerpräsidentin in der Partei den Rücken für die Staatskanzlei frei halten. Lewentz und Dreyer versichern: Wir sind Teamplayer, wir werden harmonieren! Klar ist: Wenn Malu Dreyer aufgrund ihrer chronischen Krankheit wider Erwarten doch als Ministerpräsidentin die Kraft verlieren sollte, steht Lewentz bereit.

    "Dass wir uns nicht damit abfinden dürfen, dass Menschen den ganzen Tag arbeiten und sich einbringen und am Ende des Monats noch zum Sozialamt oder zur Arge geschickt werden, damit sie überleben können."

    Politisch unterscheiden sich die Positionen von Dreyer, Lewentz und Kurt Beck in vielen Punkten kaum. In klassischen sozialdemokratischen Politikfeldern wie Mindestlohn, gebührenfreier Bildung oder flächendeckendem Ausbau ambulanter Pflege ohnehin nicht. Aber auch beim Thema "Energiewende", das in Rheinland-Pfalz vor allem von der grünen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke bearbeitet wird, klingt die Neue kaum anders als ihr Noch-Chef. Allerdings gibt es einen persönlichen Aspekt, der Dreyers besonders entschlossenes Engagement für den Ausbau der Windkraft erklärt - auch wenn sich dadurch das Landschaftsbild etwa im Hunsrück ändert.

    "Ich nehme das sehr wohl wahr, ich fahre nämlich fast wöchentlich durch den Hunsrück, und ich sehe auch, was sich dort entwickelt. Aber natürlich, das sage ich auch ganz klar: Ich habe eine positive Einstellung zur Energiewende. Ich lebe in Trier, in unmittelbarer Nachbarschaft von Cattenom. Und ich kann nur sagen: Ich bin eine ausgemachte Atomkraftgegnerin. Ich wünschte mir, dass Frankreich dann auch zu der Entscheidung kommt, Cattenom wirklich zu schließen. Das bedeutet - wir brauchen Alternativen. Und Alternativen sehen eben anders aus als Atomkraftwerke."

    Kurt Beck wiederum liebte die Grünen lange nicht – Koalitionserfahrungen hatte er lediglich mit den Liberalen, die heute nicht mehr im rheinland-pfälzischen Landtag vertreten sind. Erst das schlechte Ergebnis der letzten Wahl zwang ihn zur Koalition mit der Öko-Partei. Reibungspunkte mit dem grünen Koalitionspartner - die wird die rheinland-pfälzische SPD auch künftig vor allem beim Straßen- und Brückenbau haben. Es gibt Meinungsunterschiede bei mehreren Fernstraßenprojekten in der Pfalz oder der Eifel - der Streit um eine Brücke im Tal der Loreley ist nur auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Dennoch kann die CDU-Opposition nicht hoffen, dass die Sozialdemokraten nach dem Führungswechsel an der Parteispitze morgen von den Grünen abrücken werden. Das macht Kurt Beck deutlich, der auf dem Parteitag zum Ehrenvorsitzenden der rheinland-pfälzischen SPD gewählt werden wird:

    "Wir haben sowohl in der Koalitionsvereinbarung als auch in den Einzelfragen, die bisher zu entscheiden waren, immer und zwar sehr zügig und auf einer sehr sachlichen Basis ein Miteinander gefunden. Und wenn ich jetzt mal den täglichen Vergleich ziehe zu dem, was sich CDU/CSU und FDP antun auf der Berliner Ebene, dann kann man nur sagen, das ist hier wirklich eine bestfunktionierende Koalition. Auch wenn es natürlich zwei Parteien sind und man immer wieder ringen muss."

    Ringen muss die SPD seit ihrer Agenda 2010 und dem Beschluss zur Rente mit 67 bundesweit um das Vertrauen der Gewerkschaften. Kurt Beck dagegen hat den Kontakt zu den Arbeitnehmervertretern immer gepflegt. Regelmäßig hat der gelernte Elektromechaniker das Gespräch mit Betriebs- und Personalräten gesucht, sich auch persönlich und unbürokratisch um Betriebe gekümmert, die in Schieflage geraten sind. Und oft auch helfen können, etwa mit Landesbürgschaften für kriselnde Unternehmen. Beck glaubt jedoch daran, dass Malu Dreyer auch als Juristin mit Prädikatsexamen einen ähnlich guten Draht zu den Gewerkschaften bekommen kann wie er selbst:

    "Weil - in all den Jahren war Malu Dreyer Arbeitsministerin. Und hat deshalb diesen engen Kontakt mit den Gewerkschaften immer mit mir gemeinsam auch gepflegt. Ihr gegenüber gibt es ein großes Vertrauensverhältnis der Gewerkschaften, ein offenes Miteinander-Reden. Nicht immer Einvernehmen in allen Punkten, das war mit mir auch nicht so. Aber eben ein offenes und faires Miteinander. Deshalb habe ich da auch keine Sorgen, dass es da zu Zerreißproben kommt."

    Malu Dreyer selbst macht schon einmal klar, welches Thema sie gemeinsam mit den Gewerkschaften auch im anstehenden Bundestagswahlkampf nach vorne schieben möchte: den gesetzlichen Mindestlohn nämlich.

    "Wenn man sich heute die Ursachen von Ungerechtigkeiten anguckt oder die Ursachen für das Auseinanderdriften von Arm und Reich, dann hat das Ursachen, die könnten wir von heute auf morgen beseitigen. Früher war Armut vor allem bewirkt durch Arbeitslosigkeit, heute spielt das eine untergeordnete Rolle. Heute sind es die prekären Beschäftigungssituationen. Und da werde ich auch aktiv bleiben in Zukunft, das sage ich ganz deutlich. Die Bundesregierung ist da am Zug. Wenn wir den Arbeitsmarkt nicht neu ordnen und weiterhin so viele Menschen haben, die zu miesen Löhnen arbeiten - in Rheinland-Pfalz allein haben wir elf Prozent der Menschen, die voll tagsüber arbeiten unter 8,50 Euro - das kann so nicht weitergehen. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass man Sozialpolitik machen kann, ohne dass es Geld kostet."

    Mit Musik und rheinhessischem Wein geht die kleine Feier für verdiente SPD-Mitglieder zu Ende. Kurt Beck verrät, dass er mit einem der Geehrten früher an den Abenden von Parteiversammlungen gerne mal Karten gespielt habe. Ganz legal sei das vermutlich nicht gewesen, unkt er, denn es sei immer auch ein bisschen Geld im Spiel gewesen. Das sei aber am Schluss immer für einen guten Zweck gespendet worden. Sein Mitspieler Klaus Stalter ist ein ehemaliger Bürgermeister im Raum Landau. Er schreibt den SPD-Erfolg auch in den strukturkonservativen Kleinstädten und Dörfern der Südpfalz vor allem dem scheidenden Parteivorsitzenden zu:

    "Also ich erinnere mich noch gut an die Anfangszeiten: Es war einer, der in der Südpfalz die Sozialdemokratie wirklich hoffähig gemacht hat, das war der Kurt Beck. Seim immenser Fleiß, den er an den Tag gelegt hat, die Aufmerksamkeit bei den Bürgern, die er gezeigt hat. Er hat uns ein Stückchen weit die Dinge auch geebnet. Aber er hat uns dann auch später in die Verantwortung und die Pflicht genommen, nah bei den Menschen zu sein. Das haben wir verinnerlicht, und ich denke, das hat auch dazu geführt, dass wir dann auch gute Erfolge gehabt haben."

    Doch eben nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten haben Beck und seine Mitstreiterinnen in den letzten Jahrzehnten den Modernisierungsschub fortsetzen können, mit dem schon die CDU-Ministerpräsidenten Helmut Kohl und Bernhard Vogel sowie der sozialdemokratische Vorgänger Rudolf Scharping "im Land der Rüben und Reben" begonnen hatten. Die ehemalige Staatsministerin Rose Götte macht am Beispiel der Kulturpolitik deutlich, dass die Beck-SPD aus ihrer Sicht in den letzten Jahrzehnten noch einmal anderen gesellschaftlichen Gruppen Beachtung schenkte als frühere rheinland-pfälzische Regierungen:

    "Das Nicht-Wahrgenommen-Werden, das galt zum Beispiel, um nur einen Bereich zu nennen, im Kulturbereich. Es gab keinerlei Unterstützung, eh die SPD kam, für die freie Szene in der Kunst. Es gab nur die etablierten Einrichtungen, Staatstheater, Staatsorchester. Die waren natürlich gefördert. Aber das große Feld der freien Szene, das natürlich genauso gefördert sein muss wie beim Sport der Breitensport gefördert werden muss, für die war nix da vom Land. Und die einfach mal wahrzunehmen und das Scheinwerferlicht auf sie draufzuwerfen und sie auch finanziell zu unterstützen, das war dann eben sozialdemokratische Politik, die beispielhaft ist für alle anderen Bereiche."

    Welche gesellschaftlichen Gruppen oder Themen wird aber künftig nun Malu Dreyer in den Fokus rücken? Die designierte rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin zögert nicht mit der Antwort:

    "Natürlich, wir müssen den demografischen Wandel bestehen, gar keine Frage. Das heißt viele ältere und viele behinderte Menschen, die wir auch unterstützen werden in Zukunft und auch unterstützen wollen. Da setzen wir auf ambulante statt stationäre Strukturen. Das wird Geld kosten, das wird Land, Bund und Kommune Geld kosten, auch in Zukunft. Da bin ich froh, dass im Fiskalpakt vereinbart worden ist, dass der Bund sich auch beteiligen soll im Rahmen eines Teilhabegesetzes. Dafür werde ich mich sehr stark machen, denn diese Herausforderung wird uns alle überfordern ansonsten."

    Dass sich Kurt Beck künftig nicht mehr überfordern will, sondern sich für ausgedehnte Spaziergänge einen Hund zulegen wird, wie er schon öffentlich angekündigt hat – das freut seinen alten Basisgenossen Klaus Stalter:

    "Wir haben vielleicht mehr Zeit, miteinander irgendwo hinzugehen und zu laufen und uns was zu erzählen und uns auszutauschen. Ich denke, das ist sicherlich der Fall und darauf freue ich mich auch sehr."