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Abschied von UMTS

Heftiger Richtungsstreit bestimmte bislang die Diskussion in der US-amerikanischen Cellular Telecommunications and Internet Association. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob nach Japan und Europa auch die USA auf UMTS-Mobiltelefonie wechseln sollen. Jetzt fiel eine Vorentscheidung zugunsten des bestehenden GSM-Netzes. Möglich macht dies eine Entwicklung aus Deutschland, die die Übertragungskapazität drastisch erhöht und nahe an UMTS heran schiebt.

    Während in Deutschland UMTS inzwischen von Verbrauchern genutzt werden kann, stritten Experten in den USA bislang noch darum, ob das bestehende GSM-Netz ausgebaut und verbessert oder ebenfalls der Umstieg auf das so genannte Universal Mobile Telecommunications System betrieben werden soll. Jetzt scheint eine Weg weisende Vorentscheidung innerhalb der Cellular Telecommunications and Internet Association gefallen zu sein. Demnach sprechen sich die darin vertretenen Unternehmen stark zugunsten der etablierten GSM-Technologie aus. Erleichtert dürfte diese Positionierung eine technische Fortentwicklung aus Deutschland haben. Denn ein neuer Algorithmus sprengt den Flaschenhals der Übertragungskapazität bei GSM und verschafft den Anbietern mehr Luft bei der Distribution von Informationsdiensten, erläutert Professor Johannes Huber vom Lehrstuhl für Informationsübertragung der Universität Erlangen: "Interferenz heißt, wenn das Nutzsignal für einen anderen Teilnehmer im Mobilkommunikationsnetz zur Störung wird. Sendefrequenzen sind nur begrenz vorhanden und die Betreiber müssen gleiche Frequenzen in unterschiedlichen Zellen des Netzes wiederverwenden. Und wenn zwei Zellen mit gleicher Frequenz zu nahe aneinander liegen, dann ist die Dämpfung des Signals zu schwach und es stört dann das Nutzsignal des einen Anbieters das des anderen."

    Um das eigene Nutzsignal dennoch verwerten zu können, entwickelten Wissenschaftler einen Filter, der das Störsignal unterdrückt. Damit wird ermöglicht, gleiche Frequenzen auch in angrenzenden Sendezellen zu verwenden. Die größere Übertragungsleistung, die das GSM-Netz dadurch erhält, reicht indes nahe an die bislang überlegene Kapazität von UMTS heran. Dass dies keine reine Theorie ist, belegen erste Messergebnisse aus Nordamerika. So konnte die Netzkapazität in den dortigen modernen, synchronisierten GSM-Netzen durch das Interferenzunterdrückungsverfahren glatt verdoppelt werden. Für die europäischen Netze wird die Leistungssteigerung indes nur bei ungefähr 20 Prozent liegen. Andererseits dürften Netzbetreiber aber auch diese Verbesserung begrüßen, angesichts der Tatsache, dass das breitbandigere UMTS auf absehbare Zeit nur in Ballungsräumen zur Verfügung stehen und daher GSM auch weiterhin das Rückgrat der mobilen Telekommunikation stellen wird. Die technische Umsetzung der Innovation im bestehenden Netz besticht überdies durch einen geringen Aufwand: dazu müssen lediglich einige neue Zeilen Programmkode in die Software von Sendestationen und Endgeräten eingefügt werden. Dann beherrscht die gesamte Mobilfunk-Infrastruktur den Trick der Nutzsignalfilterung und ermöglicht Kommunikation auch dort noch, wo dies bislang unmöglich war. "Wir rechnen die Überlagerungen der Frequenzen heraus. Der Empfänger besitzt dazu zwei Stufen. Die erste davon trennt Nutzsignal von Störsignal anhand ihrer Charakteristika. In der zweiten Stufe geschieht dann die Filterung der Störung und es verbleibt ein verzerrtes Nutzsignal. Dieses wird anschließend weiter behandelt, um die Daten zu extrahieren", erklärt Wolfgang Gerstacker, ebenfalls an der Entwicklung beteiligt. Bei dieser herkömmlichen Entzerrung können die Ingenieure sogar auf bereits eingesetzte Verfahren und bereits implementierte Software zurückgreifen. Damit müssen die Netzbetreiber nur noch den neuen Algorithmus lizenzieren und einsetzen, um in den Genuss der Optimierung zu gelangen.

    [Quelle: Peter Welchering]