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Absolut vernünftige Abweichungen vom ausgetretenen Pfad

Physik. – Richard P. Feynman war ein amerikanischer Physiker und Nobelpreisträger, beteiligt an der Entwicklung der Atombombe, vom schwedischen Nobel-Komitee allerdings für seine Arbeiten in der Quantenelektrodynamik ausgezeichnet. Und er war offenbar auch ein ungemein anregender und unterhaltsamer Zeitgenosse. Das zeigen die Briefe, die seine Tochter Michelle Feynman herausgab und die jetzt auch auf Deutsch zu lesen sind. Eine absolut empfehlenswerte Lektüre.

Von Dagmar Röhrlich | 24.06.2007
    Wenn es einen berühmten Wissenschaftler gibt, mit dem man gerne einen Abend in einem Restaurant verbracht hätte, dann ist es Richard P. Feynman. Der amerikanische Physiker, der 1965 den Nobelpreis für seine Arbeiten in der Quantenelektrodynamik erhalten hat, muss ein mitreißender Mensch gewesen sein, sympathisch, intelligent, liebenswürdig. Und vor allem mit viel Sinn für Ironie und für Schwarzen Humor, was besonders in seinen Büchern wie der Geschichtensammlung "Sie belieben zu scherzen, Mr. Feynman" aufblitzt. Jetzt hat seine Tochter Michelle Feynman seine Briefe herausgegeben – und sie zu lesen ist ein Genuss. Diese Briefe erlauben einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit eines ungewöhnlichen Mannes, auf dessen Leben die Weltgeschichte immer wieder ein Schlaglicht warf.

    Es gibt sehr Privates zu lesen, wie die Liebesbriefe an seine erste Frau Arline. Sie starb früh an TB. Als sie den Kampf gegen ihre Krankheit verloren geben mussten, stand der Physiker Feynman in Los Alamos vor einem ersten Höhepunkt seiner Karriere: der Zündung der ersten Atombombe. Diese Explosion beschreibt er in einem Brief an seine Mutter: mit einem gewissen Schalk, denn da geht es unter anderem um einen Kollegen, der vor lauter Aufregung in der Wildnis ein stilles Örtchen finden musste.

    Da sind Briefe von und an Fachkollegen, Auseinandersetzungen, freundschaftliche Korrespondenzen, es gibt geduldige Antworten an Laien, die ihn mit Fragen bombardierten und gute Ratschläge für besorgte Eltern. Und da ist der aufschlussreiche Brief, den er an seine zweite Frau und seine Tochter schrieb, als er sich zur Aufklärung der Challenger-Katastrophe in Washington aufhielt. Diese Briefe geben Hintergrundinformationen – und sie sind absolut lesenswert. Und danach steht fest: Ein Abendessen mit Mr. Feynman wäre wirklich ein Erlebnis gewesen.

    Richard Feynman: Absolut vernünftige Abweichungen vom ausgetretenen Pfad, Briefe eines Lebens
    ISBN 978-3-492-04744-9
    Piper Verlag, 511 Seiten, 24,90 Euro