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Absurdes von der Energiewende

Die Akzeptanz von Ökostrom könnte bei den Kunden sicherlich gesteigert werden, wenn die Anbieter ihnen garantieren, dass jener Strom aus den Windturbinen kommt, die man hierzulande gerade baut. Doch genau das, also eine werbewirksame Deklaration á la "Ökostrom aus deutschen Landen" – das darf nicht sein.

Von Dieter Nürnberger | 28.06.2011
    Rund 700 Seiten Gesetzestext gilt es noch bis Donnerstag zu beraten, wenn es um die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Bundestag geht. Und der Großteil der Diskussionen dreht sich derzeit um die inhaltliche Ausrichtung und um die beabsichtigten Fördersätze der einzelnen Energieträger. Ein wichtiges Ziel der Reform ist es, künftig auch eine stärkere Marktintegration der erneuerbaren Energien zu gewährleisten. In diesen Tagen schlagen jedoch die Anbieter von grünem Strom Alarm. Im Reformentwurf seien Passagen enthalten, die die Vermarktung künftig erschweren. Die Details sind komplex und kompliziert – doch auch der Dachverband, der Bundesverband Erneuere Energien, sieht diese Probleme. Björn Klusmann, der Geschäftsführer des BEE.

    "Früher war es so: Wer mehr als 50 Prozent aus heimischen EEG-Anlagen vermarktet hat, der brauchte seinen Kunden die Umlage von 3,5 Cent pro Kilowattstunde nicht mehr in Rechnung stellen. Und das wird in Zukunft anders: Das sogenannte Marktprämienmodell ist ein eingeleiteter Systemwechsel. Sie verkaufen als Anlagenbetreiber ihren Strom aus erneuerbaren Energien an der Strombörse. Und bekommen dann die Differenz zwischen dem Börsenpreis und der alten EEG-Vergütung sozusagen ausbezahlt. Der Strom, der dann sozusagen hinten rauskommt, hat allerdings keine grüne Eigenschaft. An der Börse gibt es letztendlich nur sogenannten Graustrom."

    Einer der größten Anbieter von sauberem, grünem Strom auf dem heimischen Markt ist derzeit das Unternehmen "Lichtblick" mit Sitz in Hamburg. Mittlerweile habe man - nach Eigenangaben - knapp 600.000 Kunden, die nicht zuletzt auch deswegen zu "Lichtblick" gewechselt seien, weil hier Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien angeboten werde, so Unternehmenssprecher Ralph Kampwirt. Die von der Politik angestrebte Marktprämie innerhalb des Reformgesetzes sei allein unter Vermarktungsaspekten kontraproduktiv.

    "Das ist wirtschaftlich durchaus attraktiv. Aber man darf Ökostrom eben nicht mehr als Ökostrom anbieten. Man muss ihn als allgemeinen deutschen Strommix ausweisen. Man muss so tun, als hätte man den deutschen Durchschnittsstrom gekauft."

    Künftig also Graustrom über die Strombörse gehandelt - statt ausgewiesenem Grünstrom. Zumindest, wenn es um Energie geht, die hierzulande produziert worden ist. "Lichtblick" und andere grüne Stromanbieter fürchten nun um die eigene Akzeptanz bei der Bevölkerung. Für "Lichtblick" enttäuschend, da die so oft propagierte Energiewende nun endlich das Geschäft mit grünem Strom aus Deutschland eigentlich anstoßen sollte.

    "Es läuft darauf hinaus, dass Ökostromkunden weiterhin Ökostrom aus dem Ausland beziehen müssen, weil es eben keine Möglichkeit gibt, den deutschen Ökostrom direkt an die Kunden zu vermarkten."

    Das Hamburger Unternehmen wird aber als grüner Stromanbieter auf jeden Fall weitermachen, sagt Ralph Kampwirth.

    "'Lichtblick' hat klare Wachstumsziele – heutzutage versorgen wir insgesamt rund 600.000 Kunden mit sauberer Energie und wir wollen in Zukunft rund zwei Millionen Kunden versorgen. Wir sind uns sicher, dass wir das auch erreichen. Uns wäre es aber lieber, wenn wir im Bereich Ökostrom künftig eine Möglichkeit hätten, mehr deutschen Ökostrom zu vermarkten. Somit nicht so stark auf Ökostrom aus dem Ausland zugreifen müssten."

    Die grünen Stromanbieter rechnen nicht mehr damit, dass sich beim Passus der Vermarktung innerhalb des Reformpaketes noch etwas ändern wird. "Lichtblick" hofft aber, dass mittelfristig, sprich bei anstehenden Überprüfungen des künftigen Gesetzes, noch einmal darüber nachgedacht werde.