Ich fürchte, dass in Belgien leider noch mehr als 70 Prozent der Gewässer verschmutzt sind. Wenn man vom biologischen Aspekt eines Flusses ausgeht, denkt man oft an die chemische Zusammensetzung des Wassers. Doch daneben gibt es auch die Fauna und Flora des Flusses, die entscheidend dafür sind, ob der Fluss biologisch gesund ist. Und dann ist da noch der morphologische Aspekt. Zum Beispiel sind in Österreich und der Schweiz viele Gewässer an sich gesund. Doch oft ist das Flussbett zubetoniert. Dann ist kein Leben möglich und der Fluss kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen.
Doch nicht nur die Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen sind betroffen. Auch das Grundwasser wird durch mangelnde Klärvorrichtungen von Pestiziden und Stickstoffen mehr und mehr verunreinigt.
Und am Ende der langen Kette ist auch der Mensch bedroht. Im Juli 2001 stellte die Europäische Union Belgien wegen nitratbelasteter Gewässer gar vor Gericht. Auch die nötigen Abwasser-Reinigungs-Programme seien nicht umgesetzt worden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.
Mittlerweile erklärte die EU ganz Belgien zu einer sensiblen Wasserschutzzone. Eine zwingende Maßnahme als Lichtblick. Denn ab sofort gelten strengere Richtlinien und Kontrollen.
Einen Schritt in die richtige Richtung machte Flandern allerdings schon Anfang der 90er Jahre. Mit der Gründung der Wasseraufbereitungsstelle "Aquafin" wurden Maßnahmen ergriffen, um das durch die Landwirtschaft stark verschmutzte Wasser zu klären. Nach Angaben von "Aquafin" filtert Flandern jetzt immerhin 57 Prozent aller Abwässer.
Somit hat Flandern in Punkto Abwasserklärung einen deutlichen Vorsprung gegenüber der Wallonie. Im französischsprachigen Teil des Landes werden nur rund 33 Prozent aller Abwässer geklärt. Jean-Francois Breuer, Vorsitzender der Öffentlichen Gesellschaft für Wasserbewirtschaftung in der Wallonie, "SPGE":
Das kommt daher, dass die Wallonie bislang viele kleine Kläranlagen gebaut hat. Das war gegen die europäische Vorschrift, zuerst die großen Städte, mit großen Anlagen auszurüsten. Noch ein Grund für unsere Verspätung ist eine wenig effiziente Finanzierung. Vor drei Jahren noch, war eine gesonderte Behörde für die Kläranlagen verantwortlich. Doch die Behördenwege sind sehr lang und zeitaufwendig. Dann endlich hat die Wallonische Regierung realisiert, dass sie eine vom Staat unabhängige Struktur braucht. So wurde die Gesellschaft SPGE, gegründet. Nun sind wir flexibel und können schneller agieren.
Erst seit einem Jahr ist die wallonische Gesellschaft für Wasserbewirtschaftung aktiv. Rund 175 Millionen Euro wurden seitdem in den Bau von Kläranlagen und Kanalisationen investiert. Ein Quantensprung für die Region, die die Ausgaben im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdreifachte. Jean-François Breuer:
Wir holen die Verspätung auf. Man sollte die Dinge immer positiv sehen. Denn dank der Verspätung können wir von den Fehlern der anderen lernen!
Bis spätestens 2005 müssen europaweit alle Siedlungsgebiete mit mehr als 2.000 Einwohnern mit Kläranlagen ausgerüstet sein. Ein Mammutprojekt das alleine in Belgien mehr als eine Milliarde Euro kosten wird.
Doch das Geld ist nur ein Problem. Ein anderes ist die Technik der Kläranlagen. Nach europäischen Richtlinien müssen bis 2009, alle Regionen mit mehr als 10.000 Einwohnern Kläranlagen mit einer 3. Klärstufe, einer so genannten "tertiären Station" besitzen. In dieser Phase der Wasserbehandlung werden durch Mikroben auch Substanzen wie Stickstoff und Phosphor herausgefiltert. Eine Technologie, die in vielen EU Ländern bislang selten zum Einsatz kommt. Jean-François Breuer:
Zur Zeit gibt es sehr wenige tertiäre Stationen. Alle Neubauten entsprechen allerdings den europäischen Anforderungen. Und jene Kläranlagen, die jetzt noch nicht tertiär sind, müssen wir eben modernisieren.
Doch so einfach ist das nicht. Denn oft verhindert schon ein veraltetes Kanalsystem, dass moderne Anlagen effektiv arbeiten können. Zum Beispiel dann, wenn Regengüsse die Abwässer zu stark verdünnen.
Wenn die Abwässer zu verdünnt worden sind, klären die Anlagen nicht mehr gut. Der mikrobiologische Prozess wird praktisch ausgeschaltet, weil die Mikroben nicht mehr genügend Nahrung, bzw. Schmutz zum Vertilgen bekommen.
Einzige Lösung für dieses Problem wären getrennte Kanäle. Ein Rohr nur für das verschmutzte Abwasser eins für sauberes Regenwasser. Während das Abwasser direkt in die Kläranlage gelangt, fließt das saubere Regenwasser ohne Umleitung in den Fluss. Jean-François Breuer.
Somit ist es unmöglich. Wir können ja nicht ganz Belgien aufreißen und überall eine zweite Kanalisation einführen. Nur da, wo wir sowieso neue Kanalisationen verlegen, bauen wir dann zwei Rohre ein. Dort wo es aus Platzgründen nicht möglich ist, das saubere Wasser innerhalb der Kläranlage herauszufiltern, wie zum Beispiel in Städten, verwenden wir dann eine sehr konzentrierte Klärtechnik: das heißt die Abwässer müssen so schmutzig wie möglich sein, um effizient gefiltert zu werden.
Doch auch wenn das Wasser endlich sauber ist – bleiben Probleme. Unklar ist noch immer, was mit den gefährlichen Klärschlämmen geschieht. Während in Deutschland der Umgang damit durch Verordnungen und Grenzwerte geregelt ist, wird in Belgien erst darüber diskutiert.
In der Regel landen diese Schlämme als Dünger in der Landwirtschaft. Doch das können wir uns bald nicht mehr erlauben, da die Konzentration an Kohlenwasserstoff und Schwermetallen dort sehr hoch ist. So debattieren wir zur Zeit im Wallonischen Parlament was wir mit den Schlämmen tun können.
Sauberes Wasser stellt somit eines der größten umwelttechnischen Probleme. Bis spätestens 2009 wird Belgien den umfassenden EU-Anforderungen für sauberes Wasser kaum gerecht werden können. Doch das Bewusstsein, so schnell wie möglich für klares Wasser zu sorgen, ist gegeben. Erst Mitte März 2003 eröffnete Belgiens Umweltminister Michel Forest eine der wenigen Kläranlagen des Landes bei Charleroi: es ist die größte Kläranlage Europas!
Related Links:
Compagnie Intercommunale Bruxelloise des Eaux
Société Publique de Gestion de l´Eau / Öffentliche Gesellschaft für Wasserbewirtschaftung
Flämische Wasseraufbereitungs-Gesellschaft
In der Rubrik "Umwelt" mit zahlreichen Artikeln und Untersuchungen zum Thema Wasser
Wasser und Gewässerindex des WWF: Bewertung von 16 europäischen Ländern
Homepage der belgischen WWF-Sektion
Doch nicht nur die Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen sind betroffen. Auch das Grundwasser wird durch mangelnde Klärvorrichtungen von Pestiziden und Stickstoffen mehr und mehr verunreinigt.
Und am Ende der langen Kette ist auch der Mensch bedroht. Im Juli 2001 stellte die Europäische Union Belgien wegen nitratbelasteter Gewässer gar vor Gericht. Auch die nötigen Abwasser-Reinigungs-Programme seien nicht umgesetzt worden. Bis heute hat sich daran nichts geändert.
Mittlerweile erklärte die EU ganz Belgien zu einer sensiblen Wasserschutzzone. Eine zwingende Maßnahme als Lichtblick. Denn ab sofort gelten strengere Richtlinien und Kontrollen.
Einen Schritt in die richtige Richtung machte Flandern allerdings schon Anfang der 90er Jahre. Mit der Gründung der Wasseraufbereitungsstelle "Aquafin" wurden Maßnahmen ergriffen, um das durch die Landwirtschaft stark verschmutzte Wasser zu klären. Nach Angaben von "Aquafin" filtert Flandern jetzt immerhin 57 Prozent aller Abwässer.
Somit hat Flandern in Punkto Abwasserklärung einen deutlichen Vorsprung gegenüber der Wallonie. Im französischsprachigen Teil des Landes werden nur rund 33 Prozent aller Abwässer geklärt. Jean-Francois Breuer, Vorsitzender der Öffentlichen Gesellschaft für Wasserbewirtschaftung in der Wallonie, "SPGE":
Das kommt daher, dass die Wallonie bislang viele kleine Kläranlagen gebaut hat. Das war gegen die europäische Vorschrift, zuerst die großen Städte, mit großen Anlagen auszurüsten. Noch ein Grund für unsere Verspätung ist eine wenig effiziente Finanzierung. Vor drei Jahren noch, war eine gesonderte Behörde für die Kläranlagen verantwortlich. Doch die Behördenwege sind sehr lang und zeitaufwendig. Dann endlich hat die Wallonische Regierung realisiert, dass sie eine vom Staat unabhängige Struktur braucht. So wurde die Gesellschaft SPGE, gegründet. Nun sind wir flexibel und können schneller agieren.
Erst seit einem Jahr ist die wallonische Gesellschaft für Wasserbewirtschaftung aktiv. Rund 175 Millionen Euro wurden seitdem in den Bau von Kläranlagen und Kanalisationen investiert. Ein Quantensprung für die Region, die die Ausgaben im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdreifachte. Jean-François Breuer:
Wir holen die Verspätung auf. Man sollte die Dinge immer positiv sehen. Denn dank der Verspätung können wir von den Fehlern der anderen lernen!
Bis spätestens 2005 müssen europaweit alle Siedlungsgebiete mit mehr als 2.000 Einwohnern mit Kläranlagen ausgerüstet sein. Ein Mammutprojekt das alleine in Belgien mehr als eine Milliarde Euro kosten wird.
Doch das Geld ist nur ein Problem. Ein anderes ist die Technik der Kläranlagen. Nach europäischen Richtlinien müssen bis 2009, alle Regionen mit mehr als 10.000 Einwohnern Kläranlagen mit einer 3. Klärstufe, einer so genannten "tertiären Station" besitzen. In dieser Phase der Wasserbehandlung werden durch Mikroben auch Substanzen wie Stickstoff und Phosphor herausgefiltert. Eine Technologie, die in vielen EU Ländern bislang selten zum Einsatz kommt. Jean-François Breuer:
Zur Zeit gibt es sehr wenige tertiäre Stationen. Alle Neubauten entsprechen allerdings den europäischen Anforderungen. Und jene Kläranlagen, die jetzt noch nicht tertiär sind, müssen wir eben modernisieren.
Doch so einfach ist das nicht. Denn oft verhindert schon ein veraltetes Kanalsystem, dass moderne Anlagen effektiv arbeiten können. Zum Beispiel dann, wenn Regengüsse die Abwässer zu stark verdünnen.
Wenn die Abwässer zu verdünnt worden sind, klären die Anlagen nicht mehr gut. Der mikrobiologische Prozess wird praktisch ausgeschaltet, weil die Mikroben nicht mehr genügend Nahrung, bzw. Schmutz zum Vertilgen bekommen.
Einzige Lösung für dieses Problem wären getrennte Kanäle. Ein Rohr nur für das verschmutzte Abwasser eins für sauberes Regenwasser. Während das Abwasser direkt in die Kläranlage gelangt, fließt das saubere Regenwasser ohne Umleitung in den Fluss. Jean-François Breuer.
Somit ist es unmöglich. Wir können ja nicht ganz Belgien aufreißen und überall eine zweite Kanalisation einführen. Nur da, wo wir sowieso neue Kanalisationen verlegen, bauen wir dann zwei Rohre ein. Dort wo es aus Platzgründen nicht möglich ist, das saubere Wasser innerhalb der Kläranlage herauszufiltern, wie zum Beispiel in Städten, verwenden wir dann eine sehr konzentrierte Klärtechnik: das heißt die Abwässer müssen so schmutzig wie möglich sein, um effizient gefiltert zu werden.
Doch auch wenn das Wasser endlich sauber ist – bleiben Probleme. Unklar ist noch immer, was mit den gefährlichen Klärschlämmen geschieht. Während in Deutschland der Umgang damit durch Verordnungen und Grenzwerte geregelt ist, wird in Belgien erst darüber diskutiert.
In der Regel landen diese Schlämme als Dünger in der Landwirtschaft. Doch das können wir uns bald nicht mehr erlauben, da die Konzentration an Kohlenwasserstoff und Schwermetallen dort sehr hoch ist. So debattieren wir zur Zeit im Wallonischen Parlament was wir mit den Schlämmen tun können.
Sauberes Wasser stellt somit eines der größten umwelttechnischen Probleme. Bis spätestens 2009 wird Belgien den umfassenden EU-Anforderungen für sauberes Wasser kaum gerecht werden können. Doch das Bewusstsein, so schnell wie möglich für klares Wasser zu sorgen, ist gegeben. Erst Mitte März 2003 eröffnete Belgiens Umweltminister Michel Forest eine der wenigen Kläranlagen des Landes bei Charleroi: es ist die größte Kläranlage Europas!
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