Michael Köhler: Das Historische Museum Frankfurt, es gilt als ältestes städtisches Museum Deutschlands. Vier Jahre lang wurde dort saniert und eine Ensemble historischer Bauten wieder in Stand gesetzt, das an die Geschichte der Main-Stadt erinnert. Seit heute ist es für Besucher buchstäblich wieder begehbar. Das längst schon berühmte Museum Mainufer ist nun also um eine Attraktion reicher. - Den Direktor Jan Gerchow habe ich gefragt, was gab es denn neben dem bestehenden Betonbau so an historischen Bauten, die jetzt wieder zugänglich sind?
Jan Gerchow: Neben dem Betonbau gab es am Mainufer die historischen Bauten: den Saalhof, ein Ensemble aus acht Jahrhunderten, fünf Gebäude. Die haben wir grundlegend saniert. Die sind dann im Krieg so zugerichtet und in der Nachkriegszeit noch weiter zugerichtet worden, dass sie eigentlich in dieser besonderen Qualität, acht Jahrhunderte zu repräsentieren, nicht mehr erkennbar waren. Und das haben wir versucht, so gut es ging herauszuarbeiten und auch Ausstellungen da reinzusetzen, die das interpretieren.
Köhler: Sie haben es erwähnt: Im Saalhof aus der Staufer-Zeit wohnten naturgemäß die stauferschen Könige, wenn sie nach Frankfurt kamen. Warum ist diese Zeit so wichtig für Frankfurt?
Gerchow: Eigentlich ist diese Zeit für jede mitteleuropäische Stadt wichtig, weil sie die Zeit der Entstehung unserer Städte ist. Auch Köln ist sozusagen im Mittelalter wiedergegründet worden als Bürgergemeinde, und das geschah in aller Regel im 12. und 13. Jahrhundert, also in der Staufer-Zeit. Und Frankfurt ist in besonderer Weise eine staufersche Stadt, weil die Könige dort saßen. Die hatten eben einen Hof, diesen Saalhof, und sie haben dort eine eigene Burg sozusagen sich gebaut und haben in besonderer Weise die Entstehung dieser Bürgergemeinde auch gefördert – nicht nur, indem sie ihnen erlaubt haben, eine Mauer zu bauen, das ist auch andernorts der Fall, und einen Rat zu bilden, also eine Selbstverwaltung, sondern sie haben auch das Messeprivileg erhalten, 1240 das große Messeprivileg für die Herbstmesse, und das ist ja bis heute, wenn man so will, die wirtschaftliche Grundlage dieser Stadt.
Köhler: Sie haben historische Gebäude wieder zugänglich gemacht. Über den Saalhof haben wir gerade gesprochen, ein Wohngebäude mit neoromanischer Fassade ist auch dabei, der Burnitz-Bau. Sie haben gewissermaßen buchstäblich Schichten freigelegt. Die Finanz- und Mainmetropole kann jetzt quasi sehen, wo sie herkommt. Unter anderem auch im Rententurm?
Gerchow: Ja. Der Rententurm ist auch so ein besonderer Ort, der dazu gehört, einer der wenigen erhaltenen Türme der Stadtbefestigung des Spätmittelalters, 1454 bis -56 errichtet, und zwar am wichtigsten Tor der Stadt, was man heute gar nicht mehr so versteht, weil da geht es eigentlich nur zum Eisernen Steg, aber früher war da mal der Hafen gewesen, der alte Hafen, und an diesem Hafen sind alle Waren gestapelt und verladen worden, die über die Messen in die Stadt kamen, aber auch alle wichtigen Personen sind sozusagen in erster Linie mit dem Schiff hier angekommen, und die Zollstelle und das Tor, um das zu kontrollieren, das ist eben dieses Fahrtor gewesen und der Rententurm bewachte das, und Rente heißt ja eigentlich Zoll, Steuern. Dieses Tor ist die wichtigste Einnahmequelle für die Stadt gewesen und deshalb saßen in diesem Turm im ersten Stock die Kistenherren. Also das Rentamt ist so was wie eine Kämmerei der Stadt des Spätmittelalters gewesen.
Gerade wenn Sie dieses Modell über die staufersche Stadt ansprechen, da geht es in der Tat um die Altstadt. Die Altstadt ist eine Wunde der Frankfurter, weil sie 1944 zerstört wurde, als Fachwerkstadt auch praktisch komplett abgebrannt ist, und es gibt ja seit den 80er-Jahren intensive Bemühungen, immer wieder Teile davon zurückzugewinnen, und das Museum steht sozusagen mitten da drin in diesem Feld, hat aber durchaus eine eigene Position, und die zeigt sich an dem Saalhof eigentlich auch sehr schön, indem wir dort eine Substanz haben. Anders als in diesem Dom-Römer-Bereich, wo ja praktisch alles auf einer Tiefgarage, wenn man so will, wieder aufgebaut werden soll, haben wir Substanz. Wir haben Mauern, die aufrecht stehen, und wir haben die aber bearbeitet mit einer sehr modernen Haltung. Wir haben Dinge hinzugefügt, das zeigen wir auch - die Dinge, die hinzugefügt werden, unterscheiden sich deutlich von den Dingen, die wir freigelegt haben -, so dass man hier, glaube ich, sehr schön sehen kann, wie man mit historischen Denkmälern umgehen kann, ohne sich sozusagen komplett in eine vermeintliche Vergangenheit zurückzuversetzen.
Köhler: Die historischen Bauten am Mainufer sind wieder zugänglich damit?
Gerchow: Genau, die sind wieder zugänglich. Die waren bis 2008 natürlich Museumsbau, aber sie sind nur sehr teilweise zugänglich gewesen. Gerade der Rententurm zum Beispiel ist noch nie zugänglich gewesen, ein Stockwerk davon ab und zu vom Kindermuseum genutzt worden, aber da waren die Fenster zu und man sah nicht raus. Jetzt ist der ganze Turm zugänglich, und zwar über ein Wendeltreppenhaus der Erbauungszeit, also aus dem 15. Jahrhundert.
Köhler: Das sagt Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums Frankfurt, zur Wiedereröffnung nach mehrjähriger Sanierung.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Jan Gerchow: Neben dem Betonbau gab es am Mainufer die historischen Bauten: den Saalhof, ein Ensemble aus acht Jahrhunderten, fünf Gebäude. Die haben wir grundlegend saniert. Die sind dann im Krieg so zugerichtet und in der Nachkriegszeit noch weiter zugerichtet worden, dass sie eigentlich in dieser besonderen Qualität, acht Jahrhunderte zu repräsentieren, nicht mehr erkennbar waren. Und das haben wir versucht, so gut es ging herauszuarbeiten und auch Ausstellungen da reinzusetzen, die das interpretieren.
Köhler: Sie haben es erwähnt: Im Saalhof aus der Staufer-Zeit wohnten naturgemäß die stauferschen Könige, wenn sie nach Frankfurt kamen. Warum ist diese Zeit so wichtig für Frankfurt?
Gerchow: Eigentlich ist diese Zeit für jede mitteleuropäische Stadt wichtig, weil sie die Zeit der Entstehung unserer Städte ist. Auch Köln ist sozusagen im Mittelalter wiedergegründet worden als Bürgergemeinde, und das geschah in aller Regel im 12. und 13. Jahrhundert, also in der Staufer-Zeit. Und Frankfurt ist in besonderer Weise eine staufersche Stadt, weil die Könige dort saßen. Die hatten eben einen Hof, diesen Saalhof, und sie haben dort eine eigene Burg sozusagen sich gebaut und haben in besonderer Weise die Entstehung dieser Bürgergemeinde auch gefördert – nicht nur, indem sie ihnen erlaubt haben, eine Mauer zu bauen, das ist auch andernorts der Fall, und einen Rat zu bilden, also eine Selbstverwaltung, sondern sie haben auch das Messeprivileg erhalten, 1240 das große Messeprivileg für die Herbstmesse, und das ist ja bis heute, wenn man so will, die wirtschaftliche Grundlage dieser Stadt.
Köhler: Sie haben historische Gebäude wieder zugänglich gemacht. Über den Saalhof haben wir gerade gesprochen, ein Wohngebäude mit neoromanischer Fassade ist auch dabei, der Burnitz-Bau. Sie haben gewissermaßen buchstäblich Schichten freigelegt. Die Finanz- und Mainmetropole kann jetzt quasi sehen, wo sie herkommt. Unter anderem auch im Rententurm?
Gerchow: Ja. Der Rententurm ist auch so ein besonderer Ort, der dazu gehört, einer der wenigen erhaltenen Türme der Stadtbefestigung des Spätmittelalters, 1454 bis -56 errichtet, und zwar am wichtigsten Tor der Stadt, was man heute gar nicht mehr so versteht, weil da geht es eigentlich nur zum Eisernen Steg, aber früher war da mal der Hafen gewesen, der alte Hafen, und an diesem Hafen sind alle Waren gestapelt und verladen worden, die über die Messen in die Stadt kamen, aber auch alle wichtigen Personen sind sozusagen in erster Linie mit dem Schiff hier angekommen, und die Zollstelle und das Tor, um das zu kontrollieren, das ist eben dieses Fahrtor gewesen und der Rententurm bewachte das, und Rente heißt ja eigentlich Zoll, Steuern. Dieses Tor ist die wichtigste Einnahmequelle für die Stadt gewesen und deshalb saßen in diesem Turm im ersten Stock die Kistenherren. Also das Rentamt ist so was wie eine Kämmerei der Stadt des Spätmittelalters gewesen.
Gerade wenn Sie dieses Modell über die staufersche Stadt ansprechen, da geht es in der Tat um die Altstadt. Die Altstadt ist eine Wunde der Frankfurter, weil sie 1944 zerstört wurde, als Fachwerkstadt auch praktisch komplett abgebrannt ist, und es gibt ja seit den 80er-Jahren intensive Bemühungen, immer wieder Teile davon zurückzugewinnen, und das Museum steht sozusagen mitten da drin in diesem Feld, hat aber durchaus eine eigene Position, und die zeigt sich an dem Saalhof eigentlich auch sehr schön, indem wir dort eine Substanz haben. Anders als in diesem Dom-Römer-Bereich, wo ja praktisch alles auf einer Tiefgarage, wenn man so will, wieder aufgebaut werden soll, haben wir Substanz. Wir haben Mauern, die aufrecht stehen, und wir haben die aber bearbeitet mit einer sehr modernen Haltung. Wir haben Dinge hinzugefügt, das zeigen wir auch - die Dinge, die hinzugefügt werden, unterscheiden sich deutlich von den Dingen, die wir freigelegt haben -, so dass man hier, glaube ich, sehr schön sehen kann, wie man mit historischen Denkmälern umgehen kann, ohne sich sozusagen komplett in eine vermeintliche Vergangenheit zurückzuversetzen.
Köhler: Die historischen Bauten am Mainufer sind wieder zugänglich damit?
Gerchow: Genau, die sind wieder zugänglich. Die waren bis 2008 natürlich Museumsbau, aber sie sind nur sehr teilweise zugänglich gewesen. Gerade der Rententurm zum Beispiel ist noch nie zugänglich gewesen, ein Stockwerk davon ab und zu vom Kindermuseum genutzt worden, aber da waren die Fenster zu und man sah nicht raus. Jetzt ist der ganze Turm zugänglich, und zwar über ein Wendeltreppenhaus der Erbauungszeit, also aus dem 15. Jahrhundert.
Köhler: Das sagt Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums Frankfurt, zur Wiedereröffnung nach mehrjähriger Sanierung.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.