Archiv


Achterbahn auf der Abschussrampe

Raumfahrt. - Die Zeit läuft aus für die amerikanischen Raumfähren. 2010 soll Schluss sein. Nach einer mehrjährigen Pause will die US-Raumfahrtbehörde Nasa dann mit ihren neuen Ares-Raketen an den Start gehen. Am Kennedy Space Center haben Ingenieure bereits damit begonnen, eine der beiden Abschussrampen für das neue Raumschiff umzubauen. Auffälligste Neuerung: ein Rettungssystem, das die Astronauten im Falle eines Fehlstarts sekundenschnell aus dem Gefahrenbereich bringen soll.

Von Guido Meyer |
    Aus der TV-Serie " Raumpatrouille Orion":

    "Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen."

    So lange wird es gar nicht mehr dauern, bis erstmals ein richtiges Raumschiff mit dem Namen Orion abheben wird. Nach dem Ende der Space-Shuttle-Ära sollen die Startrampen 39A und B am Kennedy Space Center ein neues Gesicht bekommen. Seit mehr als 25 Jahren starten amerikanische Raumfähren von Floridas Ostküste aus ins All. Doch ihre Zeit ist abgelaufen. Mike Griffin, Chef der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

    " Das Grunddesign des Shuttles ist nicht sicher. Bei einem Fehlstart beispielsweise hat die Mannschaft keine Fluchtmöglichkeit. Außerdem ist der Orbiter schlecht platziert, weil Trümmer vom Außentank auf ihn fallen können. Jeder einzelne Flug bereitet uns Kopfschmerzen. Wir brauchen ein sichereres System. "

    Die neuen Ares-Raketen sollen gleich zweifach sicherer sein. Zum einen werden sie die Orion-Kapseln an ihrer Spitze ins All schießen. Das Raumschiff mit den Astronauten wird also nicht mehr vertikal an der Seite angebracht sein, so wie derzeit die Space Shuttles, die seitlich am großen, braunen Außentank hängen.

    " Ich bezweifle zutiefst, dass die Nasa jemals wieder ein bemanntes Raumschiff konstruieren wird, das die Crew in eine Position bringt, in der irgendetwas auf sie fallen kann. "

    Das Unglück der Raumfähre Columbia im Februar 2003 hatte Schaumstoff ausgelöst, der während des Aufstiegs ins All vom Außentank abgeplatzt war und ein Loch in den linken Shuttle-Flügel geschlagen hatte. 1986 war das Schwesterschiff Challenger 73 Sekunden nach dem Start explodiert. Damals gab es für die Mannschaft keine Fluchtmöglichkeit. Nach wie vor verfügen die Shuttles über keine Rettungsraketen, sollte unmittelbar nach dem Abheben etwas schiefgehen. Paul Hill, Nasa-Flugdirektor:

    " Wenn wir ein Antriebsproblem oder irgendeine andere Fehlfunktion haben, während die beiden Zusatzraketen noch brennen, können wir nichts tun. Wir müssen warten, bis die externen Booster abgesprengt sind, ehe wir den Start abbrechen können. "

    Auch dies soll bei der bemannten Variante der Ares-Raketen anders werden: Sie werden mit einem speziellen Notfallsystem ausgerüstet sein. Kelly Humphries vom Johnson Space Center der Nasa in Houston.

    " Auf der Spitze der Ares I platzieren wir eine weitere, kleine Rakete. Sie kann bei einem Fehlstart die Mannschaftskapsel von der Abschussrampe oder der Startrakete wegschießen, zu jedem beliebigen Zeitpunkt während des Aufstiegs ins All. "

    Und auch die Startplattformen selbst will die Nasa modifizieren und sicherer machen. Eine dieser Umbaumaßnahmen betrifft mögliche Evakuierungsmaßnahmen für die Astronauten. Sollte unmittelbar vor dem Abheben ein gravierender Fehler auftauchen, könnte die Mannschaft ihre Rakete noch auf dem Boden verlassen und sich in Sicherheit bringen.

    " Im Shuttle-Programm benutzen wir derzeit Körbe, die an Seilen befestigt sind. In einem Notfall sollen die Astronauten die Fähre verlassen und in diese Körbe springen, die dann zu Boden gleiten, ähnlich einer Seilbahn. Für unsere neuen Raketen haben wir uns aber für eine andere Option entschieden, die einer Achterbahn ähnelt. "

    Eine Rettung per "Rollercoaster" sieht vor, dass vier bis sechs Astronauten in einen Wagen springen, der auf dem Startturm in derselben Höhe befestigt ist wie die Mannschaftskapsel der Rakete. Das Schienenfahrzeug verfügt über keinen eigenen Antrieb, sondern soll den Gesetzen der Schwerkraft gehorchen: Es wird zunächst mit fast 150 Stundenkilometer gen Boden stürzen, ihn in weniger als fünf Sekunden erreichen, den Schienen dann in einer 90-Grad-Kurve folgen und nach etwa 500 Metern schließlich in einem Bunker zum Stillstand kommen. Der ganze Höllentrip soll keine anderthalb Minuten dauern. In dem Schutzraum könnte die Crew ungefähr eine Stunde ausharren, bis die Luft rein ist, ein Feuer gelöscht oder giftige Dämpfe abgezogen sind. Derzeit ist die Nasa auf der Suche nach einer Firma, die als Auftragnehmer diese Achterbahn auf der Abschussrampe installieren könnte - damit das erste Orion-Raumschiff bald sicher starten möge.

    Aus der TV-Serie " Raumpatrouille Orion":

    "Begleiten wir die Orion und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit."