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Acrylamid in Babynahrung gefunden

Kartoffelchips und Pommes frites als Babynahrung - unvorstellbar. Schließlich weiß jeder, dass Chips und Pommes ungesund sind. Vor allem enthalten sie das krebsverursachende Acrylamid. Selbst Erwachsene sollten davon nicht zuviel bekommen. Und für die lieben Kleinen findet man doch in jedem Supermarkt eine reichhaltige Auswahl an Babynahrung. Doch das ARD-Magazin "plusminus" fand heraus, dass einige Fertigprodukte für Kleinkinder stark mit Acrylamid belastet sind.

von Christian Werner | 10.12.2002
    Plusminus ließ Gemüse- und Kartoffelbrei sowie Babykekse bei dem renommierten Berliner Naturwissenschaftlichen Forschungs- und Umweltlabor, kurz NAFU testen.

    Laborleiter Doktor Reinhardt Lüdersdorf zu den Ergebnissen:

    Bei den Babybreis gab es eine Reihe von Produkten, die sehr sehr niedrig belastet waren. Es gab allerdings auch ein Brei, der 10fach höher Acrylamid aufwies als die anderen. Bei den Keksen gab es ebenfalls große Unterschiede bei den Konzentrationen. Wir hatten ein Produkt darunter, wo die Konzentration doppelt so hoch lag, wie bei üblichen Pommes Frites.

    Babys, die viele von diesen Keksen essen, könnten auch gleich zur Frittentüte greifen. Unter Umständen nehmen sie mit bestimmten Produkten mehr Acrylamid auf als so mancher Erwachsene.

    Säuglinge können bei regelmäßiger Aufnahme dieser Produkte gemäß den Herstellervorgaben, bezogen auf ihr Körpergewicht, bis zu dem Vierfachen der Acrylamidmenge zu sich nehmen, die Erwachsene bei durchschnittlicher normaler Ernährung aufnehmen.

    Acrylamid - im April hatten schwedische Wissenschaftler die Substanz in Lebensmitteln entdeckt. Neben Kartoffelchips und Pommes enthalten unter anderem auch Knäckebrot und Bratkartoffeln die Chemikalie. Acrylamid hat bei Tierversuchen Krebs verursacht. Professor Jürgen Angerer, vom Institut für Arbeits-, Sozial-, und Umweltmedizin der Universität Erlangen geht davon aus, das Acrylamid beim Menschen genauso wirkt:

    Also wir haben mit unseren Untersuchungen, die wir hier in Erlangen durchführen, konnten wir nachweisen, dass Acrylamid in den menschlichen Körper aufgenommen wird. Es bindet dann an die roten Blutkörperchen an und dies nehmen wir als Maß für die krebserzeugende Wirkung, die mit dieser Acrylamidaufnahme verbunden sein wird.

    Laut Professor Angerer ist Acrylamid die am stärksten krebserregende Substanz, die in Lebensmitteln gefunden wird. Und es ist die Substanz, die in den höchsten Konzentrationen auftrete. Damit wird die Gefahr noch verstärkt.

    Nun haben Tests gezeigt, dass auch Babys Acrylamid in gefährlichen Mengen aufnehmen können. Sie sind ebenso betroffen wie Erwachsene. Professor Karl Ernst von Mühlendahl, Sprecher der Umweltkommission der deutschen Kinderärzte, zieht daraus klare Schlussfolgerungen:

    Die Kinder leben, wenn es gut geht ja noch achtzig Jahre. Sie müssen also lange auskommen, mit dem was sie jetzt bekommen. Kinder haben einen sich entwickelnden Organismus, der besonders störanfällig ist. Und wir wissen von Acrylamid, dass es krebserzeugend ist und das es das Erbgut schädigt. Das sind vier Argumente, die ganz klar dafür sprechen: Vermeiden, wo man kann! Es gilt ein Minimierungsgebot. Und wenn es geht, soll man Nahrungsmittel, von denen man weiß, sie enthalten Acrylamid, ersetzen durch Lebensmittel, wo keins drin ist.