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Action mit dem Erzengel Gabriel

Jedes Jahr werden Milliarden für fromme Literatur und Filme ausgegeben. Doch es gibt nicht nur christliche Rockbands und bibeltreue Comics, sondern - vor allem in den USA - auch viele christliche Computerspiele.

Von Christian Schiffer |
    "Godstoria" heißt das kostenlose Browser-Spiel, indem ich als Moses meinen Stamm von Ur über Haran bis nach Kanaan führe, so wie im Buch der Bücher. Also lasse ich Bäume fällen, Lehm abbauen und treibe Steuern ein. Stunden später stehen ein paar Hütten und bald der erste Tempel. So könnte es eigentlich weitergehen, doch plötzlich fällt das Volk vom Glauben ab.

    Schuld daran sind andere Götter, Tausende andere Götter, denen andere Tausende Spieler im Internet dienen, die auch alle Hütten und Tempel bauen, genau wie ich. Um mein Volk zu beeindrucken, versuche ich es auf die sanfte Art: Mit viel Liebe und Zuneigung züchte ich stundenlang drei süße Schafe heran, die ich wenig später in einer spektakulären Zeremonie auf dem Altar opfern lasse. Doch der Glaube kehrt nicht zurück. Also hebe ich Truppen aus, greife die ungläubigen Stämme an und lasse so lange ihre Felder niederbrennen, bis sie an den meinigen, den einzig wahren Gott glauben.

    Interessant: Um meinen Helden Moses stärker und mächtiger zu machen, muss ich möglichst schnell Zitate aus der Bibel abtippen. Dennoch kommen mir Zweifel, ob "Godstoria" die Bibel-Geschichte wirklich akkurat wiedergibt. Außerdem ist das Spiel so abwechslungsreich wie drei Tage Rosenkranzbeten. Ich vergebe deswegen nur zwei von zehn Kreuzen.

    Ich muss nach einem anderen Bibel-Spiel suchen. Die Auswahl ist groß, grob geschätzt hat die Computerspiel-Geschichte mehr als 50 Games hervorgebracht, die sich auf die Heilige Schrift beziehen, etwa "Captain Bible in The Dome" oder "Heavens Quest". Ich wähle einen Klassiker: "Super 3D Arche Noah".

    "Super 3D Arche Noah" ist kein eigenständiges Spiel, sondern eine sogenannte Modifikation, also eine Veränderung eines anderen Spiels. In diesem Fall ist das andere Spiel die Mutter aller Egoshooter und in Deutschland immer noch indiziert, weswegen man den Namen hier nicht nennen darf. So viel kann man aber sagen: Ursprünglich ballerte man sich hier als jüdischer Widerstandskämpfer im Führerbunker durch Nazi-Horden. In "Arche Noah 3d" wurden die Nazis durch Schafe und Ziegen ersetzt, die man als Noah mit einer Steinschleuder betäubt, um sie in die Arche zu schaffen.

    Der Rest wurde nicht verändert, Arche Noah spielt immer noch im Führerbunker, was doch etwas auf den Realismus drückt. Dennoch: Ich vergebe fünf von zehn Kreuzen.

    Als Letztes probiere ich das hochgelobte Spiel "From Dust" aus, das seit einigen Monaten für den PC, die XBox und die Playstation erschienen ist. Hier soll es angeblich ein paar religiöse Anspielungen geben. Ich starte das Spiel:

    Ein alter Schamane spricht zu mir, ich verstehe allerdings kein Wort. Macht nichts, "From Dust" erklärt sich von selbst: Mit einigen Maus-Klicks türme ich Berge auf, zeichne Flüsse in die Landschaft und tupfe Inseln ins Meer. Dann pflanze ich kleine Statuen in die Welt, die bald von winzigen Menschen angebetet werden. So langsam fällt der Groschen: Hier bin ich ja selbst Gott! Und: Es macht verdammt viel Spaß, Gott zu sein. Aber let's face it: "From Dust" ist ein ziemlich heidnisches Computerspiel, eine Art "goldenes Kalb" des Digitalzeitalters. Ich muss daher schweren Herzens 0 von zehn Kreuzen vergeben.

    Ich merke: So etwas wie den Monumentalfilm "Die zehn Gebote" wird auf dem Computer wohl noch etwas auf sich warten lassen.