
Schiffsmotoren sind höllisch laut und vibrieren ordentlich. Das liegt an den gewaltigen Kräften, die wirken, wenn die Antriebsstränge so richtig in Fahrt kommen - nicht nur in Schiffen, auch in Autos oder Werkzeugmaschinen ist das so, erklärt Michael Matthias vom Darmstädter Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemsicherheit LBF.
Dabei werden Schwingungen und Vibrationen gemindert, "indem man Dämpfungselemente einsetzt, die in irgendeiner Art und Weise die Schwingung aufnehmen und in Wärme umsetzen", so Matthias: "Es gibt auch sogenannte Tilger, die man einbaut, das heißt, man fügt der störenden Schwingung ein zweites schwingfähiges System hinzu. Problematisch ist es immer nur dann, wenn die Drehzahl oder die Schwingungsfrequenz sich ändert. Dann sind solche passiven Systeme nicht in der Lage, sich wieder optimal auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Da werden aktive Systeme interessant, die das eben können."
Weniger Vibration, weniger Verschleiß
Michael Matthias steht in den Bremer Messehallen vor dem Modell eines Antriebsstrangs, in den die Fraunhofer-Forscher genau so ein aktives System eingebaut haben. Sensoren in der Abdeckung des Schiffsmotors nehmen die Schwingung auf und übermitteln sie an ein Steuergerät. Das wiederum gibt die Schwingungsfrequenz an einen Wandler weiter - Experten wie Michael Matthias sprechen auch von einem "Aktor".
Dieser Aktor wandelt die empfangenen Signale schließlich in mechanische Energie um und arbeitet so der Vibration aktiv entgegen - und weniger Vibration bedeutet in der Schiffstechnik konkret auch weniger Verschleiß an teuren Motorkomponenten.
Für die Aktorik in der Schwingungsminderung bieten sich verschiedene technische Lösungen an - vielversprechend sind laut Michael Matthias vom Fraunhofer LBF etwa sogenannte elektroaktive Polymere, die Schwingungen entgegen wirken können: "Das sind im Prinzip Kunststoffe, die sich in einem elektrischen Feld ausdehnen und zusammenziehen, und auch so Kräfte und Wege stellen können."
Das Wirkprinzip kannte schon Wilhelm Conrad Röntgen Ende des 19. Jahrhunderts. Röntgen fand heraus, dass Kautschuk sich ausdehnt, wenn man ihn elektrisch auflädt. Genauso arbeiten auch elektroaktive Polymere, werden sie als Aktor eingesetzt. Vom Sensor über ein Steuergerät erhalten sie einen bestimmten elektrischen Impuls genau in der Stärke, um einer Schwingung entgegen zu arbeiten.
Aktoren im Auto
Gute Ergebnisse erzielen Adaptronik-Fachleute auch mit elektromagnetischen Motoren als Wandler, also Aktor - etwa wenn es um Lärmreduzierung im Fahrzeugbau geht. Davon berichtet Hans-Jürgen Karkosch aus der Entwicklungsabteilung von Continental ContiTech auf der Bremer Tagung:
"Es ist ein Linearmotor, den wir hier aufgebaut haben, der ganz einfache Basiskomponenten beinhaltet wie bei anderen Motoren auch. Wir haben Permanent-Magneten in dem System. Wir haben Eisenkreise, wir haben ein Spulensystem.
Und durch Aktivierung des Spulensystems, das heißt, wenn man in das Spulensystem einen Strom einspeist, dann werden dort Magnetfelder generiert, die mit dem Dauermagneten in Wechselwirkung treten, und dann zu einer oszillierenden Anregung des Aktuators führen."
Der Vorteil elektromagnetischer Aktoren: Sie verfügen über ein großes Kraftpotenzial und erzeugen nur wenig unerwünschte Wärme.
Dabei sind die aktiven Schwingungssysteme im Auto Teil der Lager im Motorraum, denn die Schwingungen übertragen sich vor allem über diese Verbindungsstellen zwischen Motor und Karosserie.
Das sei auch schon bei den Straßenkreuzern der 60er-Jahre so gewesen, erklärt Karkosch. Bei alten Autos aber wurden Vibrationen zumindest teilweise von der wesentlich schwereren Karosserie geschluckt. Moderne Fahrzeuge hingegen sollen mittels neuer Antriebstechnik, Hybridmotoren etwa, und Werkstoffe sparsamer und leichter werden, sagt Karkosch:
"Genau das Zusammenwirken beider Aspekte kann dazu führen, dass moderne Fahrzeuge Probleme haben können in puncto Schwingung und Geräusche."
Ein konkretes Beispiel: Auch große Autos fahren heute eher mit vier oder drei Zylindern, um Sprit und Gewicht zu sparen. Weniger Zylinder bedeutet aber auch: Der Motor läuft unruhiger. Aktive Schwingungsreduzierung ist da laut Ingenieur Karkosch der einzige Weg, um den Geräuschpegel im Auto in den Griff zu bekommen. Im Prinzip alle großen Autohersteller planten deshalb für die kommenden Jahre, mit aktiver Schwingungsminderung in die Serienproduktion zu gehen.