Die Kongressteilnehmer trafen sich in einem ehemaligen Kloster aus dem 13. Jahrhundert. Hier, im Stift Börstel, lebten im Laufe der Geschichte viele adelige Damen. Im alten Kornspeicher erläuterte Dr. Heike Düselder von der Universität Osnabrück, das Thema der Tagung "Adel, und Umwelt":
"Es geht einmal darum zu zeigen, warum ist es wichtig, das Verhältnis des Adels zur Natur zu beleuchten. Das ist ein Thema, das in der Adelsforschung bislang weniger berücksichtigt worden ist. Wenn man sich aber ansieht, auch hier in der Umgebung, im Osnabrücker Raum wo es viele Adelsgüter gibt, dass zu jedem Adelsgut ein barocker Garten gehört hat, dass sie sehr intensiv Landschaftspflege betrieben haben, dass sie im 18. Jahrhundert Landschaftsgärten einrichten, also sich jeder Gartenmode auch fügen, sieht man, wie groß die Affinität des Adels zur Natur ist und wie wichtig dieser Aspekt auch ist."
Um 1800 war es hauptsächlich der Adel, der Grundeigentum besaß. Nur er konnte deshalb seine natürliche Umwelt hegen und pflegen. Nur der Adel konnte Landschaften gestalten oder neue Anbaumethoden ausprobieren. Und:
"Er ist derjenige, der Interesse daran hat, nach Möglichkeit so viel wie möglich aus seinem Landbesitz herauszuholen. Der Bauer, dem kein eigenes Land gehört, hat per se erst einmal kein Interesse daran, Erträge zu steigern. Er muss seine Abgaben machen, ganz egal, wie viel er erwirtschaftet. Da tritt der Adel als Unternehmer auf."
Auch deshalb achteten Adelige darauf, dass auf ihrem Grund nicht zu viele Bäume geschlagen, und dass wieder aufgeforstet wurde. Die Wälder sollten erhalten bleiben. Das führte zu Konflikten mit den Bauern, die oft noch Leibeigene waren. Heike Düselder spricht damit ein weiteres Thema der Tagung "Adel und Umwelt" an. Denn der Begriff "Umwelt" beinhaltet z. B. auch die sozialen Beziehungen des Adels zu seinen Untergebenen. Beispiel: Der Adel, die Bauern und der Wald:
"Also wenn der Adel das Privileg hat einen Wald zu besitzen und Holz zu schlagen, und kein Bauer Holz schlagen darf, das ist ihm also verboten, Bäume zu schlagen, dann ist das immer ein Spannungsfeld, da hat es viele Konflikte gegeben. Also die Bauern haben die Bäume geschlagen und wenn sie Pech hatten sind sie erwischt worden, standen vor Gericht ihrem Grundherrn gegenüber."
So eine Verhandlung endete meistens damit, dass der Bauer eine hohe Geldstrafe zahlen musste. Doch einige wenige wehrten sich, sie nahmen das Urteil nicht an, so dass daraufhin die nächsthöhere Justizinstanz eingeschaltet werden musste. Das bedeutet nicht, dass ein Bauer dann vom Reichskammergericht sein Recht bekam. Aber die Tatsache, dass sich in dieser Zeit der Feudalherrschaft überhaupt ein Bauer getraut hat, gegen seinen Herrn aufzubegehren, war ein Zeichen für einen gesellschaftlichen Umbruch:
"Wenn auch Bauern vor Gericht ziehen gegen ihren Grundherrn, dann ist das schon Selbstbewusstsein, was damit zum Ausdruck gebracht wird."
Ein Selbstbewusstsein, das in erster Linie durch die Französische Revolution entstanden war. 1789 hatten sich in Frankreich die Knechte gegen ihre Herren erhoben. Die niedersächsischen Adeligen, denen das neue Selbstbewusstsein ihrer Bauern Furcht einflößte, erlitten einen "Verlust an sozialer Sicherheit", so beschrieb Dr. Gerd van den Heuvel von der Landesbibliothek in Hannover, in seinem Vortrag das, was dem Adel in der Zeit um 1800 widerfuhr:
"Es gab Aufstände gegen Adelige, ermuntert durch die Revolution durch die Versprechen der Revolution. Es gab allgemeine Erörterungen, was man tun könne in Deutschland um ähnliches wie in Frankreich zu verhindern."
Die Adeligen diskutierten, oft in Briefen, darüber, ob man eventuell doch Reformen machen und den bäuerlichen Forderungen nachkommen sollte? Gerd van den Heuvel über die Interessen der Bauern:
" Hier im Osnabrückischen bestand noch eine Form der Leibeigenschaft, das heißt man wollte die "Eigenbehörigkeit" wie es damals hieß, abschaffen. Man wollte bestimmte Feudallasten loswerden, zum Beispiel waren Bauern verpflichtet lange Fuhren zu fahren, die ihre eigenen Fuhrwerke ruinierten. Also wenn der Gutsherr sagte, ich habe da so und soviel Bäume oder was auch immer oder Baumaterial, dann mussten die mit eigenen Wagen und vier Pferden zumeist, dann diese Sachen transportieren. Das waren alte Rechte, die aber vor dem Hintergrund der Revolution zunehmend in Frage gestellt worden sind, weil in Frankreich nun diese Feudallasten abgeschafft bzw. eine Ablösung dann möglich gemacht wurde."
Auch wenn die Bauern aus dem Osnabrücker Land ihre Ziele erst einmal nicht erreichten. Die Botschaft von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit war nun in vielen Köpfen und wirkte weiter. Auch der adeliger Nachwuchs wurde vom neuen Denken infiziert. Zu welchen Konflikten es früher kommen konnte, darüber berichtete Olga Sommerfeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Osnabrück. Sie referierte auf der Tagung "Adel und Umwelt" über eine Vater- und Sohnbeziehung um 1800. Es ging um die Osnabrücker Familie von Finke. Ernst Idel Jobst von Finke war konservativ, sein Sohn Ludwig liberal, das erkannte man schon an ihrer Kleidung: Der Vater trug - ganz höfisch- eine weiße Perücke und einen roten Gehrock. Der Sohn kleidete sich modern. Olga Sommerfeld:
"Der Sohntrug kurze Haare, Kurzhaarfrisur und trug schlichte schwarze Kleidung, wie sie für das Romantikzeitalter um 1800 auch typisch ist."
Ernst Idel Jobst von Finke gefiel es nicht, dass sein Sohn Ludwig wenig Neigung verspürte zu repräsentieren. So weigerte sich der Filius zum Beispiel, zum Erlanger Hof zu gehen.
"Da wollte er nicht hin, weil er sagte, dass er wegen der Universität in Erlangen ist, nicht wegen Vergnügungen."
Während der Sohn gerne Beamter werden wollte, träumte sein Vater davon, die alten feudalen Traditionen fortzusetzen. Spannungen zwischen den Generationen waren ganz typisch in dieser Zeit um 1800, sagt Olga Sommerfeld. Ludwig von Finke, das Kind einer Epoche des Umbruchs, stand zwischen zwei Welten, sagt sie, er hatte Mühe seine Identität zu finden. Ihr Beleg:
"Bei dem Sohn ist ein Widerspruch, dass der sich immer für sehr individuell, sehr liberal gehalten hat, aber im Endeffekt heiratet er zweimal in seinem Leben adelige Frauen und seine Kinder versorgt er auch nach adeligen Handlungsmustern. Das ist ein Widerspruch."
Trotz aller Widersprüchlichkeiten in seinem Wesen und Verhalten, Ludwig von Finke ging seinen Weg. Als Beamter. Er wurde Oberpräsident, Verwalter der preußischen Provinz Westfalen,
"Es geht einmal darum zu zeigen, warum ist es wichtig, das Verhältnis des Adels zur Natur zu beleuchten. Das ist ein Thema, das in der Adelsforschung bislang weniger berücksichtigt worden ist. Wenn man sich aber ansieht, auch hier in der Umgebung, im Osnabrücker Raum wo es viele Adelsgüter gibt, dass zu jedem Adelsgut ein barocker Garten gehört hat, dass sie sehr intensiv Landschaftspflege betrieben haben, dass sie im 18. Jahrhundert Landschaftsgärten einrichten, also sich jeder Gartenmode auch fügen, sieht man, wie groß die Affinität des Adels zur Natur ist und wie wichtig dieser Aspekt auch ist."
Um 1800 war es hauptsächlich der Adel, der Grundeigentum besaß. Nur er konnte deshalb seine natürliche Umwelt hegen und pflegen. Nur der Adel konnte Landschaften gestalten oder neue Anbaumethoden ausprobieren. Und:
"Er ist derjenige, der Interesse daran hat, nach Möglichkeit so viel wie möglich aus seinem Landbesitz herauszuholen. Der Bauer, dem kein eigenes Land gehört, hat per se erst einmal kein Interesse daran, Erträge zu steigern. Er muss seine Abgaben machen, ganz egal, wie viel er erwirtschaftet. Da tritt der Adel als Unternehmer auf."
Auch deshalb achteten Adelige darauf, dass auf ihrem Grund nicht zu viele Bäume geschlagen, und dass wieder aufgeforstet wurde. Die Wälder sollten erhalten bleiben. Das führte zu Konflikten mit den Bauern, die oft noch Leibeigene waren. Heike Düselder spricht damit ein weiteres Thema der Tagung "Adel und Umwelt" an. Denn der Begriff "Umwelt" beinhaltet z. B. auch die sozialen Beziehungen des Adels zu seinen Untergebenen. Beispiel: Der Adel, die Bauern und der Wald:
"Also wenn der Adel das Privileg hat einen Wald zu besitzen und Holz zu schlagen, und kein Bauer Holz schlagen darf, das ist ihm also verboten, Bäume zu schlagen, dann ist das immer ein Spannungsfeld, da hat es viele Konflikte gegeben. Also die Bauern haben die Bäume geschlagen und wenn sie Pech hatten sind sie erwischt worden, standen vor Gericht ihrem Grundherrn gegenüber."
So eine Verhandlung endete meistens damit, dass der Bauer eine hohe Geldstrafe zahlen musste. Doch einige wenige wehrten sich, sie nahmen das Urteil nicht an, so dass daraufhin die nächsthöhere Justizinstanz eingeschaltet werden musste. Das bedeutet nicht, dass ein Bauer dann vom Reichskammergericht sein Recht bekam. Aber die Tatsache, dass sich in dieser Zeit der Feudalherrschaft überhaupt ein Bauer getraut hat, gegen seinen Herrn aufzubegehren, war ein Zeichen für einen gesellschaftlichen Umbruch:
"Wenn auch Bauern vor Gericht ziehen gegen ihren Grundherrn, dann ist das schon Selbstbewusstsein, was damit zum Ausdruck gebracht wird."
Ein Selbstbewusstsein, das in erster Linie durch die Französische Revolution entstanden war. 1789 hatten sich in Frankreich die Knechte gegen ihre Herren erhoben. Die niedersächsischen Adeligen, denen das neue Selbstbewusstsein ihrer Bauern Furcht einflößte, erlitten einen "Verlust an sozialer Sicherheit", so beschrieb Dr. Gerd van den Heuvel von der Landesbibliothek in Hannover, in seinem Vortrag das, was dem Adel in der Zeit um 1800 widerfuhr:
"Es gab Aufstände gegen Adelige, ermuntert durch die Revolution durch die Versprechen der Revolution. Es gab allgemeine Erörterungen, was man tun könne in Deutschland um ähnliches wie in Frankreich zu verhindern."
Die Adeligen diskutierten, oft in Briefen, darüber, ob man eventuell doch Reformen machen und den bäuerlichen Forderungen nachkommen sollte? Gerd van den Heuvel über die Interessen der Bauern:
" Hier im Osnabrückischen bestand noch eine Form der Leibeigenschaft, das heißt man wollte die "Eigenbehörigkeit" wie es damals hieß, abschaffen. Man wollte bestimmte Feudallasten loswerden, zum Beispiel waren Bauern verpflichtet lange Fuhren zu fahren, die ihre eigenen Fuhrwerke ruinierten. Also wenn der Gutsherr sagte, ich habe da so und soviel Bäume oder was auch immer oder Baumaterial, dann mussten die mit eigenen Wagen und vier Pferden zumeist, dann diese Sachen transportieren. Das waren alte Rechte, die aber vor dem Hintergrund der Revolution zunehmend in Frage gestellt worden sind, weil in Frankreich nun diese Feudallasten abgeschafft bzw. eine Ablösung dann möglich gemacht wurde."
Auch wenn die Bauern aus dem Osnabrücker Land ihre Ziele erst einmal nicht erreichten. Die Botschaft von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit war nun in vielen Köpfen und wirkte weiter. Auch der adeliger Nachwuchs wurde vom neuen Denken infiziert. Zu welchen Konflikten es früher kommen konnte, darüber berichtete Olga Sommerfeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Osnabrück. Sie referierte auf der Tagung "Adel und Umwelt" über eine Vater- und Sohnbeziehung um 1800. Es ging um die Osnabrücker Familie von Finke. Ernst Idel Jobst von Finke war konservativ, sein Sohn Ludwig liberal, das erkannte man schon an ihrer Kleidung: Der Vater trug - ganz höfisch- eine weiße Perücke und einen roten Gehrock. Der Sohn kleidete sich modern. Olga Sommerfeld:
"Der Sohntrug kurze Haare, Kurzhaarfrisur und trug schlichte schwarze Kleidung, wie sie für das Romantikzeitalter um 1800 auch typisch ist."
Ernst Idel Jobst von Finke gefiel es nicht, dass sein Sohn Ludwig wenig Neigung verspürte zu repräsentieren. So weigerte sich der Filius zum Beispiel, zum Erlanger Hof zu gehen.
"Da wollte er nicht hin, weil er sagte, dass er wegen der Universität in Erlangen ist, nicht wegen Vergnügungen."
Während der Sohn gerne Beamter werden wollte, träumte sein Vater davon, die alten feudalen Traditionen fortzusetzen. Spannungen zwischen den Generationen waren ganz typisch in dieser Zeit um 1800, sagt Olga Sommerfeld. Ludwig von Finke, das Kind einer Epoche des Umbruchs, stand zwischen zwei Welten, sagt sie, er hatte Mühe seine Identität zu finden. Ihr Beleg:
"Bei dem Sohn ist ein Widerspruch, dass der sich immer für sehr individuell, sehr liberal gehalten hat, aber im Endeffekt heiratet er zweimal in seinem Leben adelige Frauen und seine Kinder versorgt er auch nach adeligen Handlungsmustern. Das ist ein Widerspruch."
Trotz aller Widersprüchlichkeiten in seinem Wesen und Verhalten, Ludwig von Finke ging seinen Weg. Als Beamter. Er wurde Oberpräsident, Verwalter der preußischen Provinz Westfalen,