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Ägypten
Todesurteil gegen Mursi gekippt

Mohammed Mursi war der erste freigewählte Präsident Ägyptens, bevor er vom Militär gestürzt und von der Justiz verurteilt wurde. Eine Todesstrafe gegen ihn ist nun aufgehoben worden - ebenso eine gegen den früheren Chef der Muslimbrüder Mohammed Badie.

15.11.2016
    Mohammed Mursi am 26. März 2015 vor Gericht in Kairo
    Mohammed Mursi am 26. März 2015 vor Gericht in Kairo (imago stock&people / ZUMA Press)
    Ägyptens höchstes Gericht hat das Todesurteil gegen Ex-Präsident Mohammed Mursi gekippt. Der Prozess wegen eines Gefängnisausbruches solle neu aufgerollt werden, ordneten die Richter in Kairo an. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 65-jährigen Islamisten vor, er habe während der Arabischen Aufstände 2011 gemeinsam mit der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah eine Flucht aus der Haftanstalt organisiert.
    Eine andere Version lautet allerdings, Mursi sei nach dem Abzug der Wachen während der turbulenten Tage, die zum Sturz des damaligen Herrschers Husni Mubarak führten, einfach aus dem Gefängnis hinausspaziert.
    Mangelhafte Beweise
    Die Richter folgten mit ihrer Entscheidung dem Einspruch von Mursis Anwälten. Sie hatten argumentiert, dass das im Mai 2015 verkündete Urteil auf mangelhaften Beweisen beruhe. Auch die Todesurteile gegen den Muslimbruder-Führer Mohammed Badie, Ex-Parlamentspräsident Saad al-Katatni und andere Funktionäre der Organisation wurden aufgehoben. Neue Prozesse seien veranlasst worden, berichtet die staatliche Zeitung "Al-Ahram". Das gleiche gilt für die Gefängnisstrafen von mehr als 20 weiteren Angeklagten.
    Nach dem Sturz Mubaraks hatte Mursi als Kandidat der islamistischen Muslimbruderschaft die Präsidentenwahl im Juni 2012 gewonnen und wurde damit das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt des Landes. Bereits Anfang Juli 2013 aber wurde er nach Massenprotesten gegen seine autoritäre Herrschaft vom Militär gestürzt.
    Berufungsprozess könnte Jahre dauern
    Die Armeeführung ließ Demonstrationen der Islamisten blutig niederschlagen. Die Bruderschaft wurde später verboten und zur Terrororganisation erklärt. Mursi sitzt seit seinem Sturz in Haft. Trotz heftiger internationaler Kritik hatte ein Gericht Mursi und viele weitere Angeklagte vor eineinhalb Jahren zum Tod verurteilt. Darüber hinaus bekam er unter anderem wegen Geheimnisverrats, Anstiftung zur Gewalt und Spionage langjährige Haftstrafen.
    Der Berufungsprozess könnte nun wieder viele Monate, vielleicht sogar Jahre dauern. Doch selbst ein erneutes Todesurteil würde noch nicht bedeuten, dass Mursi sicher gehängt wird. Die Zahl der Todesurteile in Ägypten hatte in den vergangenen Jahren unter der Herrschaft des autoritären Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi zwar stark zugenommen. Es wurden jedoch nur vergleichsweise wenige der Urteile vollstreckt.