Mittwoch, 24. April 2024

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Ängste und Hoffnungen ukrainischer Studenten

Die EU nach einer Ost-Erweiterung war am vergangenen Wochenende Thema einer internationalen Studententagung in Polen. Unter den 180 Teilnehmern aus zwölf Nationen waren auffallend viele ukrainische Studenten. Auffallend deshalb, weil die Ukraine fast das einzige osteuropäische Land ist, das keine Verhandlungen über einen EU-Beitritt führt. Doch anscheinend beobachten gerade diese Studenten sehr genau, was in Europa vor sich geht. Viele hätten Angst, bei den kommenden Erweiterungen außen vor zu bleiben, mein Vasil, ein 19jähriger BWL-Student: "Psychologisch fühlen sich die Menschen jetzt schon am Rand von etwas Großem. Sie bemerken, dass etwas Gutes in Europa geschieht und sie davon ausgeschlossen sind." Je nachdem, aus welcher Region der Ukraine sie stammen, sind die Studenten aber verschiedener Ansicht. Die einen wenden sich eher Europa zu, die anderen Russland in Richtung Osten. Der Grund sein, dass die Ukraine in gewisser Weise gespalten ist, so die BWL-Studentin Oxana aus Levuv im Westen der Ukraine: "Das liegt an der jahrelangen kommunistischen Herrschaft und Unterdrückung. Die westliche Ukraine mit Zentrum Levuv hofft eher darauf, in die EU zu kommen, während der restliche Teil immer noch von den kommunistischen Ideen der Sowjetunion beeinflusst ist und eine Integration mit Russland will." Die EU-Osterweiterung schürt bei vielen Ukrainern neue Ängste, so der Eindruck von Vasil. So wird bei einem EU-Beitritt Polens aus der bisher recht offenen polnisch-ukrainischen Grenze eine stärker abgeschottete EU-Außengrenze. Von der bisherigen Durchlässigkeit hängt aber die Lebensgrundlage vieler Ukrainer ab. Die Studenten der Ukraine sehen die kommenden Veränderungen mit Hoffen und Bangen. Viele denken darüber nach, die Ukraine zu verlassen, für immer oder für eine gewisse Zeit. So auch die 19-jährige Oxana: "Ich würde gerne in dem Land leben, in dem ich geboren bin. Aber ich denke, dass es besser ist, zunächst im europäischen Ausland ausgebildet zu werden. Um dann zurück zu kommen. Ich möchte einmal etwas schaffen in meinem Land"

09.11.2001