Archiv


Ärger mit Luxuswohnungen

Der Sozialverband VdK ist einer der ältesten Sozialverbände Deutschlands. Zu seinen Tätigkeitsfeldern zählen auch behindertengerechte, barrierefreie Wohnungen, weshalb der Verband auch Immobilien besitzt und neue baut. Doch nicht immer hat er dabei ein glückliches Händchen.

Von Claudia Sanders |
    Düsseldorf, Fürstenwall, Ecke Kirchplatz. Die Zentrale der WestLB. Männer mit dunklen Anzügen strömen aus dem protzigen Gebäude, lockern angesichts der spätsommerlichen Temperaturen ihren Krawattenknoten und eilen in die Mittagspause. Gegenüber, im Schatten der glitzernden Bankerwelt, liegt die Zentrale des VdK. Einst stand das Kürzel für "Verein der Kriegsversehrten" - heute ist es das Synonym für einen der ältesten Sozialverbände Deutschlands. Thomas Zander ist der Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen VdK. "Mancher glaubt, wir sind ein Seniorenverband", erzählt er und schüttelt den Kopf. Dabei seien die neuen Mitglieder alle viel jünger.

    "Dass die Menschen heute schwerpunktmäßig so im Alter Mitte Ende 40 bis Mitte Ende 50 sind. Das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in ihrem sozialen Besitzstand gefährdet sind. Und der Kernbereich der Verbandstätigkeit ist diese soziale Beratung."

    Daneben kümmert sich der VdK um das behindertengerechte Wohnen. Konkret heißt das: Der Verband besitzt gut 280 eigene Wohnungen, Baujahr 50er- und 60er-Jahre, die modernisiert und für kleines Geld vermietet werden. Außerdem ist der VdK mit 60 Prozent an der WSG, der Wohnungs- und Siedlungs-GmbH, beteiligt. Thomas Zander sitzt im Aufsichtsrat der WSG und bekommt leuchtende Augen, wenn es um das jüngste Projekt in Köln-Hürth geht. Gut 100 barrierefreie, bezahlbare Wohnungen sollen hier entstehen. Aber der VdK plante auch noch andere Wohnungen. In Düsseldorf, der Landeshauptstadt. Das Projekt trägt den Namen "Nemo 33". Und sobald dieser Begriff fällt, verdüstert sich der Gesichtsausdruck des Geschäftsführers:

    "Das Projekt hat auch den Anspruch barrierearm zu sein, in dem Projekt hätte es auch Wohnungen gegeben, die von Zuschnitt und Preisgestaltung im mittleren Preissegment gelegen hätten. Aber es ist richtig, das ist eine ganz teure Ecke Düsseldorfs, so in Rhein nähe."

    Und genau hier an der Moselstraße liegt der Firmensitz der WSG. Als die WSG den Grund und Boden vor Jahrzehnten kaufte, war das eine Schmuddelecke. Heute sieht das anders aus. Und die im Verhältnis kleine WSG mit dem Hauptaktionär Sozialverband VdK witterte das ganz große Immobiliengeschäft - für einen guten Zweck, versteht sich.

    "Ich denke auch, dass das sozial gerechtfertigt ist, wenn man also sieht, dass die Gesellschaft jetzt etwa 2500 Wohnungen hat, wenn dann knapp 100 dazugekommen wären, die in einem mittleren und gehobenen Segment sind, dann wäre das im Rahmen einer Mischkalkulation so lange in Ordnung, wie die Erträge aus dem Projekt dazu helfen, die Modernisierung und Instandsetzung der übrigen Wohnungen auf die Beine zu stellen."

    Die WSG nimmt Kontakt mit der Stadtverwaltung auf, der das Nachbargrundstück gehört. Gemeinsam wird ein Architektenwettbewerb gestartet. Die Pläne, die vorgelegt werden, muten edel an und versprechen "hochwertige Wohnungen" im Rheinpark Bilk. Doch jetzt werden kritische Stimmen im Verband laut. Sie befürchten ein ähnliches Desaster, wie vor gut vier Jahren. Warum denn ausgerechnet ein Sozialverband Luxuswohnungen bauen muss, lautet die am häufigsten gestellte Frage. Außerdem ist die Rede davon, dass bis zu einer Million Euro in die Planung gesteckt worden sein soll - obwohl keinerlei verbindliche Zusagen und Genehmigungen vorliegen.

    "Es gibt Planungskosten, die ich nicht beziffern kann. Es gibt insbesondere keine Verluste, die angefallen sind","

    sagt das Mitglied des WSG-Aufsichtsrates. Doch um diese Geschichte zu Ende zu erzählen, sind noch zwei weitere Dinge wichtig: die Weltwirtschaftskrise und ein Parkhaus. Die Finanzkrise führte dazu, dass kein Geld floss, die Banken das Vorhaben schlicht nicht finanzieren wollten. Im Jahr 2008 verabschiedete sich die WSG von dem Projekt, legte die Pläne auf Eis. Und trotzdem gab es keine Verluste?

    Das Anfallen von Verlusten oder auch das Nichtanfallen von Verlusten ist etwas, das man erst sauber bilanzmäßig, handelsrechtmäßig abrechnen kann, wenn sozusagen das letzte Blatt Papier der Akte zugemacht werden würde.

    Wer nicht rechnet, macht also auch keine Verluste. Und schließlich soll das Projekt - gewinnbringend - verkauft werden - das ist Stand der Dinge seit dem Jahr 2008. Die Interessenten scheinen aber nicht gerade Schlange zu stehen. Und jetzt kommt das schon erwähnte Parkhaus ins Spiel. Das ist ein großer, hässlicher Klotz einer Mobilfunkfirma, der die Aussicht verbaut und zudem eine hohe Emissionsbelastung bedeutet. Das Parkhaus steht in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Grundstück, auf dem die Luxuswohnungen entstehen sollen. Doch auch das lässt Thomas Zander an dem Prestigeprojekt nicht zweifeln:

    ""Mit dem Projekt und auch mit der Planung der Architekten ist ganz eindeutig die Erwartung verbunden gewesen, dass das Parkhaus - was ja wirklich hässlich ist und auch städtebaulich ganz schnell da weg sollte - dass das dann auch abgerissen wird."

    So viele Erwartungen und noch hat sich keine Einzige erfüllt. Das Parkhaus steht, wo es immer stand - und versperrt den Blick auf den Rhein. Und falls sich nicht doch noch ein Investor findet, der das auf Eis liegende Projekt aufkauft - dann werden unterm Strich wohl doch noch rote Zahlen herauskommen. Dumm gelaufen für einen kleinen Sozialverband, der das große Geschäft machen wollte. Mit besten Absichten natürlich.