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Ärger um Wagner-Villa

In der oberfränkischen Provinzstadt Bayreuth sorgen Bühnenbildreste einer "Siegfried"-Inszenierung auf einem zentralen Platz und die geplante Erweiterung der Villa Wahnfried für Ärger in der Bürgerschaft.

Von Jörn Florian Fuchs | 26.12.2010
    Im Schnee sieht bekanntlich sogar manch Hässliches recht hübsch aus. Auch in der oberfränkischen Provinzstadt Bayreuth herrscht momentan der strenge Winter und bedeckt ein äußerst umstrittenes 'Kunstwerk' mit sanftem Weiß.

    Es handelt sich um eine Gruppe von Bäumen, genauer: um verbranntes Holz, Baumruinen, Stümpfe. Vormals war das apokalyptische Natur-Ensemble im Festspielhaus zu bewundern, nämlich bei Tankred Dorsts Inszenierung des "Siegfried". Da verirrte sich der jugendliche Held in diesen alten, abgebrannten Wald. "Siegfried" ist mittlerweile Geschichte und die Bühnenbildreste verschandeln nun einen der zentralen Plätze Bayreuths, sehr zum Ärger vieler Bürger, hierzu Christa Russ von der Markgrafen-Buchhandlung:

    "Es ist Schrott! Es ist ausrangiert. Und eigentlich gehört das auf den Müll. Aber ich finde es ganz besonders schlimm, dass man den Jean-Paul-Platz so entwürdigt und das ist vielleicht noch der einzige Platz, der kunstgeschichtlich homogen ist. Und der wird nun durch das ehemalige Bühnenbild, heute ist es Schrott, entwürdigt."

    Aber nicht nur gegen das Ex-Bühnenbild bäumen sich die Bayreuther auf. Auch die geplante Erweiterung der Villa Wahnfried – einst Richard Wagners Künstlerklause, heute ein bedeutendes Museum und Wagner-Archiv – sorgt für Unmut. Wahnfried muss dringend renoviert werden, außerdem will man mehr als die bisher jährlich rund 25.000 Besucher anlocken. Es gab einen Wettbewerb, aus dem das renommierte Berliner Büro Staab-Architekten als Sieger hervorging. Staab möchte in den Park neben Wahnfried eine moderne Halle bauen, Genaueres erläutert Sven Friedrich, Leiter des Richard-Wagner-Museums:

    "Der Entwurf sieht vor, im rückwärtigen Teil des Wahnfried-Parks, im westlichen Bereich, das ist eine Fläche, die zu Richard Wagners Lebzeiten noch nicht zum Wahnfried-Grundstück gehörte, dort einen sehr flachen, Bungalow artigen, lang gestreckten Bau zu errichten, der im Wesentlichen eine Stahl- und Glaskonstruktion sein wird, der sehr zurückhaltend ist, sich quasi unter die Bäume schmiegt, aber gleichwohl eine klare architektonische Geste formuliert und auch einen schönen modernen Kontrast zum Haus Wahnfried bildet, ohne sich jedoch in ein Konkurrenzverhältnis zu setzen."

    Etliche Anwohner sehen dem Neubau mit Schrecken entgegen, ja es hat sich sogar eine Interessensgemeinschaft "Wahnfried" gegründet, die mit dem Gedanken eines Bürgerbegehrens spielt und vehemente Proteste ankündigt. Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl sieht das alles recht gelassen:

    "Es ist richtig, es gibt eine Interessensgemeinschaft Wahnfried, die zunächst Angst hatte, dass ihnen ein Riesenklotz vor die Nase gesetzt wird. Das Thema ist vom Tisch. Es gibt natürlich immer noch Kritiker des Vorhabens, aber ich muss sagen, dieses Projekt hat einen so starken Rückenwind in Bayreuth, von der Bürgerschaft, von den Medien, auch im Stadtrat gibt es eine ganz breite Unterstützung. Der Entwurf, der vorgelegt worden ist und der gewonnen hat, ist ein so behutsamer Entwurf, ein so sensibler Entwurf, der ausgezeichnet mit dem Ensemble umgeht, dass man eigentlich gar nichts dagegen haben kann."

    Also doch ein Weihnachtsfrieden in Bayreuth? Nicht so ganz, wie Oliver Hohlbach von der Interessensgemeinschaft Wahnfried erläutert:

    "Dieser Frieden ist trügerisch. Von dem neuen Konzept hält die Interessensgemeinschaft Wahnfried naturgemäß herzlich wenig. Wir können es einfach nicht ertragen, dass man in ein geschlossenes Ensemble einen Glaspalast setzt, der wie die Faust aufs Auge neben der Villa Wahnfried wirkt und die historische Sichtachse zwischen Schloss und Wahnfried zerstört. Wir werden jetzt prüfen, wie wir das Bürgerbegehren in Gang setzen können, um zu verhindern, dass dieser Neubau so kommt, der aus unserer Sicht nicht die Erforderlichkeiten erfüllt und auch viel zu teuer ist."

    Am Geld könnte das Ganze tatsächlich scheitern. Momentan ist noch nicht ganz geklärt, wie die benötigten 12,5 Millionen Euro aufgebracht werden. Zwar gibt es verbindliche Zusagen von Bund, Land, Stadt und der Oberfrankenstiftung, allerdings baut Oberbürgermeister Hohl schon mal vor und will Sponsoren beziehnungsweise Patrone gewinnen, so wie einst Richard Wagner:

    "Wir werden auch um private Mithilfe werben, das kann man mit kleinen Beträgen tun, das kann man aber auch mit großen Beträgen tun, ähnlich den Patronen, die Richard Wagner damals hatte, als er das Festspielhaus baute, wird es auch hier wieder Patronatsscheine geben und wir hoffen einfach auf die Wagner-Community in aller Welt, dass hier ein starker Rückenwind dann auch kommt, um das Projekt zügig umzusetzen. Unser Wunsch ist natürlich, dass im Jahr 2013 alles fertig ist."