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AfD-Fraktion in Thüringen
Siegfried Gentele muss gehen

Die AfD im Thüringer Landtag hat ihren Abgeordneten Siegfried Gentele aus der Fraktion ausgeschlossen. Gentele hatte den nationalkonservativen Kurs seines Landesverbandes kritisiert, der sich auch gegen Afd-Bundeschef Bernd Lucke richtet.

Von Henry Bernhard | 16.04.2015
    Die Sonne scheint am 05.09.2014 während des Wahlkampfs zur Thüringer Landtagswahl in Jena durch einen Aufsteller der Partei Alternative für Deutschland (AfD).
    Breites Angebot, geschickte Themenauswahl: Das Erfolgsrezept der AfD? (dpa / picture-alliance / Candy Welz)
    "Die AFD ist eine Fraktion des gesunden Menschenverstandes und wir sind dezidiert antiideologisch."
    Der Thüringer Parteivorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD, Björn Höcke vor einigen Wochen im Thüringer Landtag. Er nennt die AfD eine Fraktion und bekennt sich zum freien Denken und zur freien Meinungsäußerung. Einer, der seine Meinung gegenüber der Presse geäußert hat, hat nun von Höcke die Konsequenzen zu spüren bekommen: Siegfried Gentele wurde mit einer Mehrheit von 8:3-Stimmen aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen – wegen "grob fraktionsschädigendem Verhalten" und weil "das Vertrauensverhältnis der Fraktionsmehrheit" zu ihm "nachhaltig zerrüttet" sei.
    Kein Verständnis bei Gentele
    "Ich muss es sportlich nehmen, tue es auch, verstehe es aber nicht. Denn wenn man in der Alternative für Deutschland ist - und unser Leitspruch: 'Mut zur Wahrheit!' - wenn man den also hat und ausspricht und dann so ein Verfahren bekommt, dann ist man natürlich etwas enttäuscht."
    Gentele hatte in einer Pressemitteilung seinem Unmut freien Lauf gelassen.
    "Da habe ich Herrn Höcke kritisiert, und zwar für seine Arbeit im Kreisverband, für seine Arbeit im Landesverband und für die Arbeit hier in der Fraktion. Ich habe kritisiert, dass er durch die Lande reist, statt sich um Thüringen zu kümmern. Und wer mir das nicht zugesteht, dann tut mir Herr Höcke leid; und wenn den Herrschaften das nicht passt, dann sind sie in der falschen Partei und sollten eigentlich austreten."
    Der Fraktionsvorsitzenden schweigt
    Der Fraktionsvorsitzende Björn Höcke verweigerte Interviews zum Thema, sein Stellvertreter Stephan Brandner sagte:
    "Das war sozusagen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Also, man kann nicht so in der Öffentlichkeit mit dem Vorsitzenden umspringen, das funktioniert nicht. Sachliche Kritik in allen Ehren, man kann auch Höcke kritisieren – aber nicht auf diese Art und Weise."
    Außerdem hat der Fraktionsvorsitzende Björn Höcke Siegfried Gentele nahegelegt, sein Mandat niederzulegen und aus der Partei auszutreten. Das will Gentele allerdings nicht tun, sondern als Parteiloser weiter im Landtag bleiben. Einer anderen Fraktion will er sich nicht anschließen. Gegen den Fraktionsausschluss und den geplanten Parteiausschluss will er sich jedoch juristisch zur Wehr setzen. Denn die AfD sei nach wie vor seine Partei – die AfD Bernd Luckes jedoch. Der Thüringer Partei- und Fraktionschef Björn Höcke dagegen macht seit einiger Zeit Stimmung gegen den Kurs Luckes, indem er sich an die Spitze des nationalkonservativen Flügels der AfD gesetzt hat. In einer von ihm vor vier Wochen mitinitiierten "Erfurter Resolution" fordert er eine unangepasste AfD, Solidarität mit Pegida, eine "grundsätzliche Wende" in Deutschland und eben "Mut zur Wahrheit". Der Thüringer AfD-Abgeordnete Siegfried Gentele, der den Mut zur eigenen Meinung mit dem Rauswurf aus der Fraktion bezahlen musste, gefällt dieser nationalkonservative Kurs nicht.
    "Also, ich sag mal so: Ich bin ein liberal-konservativer, nenne ich mich selbst."
    Bundeschef Lucke bedauert den Ausschluss
    So hat Gentele auch Höckes "Erfurter Resolution" nicht mit unterschrieben, so wie auch drei weitere Fraktionsmitglieder, sondern die liberalere "Deutschland-Resolution". Zwei von ihnen wurden vor Kurzem von der Fraktionsmehrheit aufgefordert, ihre Sitze in Landtagsausschüssen zu räumen, andernfalls droht auch ihnen der Ausschluss aus der Fraktion. Bislang sind die beiden dieser Forderung nicht nachgekommen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stephan Brandner hofft jedoch darauf, dass der heutige Fraktions-Ausschluss die beiden anderen diszipliniert.
    "Also, aus meiner Sicht war das heute ein reinigendes und klärendes Gewitter. Es soll alle zum Nachdenken bewegen."
    Afd-Bundeschef Bernd Lucke ließ heute aus Berlin verlauten, dass er den Ausschluss des Abgeordneten Gentele aus der Fraktion bedauert und bat darum, Konflikte doch durch Gespräche zu lösen.