
Zum Spitzenkandidaten wurde in der vergangenen Woche der sächsische AfD-Politiker Krah gewählt, der bereits seit 2019 Europa-Abgeordneter ist. Krah erhielt 65,7 Prozent der Stimmen. Die überwiegende Mehrzahl der bisher Gewählten wird wie Krah dem äußerst rechten Rand zugeordnet. Parteiintern gilt der Spitzenkandidat als umstritten. Die rechtsnationale Fraktion "Identität und Demokratie" (ID) im Europa-Parlament hatte Krah zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass er die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Im vergangenen Jahr war seine Mitgliedschaft schon einmal ausgesetzt worden.
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Bei der Parteiversammlung in Magdeburg soll auch das Programm für die kommende Europawahl beraten und verabschiedet werden. Der 92-seitige Entwurf läuft auf eine radikale Umgestaltung der europäischen Politik hinaus. Noch unklar ist, ob die AfD die EU auflösen will oder nicht. Die Parteispitze sprach in Bezug auf eine entsprechende Passage, in der eine Auflösung gefordert wurde, von einem "redaktionellen Versehen". Es bleibt allerdings den Delegierten in Magdeburg überlassen, ob sie den Satz per Parteitagsvotum wieder aus dem Entwurf streichen oder nicht.
Insgesamt dreht sich die Argumentation der AfD stark um Begriffe wie "Nation", "Souveränität" und "Identität". Allein die Begriffe "Nation" und "national" tauchen 145 Mal in dem Wahlprogramm auf. Entscheidungen sollen nicht in Brüssel gefällt werden, sondern von den Nationalstaaten. Ein Paradox: Die AfD fordert in dem Wahlprogramm die Auflösung des EU-Parlaments - also jenes Parlaments, in dem sie ja mit diesem Wahlprogramm wieder Mandate gewinnen will. Die Kompetenzen des Parlaments sollen bis zu einer nicht näher erläuterten "Neuordnung der Verhältnisse" an die Nationalstaaten übergehen.
"Stillhalte-Zusage" des Verfassungsschutzes
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat unterdessen in einem gerichtlichen Verfahren eine "Stillhalte-Zusage" gegeben. Während der Europaversammlung werde das Amt seine kritische Einschätzung der Partei nicht wiederholen, teilte das Verwaltungsgericht in Köln mit. Der Verfassungsschutz führt die AfD seit 2021 als rechtsextremen Verdachtsfall. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang hatte nach dem ersten Teil des AfD-Parteitags am letzten Wochenende erklärt, gemäßigte Vertreter der Partei hätten keine Rolle mehr gespielt, dafür aber hätten diverse Wahlbewerber rechtsextremistische Verschwörungstheorien geäußert. Die AfD hatte daraufhin einen Eilantrag gestellt.
Der AfD-Vorsitzende Chrupalla sagte dazu heute in Magdeburg, Haldenwang habe sich mit seinen Äußerungen außerhalb des Grundgesetzes gestellt. Mit der "Stillhalte-Zusage" habe das Amt ihrem Chef einen "Maulkorb" verpasst.
Diese Nachricht wurde am 04.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.