Mittwoch, 08. Mai 2024

Nach Europawahlversammlung
AfD-Spitzenkandidat Krah fordert im Dlf 80 Prozent der EU-Kommission abzuschaffen - Verfassungsschutz alarmiert

Bei einem Parteitreffen in Magdeburg hat die AfD damit begonnen, sich für die Europawahl im kommenden Jahr aufzustellen. Zum Spitzenkandidaten ist der sächsische Europaabgeordnete Krah gewählt worden. Die meisten Kandidaten schlagen EU-feindliche Töne an. Im Dlf-Interview bekräftigt Krah diesen Kurs. Der Bundesverfassungsschutz ist besorgt.

31.07.2023
    Krah mit Krawatte und Einstecktuch im dunklen Jackett steht mit beiden Händen gestikulierend am Rednerpult. Hinter ihm eine Wand in zwei verschiedenen Blautönen.
    Maximilian Krah bei seiner Vorstellungsrede als AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl der AfD Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg. (Carsten Koall / dpa)
    Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl im kommenden Jahr, Krah, hat seine europapolitischen Pläne verteidigt. Das Europa der Zukunft müsse ein Europa der Vaterländer sein, sagte Krah im Deutschlandfunk (Audio-Link). Die AfD wolle 80 Prozent weniger Europa und mehr Selbstverwaltung der Nationalstaaten. Diese könnten allerdings nicht alle Aufgaben selbst übernehmen: In bestimmten Bereichen sei Kooperation notwendig - wie beim Grenzschutz. Man könne sich beispielsweise viel Aufwand in der Flüchtlingsbetreuung sparen, wenn Europa die Grenzen dicht machen würde.
    Krah wehrte sich gegen den Begriff "Dexit", wenn dieser bedeute, Deutschland trete aus der EU aus und alles andere bleibe, wie es sei. Vielmehr gehe es um einen umfassenden Bürokratieabbau. Die EU-Kommission sei deutlich zu groß und habe zu viele Unterabteilungen. Dafür sei unter anderem die Klimapolitik mit ihren jetzigen Schwerpunkten verantwortlich. Krah forderte die Abschaffung der Institutionen, die sich damit befassen.

    Krah auch innerhalb der Partei umstritten

    Die AfD hatte am Wochenende nach einem Bundesparteitag in Magdeburg damit begonnen, die Kandidatenliste für die Europawahl kommendes Jahr aufzustellen. Nächsten Freitag soll die Versammlung weitergehen. Das Wahlprogramm wird den Planungen zufolge erst nach der Listenaufstellung beschlossen. Die Wahl der ersten fünf Plätze hatte sich über mehrere Stunden hingezogen. Krah erhielt für Platz 1 fast 66 Prozent Zustimmung. Seine Kandidatur ist auch in der Partei umstritten.

    Nähe zu Russland, China und dem Rechtsradikalen Éric Zemmour

    Im EU-Parlament gab es seinetwegen mehrfach Diskussionen. Die rechtsnationale Fraktion "Identität und Demokratie" (ID) hatte ihn zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass Krah die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Seine Mitgliedschaft in der Fraktion war 2022 schon einmal für mehrere Monate ausgesetzt worden. Damals wurde ihm vorgeworfen, dass er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen von der ID-Mitgliedspartei "Rassemblement National", sondern öffentlich die Partei des Rechtsradikalen Éric Zemmour unterstützte. Auch eine Nähe zu China wird ihm vorgehalten. Krah selbst spricht in diesem Zusammenhang von einer anonymen Schmutzkampagne. Krah ist Jurist und seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Vor seinem Eintritt in die AfD war er Mitglied der CDU.

    "Die EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann"

    Alle Kandidaten auf den ersten Listenplätzen der AfD werden dem äußersten rechten Parteirand zugeordnet. In den meisten Reden wurden EU-feindliche Töne angeschlagen. Thüringens AfD-Chef Höcke sagte im Sender Phoenix, diese EU müsse sterben, damit das wahre Europa leben könne. CSU-Chef Söder warf der AfD vor, immer radikaler zu werden.

    Verfassungsschutz sieht "starke verfassungsfeindliche Strömungen" in der AfD bestätigt

    Nach den Worten des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Haldenwang, hat die Versammlung in Magdeburg einmal mehr die Einschätzung seiner Behörde bestätigt, dass innerhalb der AfD starke verfassungsfeindliche Strömungen bestünden, deren Einfluss weiter zunehme. Vertreter des gemäßigteren Lagers hätten in Magdeburg so gut wie keine Rolle mehr gespielt, sagte er der dpa. Bereits jetzt zeige sich, dass Personen, deren Positionen mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands unvereinbar seien, der AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören könnten. Zudem seien in Magdeburg rechtsextremistische Verschwörungsmythen verbreitet worden. Als Beispiel nannte Haldenwang das Narrativ vom sogenannten "Großen Austausch" der Bevölkerung Europas.
    Der Verfassungsschutz führt die AfD seit 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die Partei hatte in Magdeburg die ersten 15 Kandidaten für die Europawahl bestimmt. Die Wahl soll am kommenden Wochenende abgeschlossen werden.
    Diese Nachricht wurde am 31.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.