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Afrika-Cup 2015
Die Ebola-Bedrohung erreicht den Sport

Anfang kommenden Jahres soll in Marokko der Afrika-Cup stattfinden. Dann nehmen möglicherweise Nationen teil, die von der Ebola-Epidemie betroffen sind. Ängste bestehen weiterhin, denn die Tragweite der Krankheit bleibt unklar.

Daniel Theweleit | 26.10.2014
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    Ebola als Gefahr: Ein Fan macht darauf bei einem Spiel der Elfenbeinküste gegen Sierra Leone aufmerksam (AFP / Issouf Sanogo)
    Bisher hat Eric-Maxim Choupo-Moting vom FC Schalke 04 vor allem die finsteren Seiten des afrikanischen Fußballs kennengelernt. Bei den Weltmeisterschaften von 2010 und 2014 hinterließ seine kamerunische Nationalmannschaft jeweils einen desaströsen Eindruck. Aber derzeit läuft es für die runderneuerte Mannschaft des deutschen Trainers Volker Finke. In der Qualifikation für den im kommenden Januar beginnenden Afrika-Cup ist Kamerun noch ungeschlagen und wird dort zu den Titelanwärtern zählen. Jedenfalls wenn das Turnier stattfindet. Denn wegen der Ebola-Epidemie regt sich Widerstand. Choupo-Moting findet das übertrieben.
    "Ich weiß jetzt nicht, ob das ein Grund sein muss, den Afrika-Cup nicht stattfinden zu lassen. Natürlich sollte man das nicht unterschätzen, aber trotzdem darf man nicht vergessen, dass Afrika ein Kontinent ist und nicht ein Land. Und beispielsweise in Kamerun ist von Ebola nichts zu sehen, da muss man keine Vorsichtsmaßnahmen treffen."
    Noch gilt das auch für Marokko. Dennoch hat die Regierung der Gastgebernation aus Furcht vor dem tödlichen Virus beim Ausrichter, dem afrikanischen Kontinentalverband CAF, um eine Verlegung gebeten. Seither mehren sich Stimmen, die ähnliche Forderungen stellen. In Deutschland hat sich Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, dessen Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang im Marokko für Gabun spielen würde, am lautesten zu Wort gemeldet.
    "Fakt ist, ich verstehe nicht hundertprozentig, wie man als FIFA, oder wer auch immer dafür schlussendlich zuständig ist, davon ausgehen kann, dass ausgerechnet in Afrika die Grenzen so sicher sein sollen, dass nicht irgendwelche Ebola infizierten Menschen von einem afrikanischen Land ins andere kommen. Wenn man sich die afrikanische Karte anguckt und sieht, welche Staaten betroffen sind und welche noch nicht und denkt, da liegt noch ein Land dazwischen, dann ist das für mich keine Situation, wo man über Sport nachdenken muss. Sondern tatsächlich über andere Maßnahmen."
    Uefa-Präsident Michel Platini hat in dieser Woche ähnliche Bedenken geäußert. Worauf die CAF mit einer verärgerten Replik reagierte. Man verbitte sich jede Einmischung, hieß es in einem Schreiben des Verbandes, der süffisant darauf hin weist, dass die Uefa Teile ihrer Wettbewerbe in der Ukraine austrage. In einem Land, in dem Passagierflugzeuge abgeschossen werden.
    Nun wird mit einer räumlichen Verlegung des Turniers gedroht, sollte Marokko nicht mehr aus Austragungsland zur Verfügung stehen. Man habe diverse Interessenten, die einspringen würden. Bei der CAF vertraut man darauf, dass schon nichts passieren werde. Einen Plan, wie man der Ebola-Gefahr begegnen könnte, haben die Funktionäre jedenfalls nicht erarbeitet.
    Auf der anderen Seite gibt es die Interessen der europäischen Klubs. Die Vereine jammern alle zwei Jahre, weil einige ihrer besten Spieler zur Kontinentalmeisterschaft nach Afrika fahren müssen, von wo die Fußballer mitunter völlig erschöpft zurückkehren. Natürlich darf man weder Platini noch Klopp unterstellen, dass hinter ihren Ebola-Sorgen Eigeninteressen stecken. Aber der Pandemieforscher Dirk Brockmann von der Humboldt Universität in Berlin mahnt auch in Richtung Klopp zur Vorsicht:
    "Ich finde solche Aussagen sollte man immer nur dann machen, wenn man die Situation bewerten kann. Generell ist es so, dass die Menschen immer kleine Risiken überschätzen und große Risiken unterschätzen. Das wird auch hier zutreffen."
    Die Risiken seriös bemessen, kann derzeit aber kein Wissenschaftler, denn
    "da spielen so viele Faktoren eine Rolle. Ich würde aber meinen, von dem was ich weiß bisher, was die Ebola-Situation in Westafrika angeht, dass eigentlich kein Grund dafür besteht, so ein Event abzusagen."
    Ganz anders sähe die Situation aus, wenn Ebola tatsächlich vor oder während des Turniers Marokko erreicht, was keineswegs ganz unwahrscheinlich ist. Denn die Erforschung möglicher Ausbreitungswege des tödlichen Virus führte zu der Erkenntnis, "dass von allen nordafrikanischen Ländern, Marokko das Land ist mit der höchsten Importwahrscheinlichkeit ist.", sagt Pandemieforscher Brockmann.
    Und sollte das Virus sich bei einem solchen Fußballturnier ausbreiten, zu dem Berater, Scouts, Journalisten und Sponsoren aus unterschiedlichsten Ländern vor Ort sein werden, würde womöglich ein gefährlicher Infektionsherd entstehen. Diese Chance ist natürlich gering, ansteckend sind nur Leute, die schon Symptome haben und schwer krank sind. Sie würden kaum ein Fußballspiel besuchen. Aber dass der afrikanische Fußballverband bislang keine seriösen Ansätze zu einem vernünftigen Umgang mit der Gefahr entwickelt, ist alles andere als beruhigend.