Afrikanische und ozeanische Skulpturen gehörten von Anfang an zu den Sammelleidenschaften des Ernst Beyeler; immer wieder tauchten sie als Referenz-Objekte in Ausstellungen zur klassischen Moderne auf. Der Kurator Oliver Wick kehrt diese Perspektive jetzt um und stellt die einstmals als "primitiv" apostrophierten Kunstwerke ins Zentrum. Das ist lobenswert und verständlich, denn diese stilisierten Masken und Figuren üben auch heute eine ungeheure, eine magische Wirkung auf den europäischen Betrachter aus, und vom eigenständigen, unbestreitbaren künstlerischen Rang dieser Objekte, von ihrer Bildgewalt will diese Schau künden.
Aber: genügt das? Ist es schon eine ausreichende Ausstellungskonzeption, Werke bildgewaltig zu nennen und entsprechend zu inszenieren? Nein, als Konzeption reicht das nicht. Oliver Wick hat mit vielen Leihgaben imponierende, voneinander abgegrenzte ethnographische Ensembles gestaltet, die meist aus dem 19.Jahrhundert stammen und so noch nie zu sehen waren; das ist Verdienst und Stärke der Schau. Die hohen, glatten Skulpturen der Senufo aus Mali etwa wurden zu Trauerfeiern verwendet und geleiteten die Toten ins Grab - Mitglieder eines Geheimbunds stampften mit ihnen auf den Boden, neben dem Leichnam, um die Ankunft der Toten im Jenseits anzukündigen.
Jedoch: Wick will ja gerade keine didaktische ethnographische Ausstellung machen, das magische Denken ist nicht sein Thema - dafür sind die beigegebenen Saaltexte auch zu schmal. Wick will die stilistischen Eigenheiten der afrikanischen und ozeanischen Künstler demonstrieren - und kann dann der Versuchung nicht widerstehen, diesen Plastiken, deren Einzigartigkeit er doch preisen wollte, europäische Pendants (meist in Öl) beiseite zu stellen. Das Vergleichsmoment findet sich aber eher auf formaler Ebene: den langaufgeschossenen afrikanischen Senufo-Figuren hat Wick stilisierte Badende von Cézanne und ein Portrait der stoischen Madame Cézanne beigegeben; scheibenartige hohe Jagdhelfer-Gestalten aus Papua-Neuguinea spannt er mit Scherenschnitten von Matisse zusammen; und die mit Nägeln gespickten Nkisi-Plastiken aus dem Kongo, jeder Nagel ein Wunsch, eine Abmachung mit den Göttern, kombiniert Wick mit den auseinandergefalteten, zerklüfteten kubistischen Bildräumen von Braque und Picasso.
Einerseits ist das schlüssig, weil in beiden Bildtraditionen das Zerberstende eine Rolle spielt. Inhaltlich aber ist das vertrauensvoll-mythische Weltbild hinter den (mit Nägeln gemarterten) Nkisi-Figuren, die der Wunderheilung und dem Abwehrzauber dienten, doch leicht verschieden von jenem der desillusionierten Kubisten ... - abgesehen davon, dass die allermeisten Skulpturen aus der Dritten Welt ergaunerte oder geraubte Kunst sein dürften.
Aber auch auf formaler Ebene funktioniert die Doppelung mit der klassischen Moderne oft nicht: was, bitte, haben die beiden im Foyer aufgebauten sieben Meter langen Kult-Krokodile aus Papua-Neuguinea mit dem dahinter leuchtenden halbabstrakten Seerosenteich von Monet zu tun - außer, dass Krokodile im Wasser hausen? Was verbindet die (übrigens exquisite) Galerie afrikanischer Tier-, Trauer-, Tanz- und Jäger-Masken mit der hinzugehängten glühenden van-Gogh-Landschaft, außer einer gewissen Expressivität im Ausdruck?
Dem Besucher sei also vorgeschlagen, die Vergleichswerke als nette Sidesteps zu nehmen und sich ganz auf die außereuropäische Kunst zu konzentrieren. Und die ist exquisit: Vor allem die wüst ausstaffierten Malagan-Figuren aus Neuguinea, springende Fische, die mit Aussparungen und Hohlräumen gearbeitet sind; die riesenhaften Fruchtbarkeitsgötter aus Melanesien, die reduzierten Plastiken der afrikanischen Dogon - hier ist ein Formenrepertoire, das den nackten Menschen wie auch den verzweifelten Glauben an das Irrationale in den Griff zu bekommen sucht - also das, was wir verloren haben.
Aber: genügt das? Ist es schon eine ausreichende Ausstellungskonzeption, Werke bildgewaltig zu nennen und entsprechend zu inszenieren? Nein, als Konzeption reicht das nicht. Oliver Wick hat mit vielen Leihgaben imponierende, voneinander abgegrenzte ethnographische Ensembles gestaltet, die meist aus dem 19.Jahrhundert stammen und so noch nie zu sehen waren; das ist Verdienst und Stärke der Schau. Die hohen, glatten Skulpturen der Senufo aus Mali etwa wurden zu Trauerfeiern verwendet und geleiteten die Toten ins Grab - Mitglieder eines Geheimbunds stampften mit ihnen auf den Boden, neben dem Leichnam, um die Ankunft der Toten im Jenseits anzukündigen.
Jedoch: Wick will ja gerade keine didaktische ethnographische Ausstellung machen, das magische Denken ist nicht sein Thema - dafür sind die beigegebenen Saaltexte auch zu schmal. Wick will die stilistischen Eigenheiten der afrikanischen und ozeanischen Künstler demonstrieren - und kann dann der Versuchung nicht widerstehen, diesen Plastiken, deren Einzigartigkeit er doch preisen wollte, europäische Pendants (meist in Öl) beiseite zu stellen. Das Vergleichsmoment findet sich aber eher auf formaler Ebene: den langaufgeschossenen afrikanischen Senufo-Figuren hat Wick stilisierte Badende von Cézanne und ein Portrait der stoischen Madame Cézanne beigegeben; scheibenartige hohe Jagdhelfer-Gestalten aus Papua-Neuguinea spannt er mit Scherenschnitten von Matisse zusammen; und die mit Nägeln gespickten Nkisi-Plastiken aus dem Kongo, jeder Nagel ein Wunsch, eine Abmachung mit den Göttern, kombiniert Wick mit den auseinandergefalteten, zerklüfteten kubistischen Bildräumen von Braque und Picasso.
Einerseits ist das schlüssig, weil in beiden Bildtraditionen das Zerberstende eine Rolle spielt. Inhaltlich aber ist das vertrauensvoll-mythische Weltbild hinter den (mit Nägeln gemarterten) Nkisi-Figuren, die der Wunderheilung und dem Abwehrzauber dienten, doch leicht verschieden von jenem der desillusionierten Kubisten ... - abgesehen davon, dass die allermeisten Skulpturen aus der Dritten Welt ergaunerte oder geraubte Kunst sein dürften.
Aber auch auf formaler Ebene funktioniert die Doppelung mit der klassischen Moderne oft nicht: was, bitte, haben die beiden im Foyer aufgebauten sieben Meter langen Kult-Krokodile aus Papua-Neuguinea mit dem dahinter leuchtenden halbabstrakten Seerosenteich von Monet zu tun - außer, dass Krokodile im Wasser hausen? Was verbindet die (übrigens exquisite) Galerie afrikanischer Tier-, Trauer-, Tanz- und Jäger-Masken mit der hinzugehängten glühenden van-Gogh-Landschaft, außer einer gewissen Expressivität im Ausdruck?
Dem Besucher sei also vorgeschlagen, die Vergleichswerke als nette Sidesteps zu nehmen und sich ganz auf die außereuropäische Kunst zu konzentrieren. Und die ist exquisit: Vor allem die wüst ausstaffierten Malagan-Figuren aus Neuguinea, springende Fische, die mit Aussparungen und Hohlräumen gearbeitet sind; die riesenhaften Fruchtbarkeitsgötter aus Melanesien, die reduzierten Plastiken der afrikanischen Dogon - hier ist ein Formenrepertoire, das den nackten Menschen wie auch den verzweifelten Glauben an das Irrationale in den Griff zu bekommen sucht - also das, was wir verloren haben.