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AGB-Änderung
"Depotbank möglicherweise wechseln"

Wenn Bank- und Sparkassenberater bestimmte Finanzprodukte empfehlen, dann erhalten sie von deren Anbieter häufig Vertriebsvergütungen. Diese stünden eigentlich den Kunden zu, sagte Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, im DLF. Eventuelle Ansprüche versuchten die Banken jetzt mit AGB-Änderungen zu umgehen.

Dorothea Mohn im Gespräch mit Georg Ehring | 25.03.2015
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    Ein Bankangestellter bei der Beratung (picture alliance / dpa)
    Georg Ehring: Wenn Bankberater Kunden eine Anlage empfehlen, dann steckt oft auch Eigeninteresse dahinter. Investmentfonds zahlen Vertriebsvergütungen, um die eigenen Produkte besser zu platzieren. Doch diese Vergütungen stehen eigentlich nicht der Bank oder ihrem Mitarbeiter, sondern dem Kunden zu. Das meinen jedenfalls Verbraucherschützer. Viele Banken sehen das allerdings anders. Die Sparkassen wollen jetzt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festlegen, dass sie solche Vertriebsvergütungen behalten dürfen. Wie sollen die betroffenen Kunden darauf reagieren? Darüber möchte ich jetzt mit Dorothea Mohn sprechen. Sie ist Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Guten Tag, Frau Mohn.
    Dorothea Mohn: Guten Morgen, Herr Ehring.
    Ehring: Frau Mohn, warum meinen Sie denn, dass der Kunde die Vertriebsvergütung beanspruchen kann? Die wird ja gezahlt für die Leistung des Bankmitarbeiters, der mich zu einer bestimmten Geldanlage veranlassen oder vielleicht auch überreden will.
    Mohn: Im Kern geht es darum, dass in den Vergütungen ein Interessenkonflikt steckt, der dazu führt, dass die Bank nicht nur im Interesse des Kunden berät, sondern immer ein Eigeninteresse hat. Und wir meinen, dass hier der sogenannte Geschäftsbesorgungsvertrag die Grundlage ist, und danach ist es verboten, wenn ein Verbraucher jemanden beauftragt, ihm irgendein Produkt zu besorgen, das derjenige, der das Produkt nachher gibt, dem Vermittler quasi hinten herum vergütet, weil man eben diesen Interessenkonflikt nicht haben will. Nichts anderes findet im Finanzvertrieb von Sparkassen und Banken statt und letztendlich fürchten auch die Sparkassen, dass genau dieser Geschäftsbesorgungsvertrag für sie auch gelten könnte, und deswegen versuchen sie, sich mit dieser AGB-Änderung abzusichern, um vom Verbraucher zu verlangen, dass er für den Fall, dass dieser Geschäftsbesorgungsvertrag irgendwann mal vom BGH auch für ihre Geschäfte anerkannt wird, dass die Verbraucher vorsorglich quasi schon heute darauf verzichten, diese Vergütung für sich zu beanspruchen.
    "Depotwechsel erwägen"
    Ehring: Das läuft ja konkret so, dass ich als Sparkassenkunde ein Schreiben von der Bank kriege, wir haben neue Geschäftsbedingungen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen widersprechen, dann gelten die als anerkannt. Was raten Sie denn jetzt Sparkassenkunden?
    Mohn: Erst mal finde ich das Vorgehen der Sparkassen nicht besonders freundlich, weil die Kunden stimmen hier ja nicht wirklich aktiv zu, sondern wenn die Frist verstreicht, dann gilt die neue AGB. Was sollen Kunden tun? Grundsätzlich sollten sie prüfen, ob sie ihr Depot wechseln können, weil wenn sie der AGB-Änderung widersprechen - so ist unsere Beobachtung -, drohen die Sparkassen damit, den Depotvertrag aufzulösen. Das heißt, dann wären Verbraucher gezwungen, ihr Depot zu wechseln, was an sich keine schwierige Sache ist, denn die Depotübertragung ist kostenlos und man muss nur bereit sein, von der Sparkasse zu einer anderen Bank zu wechseln, was aber durchaus erhebliche finanzielle Vorteile auch bringen kann, weil viele Sparkassendepots nicht gerade günstig sind und auch die Transaktionskosten, die dort entstehen, sind bei vielen anderen Banken günstiger, plus es gibt Depots, die darauf verzichten, die Provision einzubehalten, sondern die diese an Kunden auskehren. Die Stiftung Warentest hat dazu auf ihrer Website eine Übersicht gestellt, welche Depotbanken hier in Frage kommen.
    "Wer keinen Wechsel will, sollte nicht widersprechen"
    Ehring: Wechseln kann lukrativ sein. Wenn ich bleiben möchte bei der Sparkasse, sollte ich dann widersprechen und wie gehe ich dabei vor und was passiert dann?
    Mohn: Wenn Sie bei der Sparkasse bleiben wollen, dann sollten sie nicht widersprechen, weil mit dem Widerspruch wie gesagt eine Depotkündigung verbunden sein kann. Aber dann müssen Sie als Sparkassenkunde in Kauf nehmen, dass für den Fall, dass der BGH irgendwann verbraucherfreundlich entscheiden sollte, also entscheiden sollte, im Bankvertrieb gehören die Provisionen dem Verbraucher, dass es dann sein kann, dass Verbraucher mit dieser AGB-Zustimmung auf ihre Ansprüche verzichten. Das muss man sich gut überlegen, ob man sich auf dieses Spiel einlassen will.
    Ehring: Nach Ihrer Beobachtung, wie verbreitet ist es denn, dass solche Provisionen weitergegeben werden?
    Mohn: Das ist natürlich ein kleines Marktsegment, aber es gibt dieses Marktsegment. Es gibt Honorarberater, die auf Provisionen verzichten, und weil wir in Deutschland kaum sogenannte Nettoprodukte haben, in denen keine Provisionen stecken, funktioniert das Spiel so, dass diese Honorarberater die Provision erst mal annehmen, aber dann an Verbraucher auskehren. Das heißt, diese Angebote finden sich im Markt, aber sie sind momentan noch eine relative Nische.
    Ehring: Das war Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, zum Thema Weitergabe von Vertriebsvergütungen. Herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.