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Agrarbranche
Export als Wachstumsmotor

Die Agrar- und Ernährungswirtschaft hat sich zum viertgrößten Industriezweig Deutschlands gemausert. Beim Außenwirtschaftstag in Berlin klopft sich die Branche denn auch stolz auf die Schulter – und freut sich auf das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.

Von Dieter Nürnberger | 25.06.2014
    Hühnereier werden von Mitarbeiterin Manuela Wohlrab vom Bio-Geflügelhof Deersheim GmbH in der Packabteilung in Osterwieck (Landkreis Harz) verpackt.
    Fünf Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in der Agrar- und Ernährungswirtschaft (dpa / picture alliance / Matthias Bein)
    Vor allem in den vergangenen zehn Jahren hat die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft rasant an Fahrt aufgenommen. Da durfte es beim sechsten Außenwirtschaftstag der Branche nicht an Superlativen fehlen. Inzwischen ist man der viertgrößte Industriezweig in Deutschland - mit rund fünf Millionen Arbeitsplätzen. Der Export ist ein Wachstumsmotor, jeder dritte Euro in der Ernährungswirtschaft wird im Ausland verdient, das entsprach 2013 einem Wert von rund 54 Milliarden Euro. Peter Bleser, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, zieht deshalb gern Parallelen zu den großen Wirtschaftszweigen in Deutschland. Und er drückt es bewusst sportlich aus: "Deutschland ist Weltmeister im Käseexport, bei Autos auch. Und beim Fleisch sind wir Europameister!"
    Beim Außenwirtschaftstag in Berlin, mit rund 400 vor allem internationalen Teilnehmern, geht es um Kontakte und natürlich um den Einstieg in neue Märkte. Ein Schwerpunkt diesmal das geplante transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Für Deutschland eine große Chance - sagt Wolfgang Ingold, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie.
    "Wir haben hierzulande eine Population, die nicht steigt. Wir müssen dafür sorgen, dass die Märkte, die wir insgesamt haben, erweitert werden. Die deutsche Agrar- und Lebensmittelindustrie arbeitet zudem auf einem derartig hohen Niveau, dass jede Möglichkeit, unsere Produkte ohne Handelshemmnisse in das Ausland zu exportieren, genutzt werden muss. Die Produkte selbst schlagen sich dort bestens."
    Importüberschuss trotz alledem
    Doch trotz guter Exportzahlen werden hierzulande weiterhin mehr Agrarprodukte und Lebensmittel ein- als ausgeführt. Ein Zeichen dafür, dass sich der heimische Markt nicht durch Handelsbarrieren verschließe, so Wolfgang Ingold. Dass vor allem Verbraucherschützer das transatlantische Freihandelsabkommen kritisch sehen, weil sie eine Senkung der hiesigen Qualitätsstandards befürchten, kann er nicht verstehen.
    "Was hindert uns daran, beispielsweise das berühmte Chlorhähnchen als Chlorhähnchen so zu kennzeichnen, dass der Verbraucher sich dafür entscheidet, eben dieses Hähnchen zu nehmen. Und umgekehrt: Der, der das nicht möchte, kann frei entscheiden, es eben nicht zu nehmen."
    Marktzugangsstrategien müssten gefördert werden, so der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie.
    Und die globalen Aussichten für mehr Handel sind nicht schlecht. Frank van Tongeren, Leiter der Direktion Handel und Landwirtschaft bei der WTO, der Welthandelsorganisation, skizzierte heute bislang noch unveröffentlichte Prognosen für die mittelfristige Entwicklung der Märkte bis 2023:
    "Die Nachfrage nach Agrarprodukten bleibt stark. Bei tierischen Produkten wird es ein schnelleres Wachstum geben als bei der pflanzlichen Produktion. Im tierischen Sektor bleiben die Preise nach unserer Erwartung hoch. Im pflanzlichen Bereich werden sie etwas zurückgehen, zumindest vor dem Hintergrund zu erwartender normaler Ernten, auch normalen Wachstumsraten in der Produktivität und bei den Erträgen. Wir erwarten ein langsameres Wachstum im Handel - getrieben durch die Zunahme der Produktion den Hauptkonsumregionen."
    Keine schlechten Aussichten für die deutsche Agrar- und Ernährungsindustrie, die sich gegenwärtig als Erfolgsbranche definiert.