In seinem Untersuchungsgebiet Ost-Vorpommern, sagt Bastian, befänden sich 90 Prozent des Agrarlandes im Privatbesitz ehemaliger SED-Agrarfunktionäre. Er nennt sie SED-Latifundistas. Und noch immer, so die weiteren Referenten, würden diese Großunternehmer bevorzugt behandelt, die DDR-Geschichte quasi fortgeschrieben. Während Neueinrichter Jahr für Jahr ihre Schulden abstottern müssten, habe man den Großbetrieben die Altschulden wieder und wieder gestundet. Ungerechtigkeit herrsche auch bei der Verteilung öffentlicher Flächen. Hier hätten die Kleinen kaum eine Chance gegen die Großbetriebe. Und dann sind da noch die EU-Subventionen, die vor allem den Massenproduzenten zu Gute kommen. Jörg Gerke von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft:
Die Argumentation, die wir aus dem Osten hören: 'Wir haben hier die weltmarktfähigen Betriebe.’ Das stimmt so nicht. Wir haben durch das europäische Subventionssystem und so, wie es in Ostdeutschland angewendet wird, eine gigantische Verzerrung des Wettbewerbs. Wir haben keinen Wettbewerb. Wir haben für die Betriebe die Möglichkeit, dass sie bis zu 80 Prozent ihrer Erlöse aus den Prämien ziehen. Und dann ist denen ganz egal, ob der Doppelzentner Weizen 20 Mark, 25 Mark oder 15 Mark kostet.
Eine Entwicklung, die in Ostdeutschland in allen Bereichen Sorgen bereitet, verschärft auch unter den Kleinbauern die Probleme noch zusätzlich: nämlich die Abwanderung der Jugend. Die Stimme eines Landwirts aus Brandenburg:
Letztlich: Wofür machen wir denn alles? Das kann doch wohl irgendwie nicht richtig gewesen sein die Agrarpolitik, die gemacht wurde, wenn uns die Leute entfliehen, weil sie keine Arbeit im ländlichen Raum haben. Und wenn wir trotzdem feststellen können jetzt, dass die Familienbetriebe wesentlich erfolgreicher wirtschaften können und dass wir jetzt erst mal es sogar geschafft habe, mehr Menschen pro Hektar zu beschäftigen als die LPG-Nachfolger, dann denke ich, spricht das schon für sich.
Unter diesen schwierigen Umständen setzt sich unter ostdeutschen Bauern immer mehr der Trend zum Nebenerwerb durch – viele sind nur noch Teilzeitlandwirte. Für deren Verbandspräsidenten trägt diese Entwicklung aber auch Chancen in sich. Bauern seien häufig sehr gute und vielseitige Geschäftsleute – und aus so manchem landwirtschaftlichen Betrieb sei schon eine interessante Unternehmensidee erwachsen.