Archiv


Agrarvergleich Dänemark-Deutschland

Die Jahrestagung des Rationalisierungskuratoriums für Landwirtschaft -kurz RKL - ist traditionell der erste agarwirtschaftliche Termin im neuen Jahr. An diesem Tag kommen die Mitglieder des bundesweit tätigen Beraterrings mit Sitz in Osterrönfeld bei Rendsburg in der Holstenhalle von Neumünster zusammen. Es sind seit je her vor allem die Großlandwirte, denen es um eine unternehmerisch orientierte Landwirtschaft geht, und die nicht am Tropf europäischer und nationaler Subventionen hängen wollen.

Von Annette Eversberg |
    Auf der Tagung des Rationalisierungskuratoriums standen wie immer Fragen der betriebswirtschaftlichen Organisation und der Marktchancen für Agrarprodukte auf der Tagesordnung. Dabei spielen die künftigen WTO-Verhandlungen eine wichtige Rolle. Professor Stefan Tangermann vom Institut für Agrarökonomie der Universität Göttingen kam zu einer positiven Einschätzung der Chancen für die deutschen Landwirtschaft. Abbau von Handelsschranken bedeuten aus seiner Sicht Zugangsmöglichkeiten für die Märkte anderer Länder.

    Stefan Tangermann: Nehmen Sie das Beispiel Japan und Schweinefleisch. Wir exportieren schon jetzt eine ganze Menge aus der Europäischen Union nach Japan, aber die lassen noch längst nicht soviel von unserem Schweinefleisch zu sich, wie wir exportieren könnten. Wir wollen, dass die das ändern, und dass auch andere Länder mehr von unseren Produkten zu sich rein lassen. Dann könnten wir in Zukunft mehr exportieren und brauchten auch weniger Exportsubventionen.

    Die Wirklichkeit beweist es. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2000 wurde Getreide ohne Subventionen exportiert. Auch die Hälfte des Schweinefleisches aus der EU konnte ohne Exportsubventionen ausgeführt werden. Und sogar Milchprodukte. Doch die Tagung des RKL, dem überwiegend Marktfruchtbetriebe und nur etwa 5 Prozent Viehhalter angehören, stand ebenfalls im Zeichen der BSE-Diskussion in Deutschland. RKL-Leiter, Dr. Hartwin Traulsen, sieht durchaus Wirkungen auf die Ackerbaubetriebe.

    Hartwin Traulsen: Natürlich ist die Befürchtung, daß wenn es den Viehhaltern schlecht geht, die das Futter nicht abnehmen, wir ein Riesenproblem kriegen könnten auch für die Marktfruchtbetriebe, die zumindest dann nicht mehr zu derzeitigen Preisen liefern könnten, mengenmäßige Probleme hätten. Es würde ja schon reichen, wenn wir neue Märkte erschließen würden, größere Transportentfernungen in Kauf nehmen müssen, und all dies. Insofern bewegt das die Marktfruchtbetriebe schon ganz erheblich, abgesehen von der Frage: Übertragung über Boden, und was noch so alles im Raume steht.

    Andere befürchten Folgen für die Hersteller von Landmaschinen. Denn wer nicht verdient, der kann auch nicht investieren. Und im letzten Jahr hatte sich die Landmaschinenindustrie über gute Abschlüsse freuen können. Die Berater des RKL sind wichtige Dienstleister für den Landwirt. Er richtet danach seine Entscheidungen aus. Aber gerade im Zuge der BSE-Diskussion und angesichts der Unkenntnis vieler Landwirte über die Inhaltsstoffe im Tierfutter stellt sich die Frage nach der Eigenständigkeit der Entscheidungen gegenüber dem Berater und dem Futtermittelhersteller. Dafür sieht der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes Otto Dietrich Steensen jedoch keinen Handlungsbedarf.

    Otto Dietrich Steensen: Ich als Bauer habe überhaupt keine Möglichkeiten, meine Futtermittel zu kontrollieren. Wenn wir dahin kämen, würde ich sagen, dann gibt es keine Landwirtschaft. Wir haben immer auf Vertrauen gearbeitet. Und ich wehre mich auch gegen Pauschalierung. Wer wirklich in dieser Situation noch Schweinereien macht, dem muss man das Handwerk legen.

    Das gleiche Vertrauen will der Bauernpräsident auch nach wie vor ungefragt den Wissenschaftlern entgegenbringen, die neue Verfahren für die landwirtschaftliche Praxis entwickeln. Stefan Tangermann von der Universität Göttingen ist dagegen für eine stärkere Kontrolle der Agrarwirtschaft und -politik durch Instanzen, die nicht zum Bereich der Landwirtschaft zählen. Konkret betrifft das das Agrarministerium:

    Stefan Tangermann: In meinen Augen gehört beispielsweise Verbraucherschutz, auch dort wo unmittelbar die Agrarprodukte betroffen sind, nicht ins Landwirtschaftsministerium, sondern an eine andere Stelle in der Regierung.

    Während in Deutschland noch diskutiert wird, hat man in Dänemark schon längst gehandelt. Die Agrarpolitik wird dort vom Ziel einer umweltgerechten Produktion, des Verbraucherschutzes und angemessener Preise für die Agrarprodukte bestimmt. Als Dänemark im März 2000 seinen ersten BSE-Fall hatte, griff die ehemalige Umweltkommissarin der EU und jetzige Landwirtschaftsministerin Ritt Bjerregaard hart durch, erläutert Claus Erichsen vom Landwirtschaftlichen Hauptverein im dänischen Tingleff.

    Claus Erichsen: Die nationalen Regeln ist ja bei uns, dass man bei epidemischen Krankheiten von einer Seite aus keult, um da klare Linien zu haben.

    Aber es geschah noch mehr. Die Rinderzerlegung wurde gestoppt, um zu verhindern, dass BSE-gefährdete Teile wie Hirn und Rückenmark mit Fleisch in Berührung kamen. Eine neue Schlachttechnik garantierte, dass auch Milz und Darm nicht in den Verkauf gelangten. Diese EU-Empfehlung des Ausschusses für Ernährung wurde damals noch von Deutschland ignoriert und das dänische Verhalten kritisiert. Aber auch dänischen Läden wurde gehandelt. Claus Erichsen:

    Claus Erichsen: Da wurden sehr strenge nationale Regeln gesetzt und eigentlich alle Fleischwaren, in der Zeit, in denen der Fall war, wurden von den Geschäften geräumt und eigentlich destruiert.

    BSE-Tests sind seitdem die Regel, und auch die Tierärzte wurden zur genauen Einhaltung der EU-Bestimmungen bei der Lebendbeschau von Rindern angehalten. Die Landwirte in Dänemark stöhnen zwar unter der Belastung, erkennen aber - so Claus Erichsen - auch die Vorteile:

    Claus Erichsen: Man muss immer sehen: Der Landwirt und der Verbraucher, die sollen zusammenarbeiten um diese Sache. Wir wollen ja diese Produkte herstellen, die der Verbraucher wünscht, und wir wollen gerne Vertrauen in den Produkten einbauen, so dass wir sehr offen sind gegenüber unseren Produktionsmethoden, weil wir haben nichts zu verbergen.