Auch sechs Wochen nach der umstrittenen Präsidentenwahl hat sich die Situation in Iran noch immer nicht beruhigt. Zwar hatte sich Mir Hossein Mussawi nach der ersten Protestwelle eine gewisse Zeit zurückgezogen, doch spätestens seit dem Freitagsgebet vor zwei Wochen, das sein Unterstützer, Ex-Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandjani hielt, steht der Oppositionsführer wieder stärker im Fokus der Öffentlichkeit.
Aber auch in der Zwischenzeit hatte es ständig rumort, selbst wenn es die Öffentlichkeit nicht groß mitbekam. So las Ende Juni im Teheraner Parlament der Abgeordnete Ali Khani, ein Theologe, Präsident Ahmadinejad und seinen Anhängern mit Blick auf den umstrittenen Urnengang deutlich die Leviten:
"Sie haben die Stimmen der Bevölkerung durch Raub an öffentlichen Mitteln unter dem Deckmantel der sogenannten Gerechtigkeitsakten und Ähnlichem gekauft. Das taten sie mit Hilfe von Organisationen und Büros, die von ihnen kontrolliert werden. Sie haben mithilfe von staatlichen Medien und mithilfe einer von ihnen gelenkten Presse ein Klima der Verleumdung und Undurchsichtigkeit geschaffen. Imam Khomeini hat einmal Herrn Mussawi gesagt: Ihre Widersacher sind nicht einmal in der Lage, alleine eine kleine Bäckerei zu führen."
Wenngleich weniger emotional, dafür aber nachhaltiger war die Freitagspredigt von Ex-Präsident Rafsandjani. Der Geistliche sprach zum Ärger zahlreicher Konservativer von einer "Krise", in der sich das Land befindet, und forderte eine offene Debatte über den Ausgang der Wahl sowie die sofortige Freilassung der infolge der Massenproteste festgenommenen Oppositionellen. Zudem zitierte er einen Rat des Propheten Mohammed gegenüber Imam Ali, aus dem man die Forderung heraushören konnte, der offiziell wiedergewählte Staatspräsident solle zurücktreten:
"Wenn du siehst, dass das Volk dich will und das mit einer gewissen Mehrheit auch zeigt, dann akzeptiere, es zu führen und kümmere dich um ihr Anliegen. Wenn die Menschen dir aber nicht folgen und Probleme entstehen, lass sie doch, Gott wird dir eine andere Aufgabe geben."
Mahmud Ahmadinejad hatte sich von Anfang an wenig aus den Protesten gegen die Präsidentschaftswahl gemacht. Für ihn war klar, dass sich bei den Demonstrationen um illegale Handlungen handelte, gegen die die Sicherheitskräfte vorzugehen hatten. Und so reiste er wenige Tage nach dem Urnengang auf dem Höhepunkt der Unruhen zur sogenannten Shanghai-Konferenz ins russische Jekaterinburg. Dort wurde er vom russischen Staatspräsidenten fast brüderlich empfangen und trotz des ungeklärten Wahlausganges herzlich zur offiziellen Wiederwahl beglückwünscht. Das Verhalten Dmitri Medwedews stieß international auf Irritation und bei vielen Iranern auf Besorgnis. Entsprechend waren beim Freitagsgebet von Rafsandjani erstmalig in Iran Tod-Russland-Rufe und handfeste Bedenken zu vernehmen:
"Vor der Oktoberrevolution hat Russland nach mehreren Kriegen einen großen Teil des Irans annektiert. Während der Sowjetherrschaft hat die UdSSR dann durch eine Handlangerpartei massiv Einfluss auf die iranische Innenpolitik geübt. Nun scheint es, wie heute viele Iraner glauben, dass Russland sozusagen mit der Karte der islamischen Republik auf der weltpolitischen Bühne spielt. Das sind alles gute Gründe, um hier sehr empfindlich zu reagieren."
Angesichts des innigen Empfangs von Ahmadinejad in Russland hieß es in iranischen Oppositionskreisen, der Präsident wolle sich wegen stark fallender Sympathiewerte im eigenen Land die Unterstützung holen vom mächtigen Nachbarn vom gegenüberliegenden Ufer des Kaspischen Meeres. Ob diese Lesart so stimmt, muss offenbleiben. Gleichwohl bläst dem Präsidenten zu Hause ein immer stärkerer Wind ins Gesicht, vor allem aus der Theologenschaft.
So äußerten bereits nach der Wahl vier der zwölf Großayatollahs Kritik an der Wahl. Hinzu kam, dass sich reformorientierte Geistliche den Demonstranten anschlossen und es selbst in der heiligen Ghom zu Protesten kam.
Härter allerdings dürfte für den Präsidenten der Widerstand konservativer Kleriker gewesen sein, die sich gegen die Ernennung seines Stellvertreters Esfandiar Rahim Maschaie stemmten, der darin gipfelte, dass Ahmadinejad seinen Vize auf Geheiß Ayatollah Khameneis entlassen musste. Zudem meldete das iranische Fernsehen in einer überraschenden Meldung Ahmadinejads Gegenspieler Rafsandjani in einem Atemzug mit dem geistlichen Führers:
"Ayatollah Rafsandjani unterstrich: Meine Hoffnung ist der Führer, der aufgrund seiner Erfahrung und Ansichten einen Ausweg aus der Krise findet. Meine Position für eine kurzfristige Beilegung des Problems ist die, die ich auf dem Freitagsgebet erläutert habe."
Dass Ex-Präsident Rafsandjani, der keine zehn Tage zuvor noch kräftig die Regierung kritisiert hatte, nun unkommentiert in den staatsoffiziellen Medien wiedergegeben wurde, war ein Zeichen - ein Zeichen, dass die Opposition Rücken- und der Präsident wirklich Gegenwind hatte. Zudem ließ der geistliche Führer das große Kahrisak-Gefängnis schließen, in dem die meisten derjenigen Demonstranten saßen, die während der Proteste gegen das umstrittene Wahlergebnis festgenommen wurden.
Von einem wirklichen Erfolg der Gegner Ahmadinejads konnte dennoch nicht die Rede sein. Denn obgleich selbst der Präsident die Maßnahme des Staatsoberhauptes begrüßte - er sprach von der "notwendigen Milde des Islams" - sahen sich die Anhänger der Oppositionsbewegung nebst ihrem Kopf Mussawi am Donnerstag abermals prügelnden Sicherheitskräften gegenüber, als sie eine friedliche Trauerfeier zum Gedenken an die Opfer der bisherigen Proteste abhalten wollten. Das Kräftemessen in Iran scheint also auf unbestimmte Zeit weiterzugehen.
Aber auch in der Zwischenzeit hatte es ständig rumort, selbst wenn es die Öffentlichkeit nicht groß mitbekam. So las Ende Juni im Teheraner Parlament der Abgeordnete Ali Khani, ein Theologe, Präsident Ahmadinejad und seinen Anhängern mit Blick auf den umstrittenen Urnengang deutlich die Leviten:
"Sie haben die Stimmen der Bevölkerung durch Raub an öffentlichen Mitteln unter dem Deckmantel der sogenannten Gerechtigkeitsakten und Ähnlichem gekauft. Das taten sie mit Hilfe von Organisationen und Büros, die von ihnen kontrolliert werden. Sie haben mithilfe von staatlichen Medien und mithilfe einer von ihnen gelenkten Presse ein Klima der Verleumdung und Undurchsichtigkeit geschaffen. Imam Khomeini hat einmal Herrn Mussawi gesagt: Ihre Widersacher sind nicht einmal in der Lage, alleine eine kleine Bäckerei zu führen."
Wenngleich weniger emotional, dafür aber nachhaltiger war die Freitagspredigt von Ex-Präsident Rafsandjani. Der Geistliche sprach zum Ärger zahlreicher Konservativer von einer "Krise", in der sich das Land befindet, und forderte eine offene Debatte über den Ausgang der Wahl sowie die sofortige Freilassung der infolge der Massenproteste festgenommenen Oppositionellen. Zudem zitierte er einen Rat des Propheten Mohammed gegenüber Imam Ali, aus dem man die Forderung heraushören konnte, der offiziell wiedergewählte Staatspräsident solle zurücktreten:
"Wenn du siehst, dass das Volk dich will und das mit einer gewissen Mehrheit auch zeigt, dann akzeptiere, es zu führen und kümmere dich um ihr Anliegen. Wenn die Menschen dir aber nicht folgen und Probleme entstehen, lass sie doch, Gott wird dir eine andere Aufgabe geben."
Mahmud Ahmadinejad hatte sich von Anfang an wenig aus den Protesten gegen die Präsidentschaftswahl gemacht. Für ihn war klar, dass sich bei den Demonstrationen um illegale Handlungen handelte, gegen die die Sicherheitskräfte vorzugehen hatten. Und so reiste er wenige Tage nach dem Urnengang auf dem Höhepunkt der Unruhen zur sogenannten Shanghai-Konferenz ins russische Jekaterinburg. Dort wurde er vom russischen Staatspräsidenten fast brüderlich empfangen und trotz des ungeklärten Wahlausganges herzlich zur offiziellen Wiederwahl beglückwünscht. Das Verhalten Dmitri Medwedews stieß international auf Irritation und bei vielen Iranern auf Besorgnis. Entsprechend waren beim Freitagsgebet von Rafsandjani erstmalig in Iran Tod-Russland-Rufe und handfeste Bedenken zu vernehmen:
"Vor der Oktoberrevolution hat Russland nach mehreren Kriegen einen großen Teil des Irans annektiert. Während der Sowjetherrschaft hat die UdSSR dann durch eine Handlangerpartei massiv Einfluss auf die iranische Innenpolitik geübt. Nun scheint es, wie heute viele Iraner glauben, dass Russland sozusagen mit der Karte der islamischen Republik auf der weltpolitischen Bühne spielt. Das sind alles gute Gründe, um hier sehr empfindlich zu reagieren."
Angesichts des innigen Empfangs von Ahmadinejad in Russland hieß es in iranischen Oppositionskreisen, der Präsident wolle sich wegen stark fallender Sympathiewerte im eigenen Land die Unterstützung holen vom mächtigen Nachbarn vom gegenüberliegenden Ufer des Kaspischen Meeres. Ob diese Lesart so stimmt, muss offenbleiben. Gleichwohl bläst dem Präsidenten zu Hause ein immer stärkerer Wind ins Gesicht, vor allem aus der Theologenschaft.
So äußerten bereits nach der Wahl vier der zwölf Großayatollahs Kritik an der Wahl. Hinzu kam, dass sich reformorientierte Geistliche den Demonstranten anschlossen und es selbst in der heiligen Ghom zu Protesten kam.
Härter allerdings dürfte für den Präsidenten der Widerstand konservativer Kleriker gewesen sein, die sich gegen die Ernennung seines Stellvertreters Esfandiar Rahim Maschaie stemmten, der darin gipfelte, dass Ahmadinejad seinen Vize auf Geheiß Ayatollah Khameneis entlassen musste. Zudem meldete das iranische Fernsehen in einer überraschenden Meldung Ahmadinejads Gegenspieler Rafsandjani in einem Atemzug mit dem geistlichen Führers:
"Ayatollah Rafsandjani unterstrich: Meine Hoffnung ist der Führer, der aufgrund seiner Erfahrung und Ansichten einen Ausweg aus der Krise findet. Meine Position für eine kurzfristige Beilegung des Problems ist die, die ich auf dem Freitagsgebet erläutert habe."
Dass Ex-Präsident Rafsandjani, der keine zehn Tage zuvor noch kräftig die Regierung kritisiert hatte, nun unkommentiert in den staatsoffiziellen Medien wiedergegeben wurde, war ein Zeichen - ein Zeichen, dass die Opposition Rücken- und der Präsident wirklich Gegenwind hatte. Zudem ließ der geistliche Führer das große Kahrisak-Gefängnis schließen, in dem die meisten derjenigen Demonstranten saßen, die während der Proteste gegen das umstrittene Wahlergebnis festgenommen wurden.
Von einem wirklichen Erfolg der Gegner Ahmadinejads konnte dennoch nicht die Rede sein. Denn obgleich selbst der Präsident die Maßnahme des Staatsoberhauptes begrüßte - er sprach von der "notwendigen Milde des Islams" - sahen sich die Anhänger der Oppositionsbewegung nebst ihrem Kopf Mussawi am Donnerstag abermals prügelnden Sicherheitskräften gegenüber, als sie eine friedliche Trauerfeier zum Gedenken an die Opfer der bisherigen Proteste abhalten wollten. Das Kräftemessen in Iran scheint also auf unbestimmte Zeit weiterzugehen.