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Ahnung von Tuten und Blasen

Dass sie von Tuten und Blasen tatsächlich mehr als eine Ahnung haben, stellen die Tiermediziner der Münchner LMU regelmäßig unter Beweis. Nämlich immer dann, wenn das fakultätseigene Blasorchester antritt. Ganz selbstbewusst bezeichnet sich BlechVet auf der eigenen Internetseite als das "wahrscheinlich führende tiermedizinische Blechbläserensemble Europas" - guten Gewissens, denn von einem zweiten ist bislang wenig bekannt.

Von Birgit Fenzel |
    Wenn abends die Lichter in den Stallungen der Tierklinik ausgehen, hört man aus dem Hörsaal manchmal seltsame Geräusche. Hier, wo tagsüber angehende Tierärztinnen und Tierärzte erfahren, wie man einer Kuh zu Mutterfreuden verhilft, werden nach Feierabend regelmäßig andere Töne angeschlagen.

    Im Hörsaal der gynäkologischen Fakultät haben sich etwa zwei Dutzend Leute versammelt - zur Blasorchesterprobe der Veterinäre. Liebevoll zusammengetrommelt von Professor Joachim Braun, der im Orchester Posaune spielt.

    " Ich spiele schon von Anfang an mit. Wir haben vor zehn Jahren angefangen - da kamen ein paar Studenten, die ich zufällig getroffen habe und in der Fakultät zu dritt zu viert etwas spielen wollten und ich habe gerade angefangen Posaune zu spielen und dann haben wir gesagt: Och könnten wir doch miteinander was machen und da war dann gleich meine Idee, wir müssen das richtig organisieren und seither spielen wir regelmäßig. "

    Was vor einer Dekade klein anfing, ist mittlerweile zu einem stattlichen Orchester angewachsen. Dass zu manchen Proben bis zu 20 Musikanten antreten, ist größtenteils auf den Einsatz des Professors zurückzuführen.
    " Ich wurde schon verschrien, weil ich in jeder Vorlesung gesagt habt: Wir brauchen noch dies oder jenes und von ein zwei weiß ich, die ein Instrument spielen, aber vielleicht kein Interesse haben und das geheim halten wollen, damit der Druck nicht zu groß wird. "

    Doch gibt er niemals Ruhe, denn die Fluktuation im Orchester ist groß - schließlich bleiben nicht alle nach Abschluss des Studiums in der Band. Dabei sitzt Braun für seine Jagd auf Nachwuchsbläser in München eigentlich goldrichtig. Streicher wären da schon schwerer zu finden:

    " Wir haben vorwiegend Studierende aus dem ländlichen Raum ... Es sind eher Kinder aus Handwerksfamilien, Landwirtsfamilien, die daheim auch im Blasorchester mitspielen oder im Posaunenchor. Also es ist eher der Hintergrund, dass man da irgendwo mitmacht und ein Instrument lernt - schon vielleicht von den Eltern angeregt wird, nicht so etwas, wo schon der Großvater die Bratsche im Orchester gespielt hat und das auf den Enkel weitergeben wird."

    Damit die Besetzung stimmt, dürfen bei BlechVet auch Exoten mitspielen - und damit ist nicht nur das Saxophon gemeint, sondern auch Leute, die mit Tiermedizin nichts am Hut haben wie die Tubaspielerin Claudia Baumer. Sie gehört zu den Exoten in der Band, denn sie ist Lehrerin an einer Sonderschule. Mit Tiermedizin verbindet sie nur die Tatsache, dass sie mit einem von Professor Brauns Studenten liiert ist. Und als der Wind von ihrem Hobby bekam, gab es kein Entrinnen mehr für sie.

    " Das war so mit der größte Herzenswunsch von Professor Braun, dass ein tiefes Blech mitspielt und die erste Zeit hat er immer Tuba-Shuttle gespielt, weil ich hier in der Nähe in einem Wohnheim war und er gesagt hat: Wenn die Tuba mitspielt - die holt er sogar ab. Da musste ich nicht einmal zu Fuß gehen, weil so eine Tuba ist ja auch hübsch zu tragen. Das war dann durchaus ein Argument, was einen zum Bleiben anregt. "

    Ein anderes Argument zu bleiben war für sie der Spaß an der Sache. Denn gespielt und geprobt wird ohne jeden Leistungsdruck. Genau das gefällt auch Christiane Geissendörfer so gut an BlechVet. Sie spielt Trompete und ist seit fünf Jahren dabei - aus diversen Gründen:

    " Einmal, dass man gemeinsam was macht, was von der Uni aus ist, aber mit der Uni wieder gar nicht zu tun hat. Dann hat man immer verschiedene Stufen dabei: Also die einen, die gerade noch im ersten Semester vor sich hinwuseln (und durch die ganze Chemie noch kämpfen) und die anderen, die schon fertig sind - so dass man immer ein schönes Spektrum hat, wo man auch Land sieht: Es wird besser. Also das macht viel aus und Musik machen ist immer gut. "

    Der persönliche Kontakt zu den Kommilitonen ist Gold wert, meint auch Barbara Auinger, die Tenorhorn spielt. Das Studium wird so weniger anonym und überdies bekommt man von den älteren Semestern gute Tipps:

    " Ja die sind unbezahlbar. Also Erfahrungswerte bei den Prüfungen oder auch einfach so- auf was man aufpassen muss - pass auf: Du musst dich da um die Praktikumsstelle kümmern oder irgend so was. "

    Wie die meisten lässt sie nur ungern eine Probe ausfallen. Immerhin gibt es jedes Jahr auch ein paar Gelegenheiten aufzutreten. Gespielt wird querbeet alles, was Spaß macht und passt: vom Bayerischen Defiliermarsch über Maple Leaf Rag bis hin zu Brass ist alles drin. Und auch für Promotionsfeiern der eigenen Fakultät hat BlechVet den passenden Klassiker parat: Pipi Langstrumpf.