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Akademie für Bestsellerautoren

Zum 60. Geburtstag hat der Lübbe-Verlag Deutschlands erste Schreibschule für Unterhaltungsliteratur gestartet. In der "Academy" soll professioneller Autorennachwuchs ausgebildet werden - nicht ganz ohne Eigennutz.

Von Ulrike Burgwinkel | 01.03.2013
    Entweder man kann’s oder man kann’s nicht.

    "Ohne Talent geht es nicht, aber nur mit Talent allein kommt man nicht allzu weit."

    Der Schriftsteller Mario Giordano, sechsfacher Tatort-Drehbuchschreiber und mit dem "Experiment", der äußerst erfolgreichen Verfilmung seines Romans "Black Box", einer Fiktion über das berüchtigte Stanford-Prison-Experiment bekannt geworden, hält wenig vom Geniekult.

    "Es gibt gerade beim Schreiben eine ganze Menge, was man lernen muss: Spannungsaufbau, Dramaturgie, Figurenführung, Dialoge und so eine Academy ist in der Lage, Know-how zu vermitteln, was zum Handwerkszeug oder Rüstzeug von Autoren gehört."

    Arbeitsdisziplin gehöre ebenso dazu; die genaue Planung des Tages sei nicht nur für Fulltime-Schreiber, sondern gerade auch für solche Autoren wesentlich, die zunächst noch parallel einem Brotberuf nachgehen. Vorbilder könnten im übrigen auch nicht schaden.

    "Wer schreiben will, sollte lesen, das geht nicht anders, macht ja auch Spaß und man kann aus guten Büchern ganz viel lernen. Aber es gibt ja noch die Kniffs und Tricks, die man von den Profis hören kann und dann fällt es ein bisschen leichter."

    Der Leiter der Lübbe- Academy, Jan Wielpütz hat selbstverständlich Profis als Dozenten ausgewählt, überwiegend aus dem Lübbe-Autorenpool. Profis, die nicht nur Thriller, Liebes-, Historienromane, Krimis, oder Fantasy erfolgreich schreiben, sondern die ihr Wissen auch weitergeben können und bereit sind, der Konkurrenz auf die Sprünge zu helfen.

    "Es fehlt an professionellem Autorennachwuchs, woran es nicht fehlt, das sind Manuskripte. Wir bekommen hier im Verlag pro Jahr rund 6000 Manuskripte eingeschickt, das sind unverlangte Manuskripte und das Problem ist eben, gut ausgebildete Autoren zu finden, da haben wir in Deutschland einfach eine andere Tradition als zum Beispiel in amerikanischen und englischen Ländern. Da haben wir die lange Tradition des "creative writing", da können Sie an jeder Uni schreiben lernen und Schreiben wird dort als ein Handwerk begriffen."

    Und nicht als genialische Kunst. Uneigennützig kann eine solche Academy nicht gedacht sein. Wenn die Academy auch nicht direkt Gewinn in barer Münze abwirft, sondern Geld kostet, ist die Schreibschule langfristig als kommerziell orientierte Offensive zu verstehen. Besonders im Bereich der E-Books, des Digital Publishing fehlt der Nachwuchs. So entwickelt der Verlag das Konzept für einen digitalen Serienroman wie zum Beispiel "Coffeeshop" oder "Apocalypsis" und verschiedene Autoren liefern jede Woche zwischen 50 und 100 Manuskriptseiten zu. Die findet man nicht auf der Straße. Darüber hinaus wird in den Workshops und Seminaren der Blick hinter die Kulissen des Buchmarktes gelenkt.

    "Ich muss einfach wissen, in welcher Branche arbeite ich denn da, nach welchen Regeln funktioniert diese Branche."

    Das nützt dem zukünftigen Autor ebenso wie dem Verlag. Sind die Einstiegsseminare noch offen für Jedermann, Hobbyschreiber, Tagebuchenthusiasten, Lyrikapologeten oder Möchtegernschriftsteller, so trennt sich- oder genauer: trennt der Verlag- später in einem Masterprogramm die Spreu vom Weizen. In diesem "zweiten Standbein" der Academy wird ein Jahr lang gezielt geschult für 4000 Euro oder mit einem Stipendium. Letzteres wiederum räumt dem Verlag die Option auf das Romanprojekt ein.

    "Im Fokus steht natürlich der klassische Roman, der Unterhaltungsroman. Wir werden in Zukunft aber auch Seminare anbieten für Übersetzer, für Redakteure, für Ghostwritern und wir werden auch in den Drehbuchbereich gehen; denn unser Ziel ist es, dass Sie als Autor vom Schreiben leben können und dazu gehört eben, dass Sie eine breite Basis an Fähigkeiten haben, dass Sie nicht nur einen belletristischen Roman schreiben können, sondern auch ein Sachbuch oder auch mal ein Drehbuch."

    Und wie lernt man das am besten? Mario Giordano.

    "Man lernt am meisten, indem man sich jemanden sucht, der so schreibt, wie man selber gern schreiben würde und versucht, den nachzuahmen. Dann merkt man, dass das nicht geht. Und in dem Scheitern lernt man ganz viel. Das ist fast ein magischer Prozess, den man durch Workshops unterstützen und begleiten kann. Das ist ja oft sehr quälend und frustrierend, aber man lernt dadurch sehr viel. Man könnte sich noch so sehr bemühen, so zu schreiben wie Mario Giordano, so wie ich mich bemüht habe, so zu schreiben wie Ray Bradbury, mein großes Idol. Das ist mir nie gelungen und dabei ist dann irgendwann mal Mario Giordano herausgekommen."