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Akademische Seeluft schnuppern

Die Hochschule Bremerhaven hat sich das steigende Interesse an Kreuzfahrten, die mittlerweile auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich sind, zunutze gemacht. Sie bietet einen Bachelor-Studiengang Seetouristik an. Die Inhalte sind vielfältig: Schiffbau, Nautik, Ozeanografie oder Marketing verlangen von den Studierenden eine frühe Spezialisierung.

Von Christina Selzer | 29.08.2007
    "Ach ja, Traumschiff. Ich denke, dass man die Klischees wiederfinden kann, auf der anderen Seite ist es aber auch ganz anders. Ausgebildet ist man fürs mittlere Management, das heißt, man wäre eher an Land zu finden."

    Annika Fröhling, 23 Jahre alt und frischgebackene Absolventin des Bachelor-Studiengangs Seetouristik wird in ihrem späteren Berufsleben also nicht in weißer Uniform auf einem Kreuzfahrtschiff über die Meere reisen. Doch das scheint sie nicht zu stören. Ihre Interessen liegen eher woanders:

    "Ich persönlich interessiere mich sehr für ‚Human Resource Management’, Personalführung. Und mein Ziel ist es, in einer netten Firma anzufangen und im Personalbereich arbeiten zu können."

    Seetouristik, das ist ein betriebswissenschaftlicher Studiengang mit einer Spezialisierung auf die Tourismus- und Kreuzfahrtbranche. Die Fächer, die dort gelehrt werden, lassen sowohl an weite Reisen und blaue Meere, aber auch an handfeste Wissenschaft denken: Friederike Knolle zählt ein paar auf:

    "Wir hatten Schiffdesign, Rotenplanung, Schiffbau, Geographie: Fächer, die man sonst nicht so hat."

    Auch Friederike Knolle ist gerade fertig geworden. Das Studium hat ihr viel Spaß gemacht, gerade weil das Stoff-Pensum so vielseitig war:

    "Wir hatten zum Beispiel den Routenplaner von Hapag Lloyd und der hatte mit uns durchgenommen, worauf man so achten muss. Zum Beispiel auf Feiertage und auf Tidenzeiten und was es alles ausmacht. Dann hatten wir Marketing, Ozeanographie, Nautik, das war interessant, weil wir selbst Kurse ausrechnen mussten. Zum Beispiel mussten wir ausrechnen, wie man nach Helgoland und zurück kommt und wie lange man braucht bei welcher Startzeit."

    Im Studium sollen die Grundlagen gelegt werden. Damit die Absolventen überhaupt wissen, worüber sie sprechen, wenn sie später einmal bei einem Kreuzfahrt-Unternehmen arbeiten. Professor Michael Vogel von der Hochschule Bremerhaven schätzt, dass die Chancen für Akademiker auf dem Touristik-Arbeitsmarkt sehr gut sind. Da gebe es viele verschiedene Arbeitsfelder:

    "Jedes Kreuzfahrtunternehmen hat kaufmännische Funktionen, Buchhaltung, da können unsere Studenten rein. Es gibt Vertrieb über Reisebüro oder Internet, dieser Betrieb muss gesteuert werden. Das Produkt muss entwickelt geplant werden: Wohin fährt das Schiff? Wie wird es versorgt? All diese Dinge - Koordination, Produktmanagement zum Beispiel: Was sind die Zielgruppen, welche preise kann man festsetzen, welches Image soll das Schiff haben? Das ist etwas, was eine Menge unserer Absolventen gerne machen möchten."

    Die Studenten sind aber nicht auf die Kreuzfahrt festgelegt. Um herauszufinden, wo die Interessen liegen, ist ein drei- bis sechsmonatiges Praktikum Pflicht. Für die meisten eine gute Gelegenheit, die Arbeit auf einem Schiff zu testen. Da lernen die angehenden Führungskräfte die Branche von der Pieke auf kennen: Wer schon einmal an einer Rezeption gearbeitet und Kunden betreut hat, der lernt die Ansprüche seiner Gäste gut kennen. Wer beim Ausflugsprogramm dabei ist, weiß später auch, worauf es ankommt, wenn er Programme zusammenstellt. Friederike Knolle hat zum Beispiel herausgefunden, dass sie auf keinen Fall näher mit Gästen zu tun haben möchte:

    "Bei mir ist die Entscheidung früh gefallen. Ich habe im zweiten Semester ein Praktikum im Hotel gemacht und vorher gekellnert. Und mir war klar, dass ich nicht mit Gästen arbeiten möchte. Zu anstrengend, man ist immer die Person, die den Kopf hinhalten muss und den Ärger bekommt!"

    Jetzt möchte Friederike erst einmal für ein Jahr nach England. In Bath wird sie ihren Masterabschluss in Markting machen. Und anschließend würde sie am liebsten bei einer Unternehmungsberatung arbeiten. Annika wird im Herbst an Bord eines Schiffes gehen. Über Winter wird sie dann durch die Karibik schippern und Gäste betreuen. Zum Geld verdienen. Also doch ein bisschen Traumschiff.