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Akademisches Asyl

Die weißrussische Regierung hat im Sommer die private Europäische Humanistische Universität in Minsk geschlossen. Eine politische Entscheidung: Staatspräsident Alexander Lukaschenko passte der freie Geist nicht, der an der Universität wehte. 1000 Studierende sind von der Schießung betroffen. Die Viadrina in Frankfurt/Oder, Partneruniversität der EHU, hat ihre Hilfe angeboten. 40 deutschsprachige Studierende aus Minsk können jetzt in Frankfurt/Oder weiterlernen.

Von Claudia van Laak |
    16 Stunden haben sie im Zug gesessen, jetzt sind sie hungrig und durstig, müde und aufgeregt zugleich. Die 22jährige Olga blickt etwas verwundert auf den großen Stapel Prospekte, den ihr jemand in die Hand gedrückt hat.

    Wir haben alles verloren, ich habe vier Jahre da studiert, die Uni wurde einfach geschlossen, wir müssen irgendwie weitermachen.

    Studierende der Uni Frankfurt/Oder nehmen die Minsker Kommilitonen an die Hand. Erklären ihnen, wo sich das Studentenwohnheim befindet und dass sie sich bei der Ausländerbehörde melden müssen.

    Wir gehen heute Nachmittag noch zur Bank und machen noch ein Bankkonto, das musst du aufheben, das geben wir dann beim Immatrikulationsamt ab.

    Olga nickt, viel sagen kann sie noch nicht, die neuen Eindrücke verwirren sie. Jetzt bekommen die Studierenden ihre ersten Euro-Scheine. Dem Engagement der Viadrina ist es zu verdanken, dass alle 40 ein Stipendium erhalten, vom Auswärtigen Amt, von der Konrad-Adenauer- und der Heinrich-Böll-Stiftung. Die ersten zwei Monatsraten werden gleich ausgezahlt.

    Tatjana, hier bitte eine Unterschrift, (Raschel), 1026 Euro, ja.

    Norbert Morach wirft einen Blick in den Raum. Geht auch alles seinen Gang? Der Dozent für studentische Angelegenheiten hat mit viel Engagement die Ankunft der Minsker vorbereitet. Alle haben hervorragend mitgearbeitet, sagt er.

    Die deutsche Botschaft vor Ort, alle Einrichtungen, Ausländerbehörde, Versicherungen, Banken haben wunderbar miteinander kooperiert, das ist eine wunderbare Erfahrung für mich.

    Zunächst ein Jahr lang können die Weißrussen in Frankfurt/Oder studieren. Die Viadrina bemüht sich im Moment darum, auch einigen Dozenten der geschlossenen Minsker Uni Lehraufträge in Frankfurt/Oder zu vermitteln. Die Europäische Humanistische Universität existiert zurzeit nur noch virtuell. Zunächst wurde der Hochschule der Mietvertrag gekündigt, dann die Lizenz entzogen.

    Die Uni war wirklich sehr sehr gut, Unabhängigkeit und Freiheit, unsere Uni hat nicht allen Leuten gefallen und die haben was gemacht.

    Die Leute kriegten europäisches Denken und europäische Orientierung, sie dachten und sie denken ganz anders, deshalb war sie bei unserer Regierung nicht sehr beliebt.

    Ob die Minsker Privatuni vielleicht irgendwann eine neue Lizenz bekommt, ist derzeit nicht abzusehen. Umso glücklicher waren die Studierenden über das Angebot ihrer Partneruniversität aus Frankfurt/Oder. Der herzliche Empfang und die gute Betreuung hat sie zusätzlich überrascht.

    Wir sind alle sehr sehr dankbar.

    Wir sind wirklich dankbar von unserer Seite, dass sie uns eine Möglichkeit geben, weiter zu gehen.

    Das ist sehr gut, dass wir diese Möglichkeit haben.

    Ich bin wirklich überrascht, dass die Deutschen uns in dieser Situation geholfen haben, ich würde gerne meinen Abschluss hier machen, wir werden sehen.