Handy-Ortung im Notfall – dieses Projekt der Björn-Steiger-Stiftung läuft seit zwei Jahren, 620.000 Menschen haben sich registriert. Diese Woche hat die Steiger-Stiftung den Dienst erweitert. Jeder kann sich unter steiger-stiftung.de eine "Notfallakte" anlegen: Wer ist Hausarzt? Welche Operationen? Welche Medikamente? Bei Notrufen von registrierten Handys sieht der Disponent in der Rettungsstelle dann auch den Knopf "Notfallakte" auf seinem Bildschirm und kann sie an den Notarzt übermitteln. Diese Krankendaten seien sehr hilfreich, sagt der Notarzt Stefan Gromer. Er berät die Björn-Steiger-Stiftung und leitet das Deutsche Institut für Notfallmedizin in Tübingen:
"Wenn ich Daten bekomme über Krankheitsgeschichte, über Operationen, die abgelaufen sind, über aktuelle Medikation, dann ist das äußerst hilfreich. Beispielsweise ist jemand Asthmatiker oder er hatte einen Herzinfarkt, wenn ich dann das Stichwort "Atemnot" höre von meiner Leistelle oder aus der Notfallakte zu erfahren, was liegt als Grunderkrankung vor, das kann deutlich schneller die effektivere Maßnahme bewirken."
Der Haken daran: Jeder kann für wildfremde Menschen eine Notfallakte anlegen, das hat der Deutschlandfunk überprüft. Alles was böswillige Zeitgenossen benötigen, ist eine gültige Handy-Nummer. Beim Anlegen einer Notfallakte wird nämlich nicht überprüft, ob die Daten wirklich vom Inhaber des Handys eingegeben werden. Weder Namen noch Adresse werden überprüft. Selbst die Richtigkeit der medizinischen Angaben wird nicht verifiziert. "Patient verträgt keine Antibiotika, ist zuckerkrank, Epileptiker" – ob dies korrekte Patientendaten sind oder frei erfundene Krankheiten – das kann keiner mit Sicherheit einschätzen. Im schlimmsten Fall würde also eine gefälschte Notfallakte angezeigt und dem Notarzt übermittelt. Das aber könnte die Gesundheit der Patienten gefährden. Philipp Stachwitz, Leiter Telematik bei der Bundesärztekammer:
"Denkbar ist das ja durchaus, dass jemand in missbräuchlicher Absicht für jemand anderen eine Akte mit falschen medizinischen Daten anlegt und dann eben ein Notarzt falsche Daten bekommt und Entscheidungen, die er fällt, davon beeinflusst werden. Wenn das ganz falsche Daten sind, kann das ein Problem darstellen, natürlich."
Das ahnen auch die Macher und Unterstützer der Notfallakte. Wilfried Gräfling ist Landesbranddirektor in der Hauptstadt. Berlins oberster Feuerwehrmann lässt seine Leitstellen auf die Notfallakten zugreifen – obwohl er nicht sicher sein kann, wer die Daten eingeben hat und ob sie stimmen:
"Das könnte ein Problem sein. Ich denke, da muss auch noch mal die Verifizierung dieser Daten überprüft werden. Ich denke, da werden auch noch Mechanismen einzurichten sein, um eben den Eintrag durch Dritte zu verifizieren."
Dazu wird es wohl nicht kommen. Pierre-Enric Steiger ist Vorstand der Björn-Steiger-Stiftung und Initiator der Notfallakte. Dass jeder für jeden ein solches medizinisches Bulletin anlegen kann, hält er zwar für ein Gap, wie er sagt, für eine Lücke im System. Aber:
"Man hat immer irgendwo ein Gap, es wird auch dieses Gap nie vernünftig geschlossen werden können, zumindest nicht für einen finanzierbaren Aufwand."
Eine sichere Authentifizierung der Nutzer ist also zu teuer. Das Projekt Notfallakte sei dennoch vertretbar, weil Ärzte wüssten, dass die Informationen aus der Steigerschen Notfallakte mit Vorsicht zu genießen sind:
"Wir kommunizieren das auch in die Rettungsdienste, dass das nur Anhaltspunkte sind und ein Notarzt wird die Daten erstmal nur im Hinterkopf behalten und sie mit der Situation vor Ort noch mal abgleichen. Aber es erhöht für ihn einfach das Tempo."
Jeder kann für jeden eine Krankenakte anlegen - so ganz geheuer ist den Verantwortlichen der Gedanke dann aber doch nicht. Nach Ende der Präsentation stehen Berlins oberster Feuerwehrmann, der Notarzt und der Vorsitzende der Steigerstiftung beim Kaffee zusammen und diskutieren, wie die Lücke gestopft werden könnte – möglichst kostengünstig. Die Runde wirkt ratlos. Bisher sei keine Lösung in Sicht, sagt eine Sprecherin der Björn-Steiger-Stiftung nach der Pressekonferenz am Telefon. Zitat: "Wir haben alles bedacht, nur nicht, dass jemand Böses so eine Notfallakte anlegt." Zitatende.
"Wenn ich Daten bekomme über Krankheitsgeschichte, über Operationen, die abgelaufen sind, über aktuelle Medikation, dann ist das äußerst hilfreich. Beispielsweise ist jemand Asthmatiker oder er hatte einen Herzinfarkt, wenn ich dann das Stichwort "Atemnot" höre von meiner Leistelle oder aus der Notfallakte zu erfahren, was liegt als Grunderkrankung vor, das kann deutlich schneller die effektivere Maßnahme bewirken."
Der Haken daran: Jeder kann für wildfremde Menschen eine Notfallakte anlegen, das hat der Deutschlandfunk überprüft. Alles was böswillige Zeitgenossen benötigen, ist eine gültige Handy-Nummer. Beim Anlegen einer Notfallakte wird nämlich nicht überprüft, ob die Daten wirklich vom Inhaber des Handys eingegeben werden. Weder Namen noch Adresse werden überprüft. Selbst die Richtigkeit der medizinischen Angaben wird nicht verifiziert. "Patient verträgt keine Antibiotika, ist zuckerkrank, Epileptiker" – ob dies korrekte Patientendaten sind oder frei erfundene Krankheiten – das kann keiner mit Sicherheit einschätzen. Im schlimmsten Fall würde also eine gefälschte Notfallakte angezeigt und dem Notarzt übermittelt. Das aber könnte die Gesundheit der Patienten gefährden. Philipp Stachwitz, Leiter Telematik bei der Bundesärztekammer:
"Denkbar ist das ja durchaus, dass jemand in missbräuchlicher Absicht für jemand anderen eine Akte mit falschen medizinischen Daten anlegt und dann eben ein Notarzt falsche Daten bekommt und Entscheidungen, die er fällt, davon beeinflusst werden. Wenn das ganz falsche Daten sind, kann das ein Problem darstellen, natürlich."
Das ahnen auch die Macher und Unterstützer der Notfallakte. Wilfried Gräfling ist Landesbranddirektor in der Hauptstadt. Berlins oberster Feuerwehrmann lässt seine Leitstellen auf die Notfallakten zugreifen – obwohl er nicht sicher sein kann, wer die Daten eingeben hat und ob sie stimmen:
"Das könnte ein Problem sein. Ich denke, da muss auch noch mal die Verifizierung dieser Daten überprüft werden. Ich denke, da werden auch noch Mechanismen einzurichten sein, um eben den Eintrag durch Dritte zu verifizieren."
Dazu wird es wohl nicht kommen. Pierre-Enric Steiger ist Vorstand der Björn-Steiger-Stiftung und Initiator der Notfallakte. Dass jeder für jeden ein solches medizinisches Bulletin anlegen kann, hält er zwar für ein Gap, wie er sagt, für eine Lücke im System. Aber:
"Man hat immer irgendwo ein Gap, es wird auch dieses Gap nie vernünftig geschlossen werden können, zumindest nicht für einen finanzierbaren Aufwand."
Eine sichere Authentifizierung der Nutzer ist also zu teuer. Das Projekt Notfallakte sei dennoch vertretbar, weil Ärzte wüssten, dass die Informationen aus der Steigerschen Notfallakte mit Vorsicht zu genießen sind:
"Wir kommunizieren das auch in die Rettungsdienste, dass das nur Anhaltspunkte sind und ein Notarzt wird die Daten erstmal nur im Hinterkopf behalten und sie mit der Situation vor Ort noch mal abgleichen. Aber es erhöht für ihn einfach das Tempo."
Jeder kann für jeden eine Krankenakte anlegen - so ganz geheuer ist den Verantwortlichen der Gedanke dann aber doch nicht. Nach Ende der Präsentation stehen Berlins oberster Feuerwehrmann, der Notarzt und der Vorsitzende der Steigerstiftung beim Kaffee zusammen und diskutieren, wie die Lücke gestopft werden könnte – möglichst kostengünstig. Die Runde wirkt ratlos. Bisher sei keine Lösung in Sicht, sagt eine Sprecherin der Björn-Steiger-Stiftung nach der Pressekonferenz am Telefon. Zitat: "Wir haben alles bedacht, nur nicht, dass jemand Böses so eine Notfallakte anlegt." Zitatende.