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Aktionsplan mit Lücken

Kernenergie. - Der französische Energiekonzern EDF ist der weltweit größte Produzent von Atomstrom. Das Unternehmen betreibt 58 Kernreaktoren an 20 Standorten. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima hat sich die EDF bezüglich der Sicherheit der eigenen Anlagen lange in Schweigen gehüllt. Für heute Mittag hatte die EDF in Paris zu einer Pressekonferenz geladen.

Suzanne Krause im Gespräch mit Uli Blumenthal | 21.04.2011
    Blumenthal: Suzanne Krause, Sie waren für uns dabei. Nach dem langen Schweigen, sechs Wochen immerhin, jetzt eine Pressekonferenz. Was war der Anlass?

    Krause: Der Anlass ist, dass heute Morgen die EDF, die Verantwortlichen von EDF der Atomsicherheitsbehörde ihren eigenen Aktionsplan unterbreitet haben, der dann auch Auswirkungen hat auf das Lastenheft, an dem die Atomsicherheitsbehörde gerade arbeitet.

    Blumenthal: Was hat EDF, was haben die französischen Betreiber denn aus Fukushima gelernt? Was steht in diesem Aktionsplan genau?

    Krause: Es sind drei Punkte, auf die EDF Wert legt. Das ist zum ersten die Aufstockung der bisher schon verfügbaren Mittel, personell ebenso wie technisch, für den Krisenfall. Punkt zwei ist der Aufbau einer speziellen landesweiten Task Force, das sind anscheinend auch Pläne, die beispielsweise die Briten betreiben. Da geht es beispielsweise darum, dass also im Falle eines GAUs, dass also das Kühlsystem komplett zusammenbricht, oder auch die Stromzufuhr bei Anlagen nicht mehr gewährleistet ist, innerhalb von 24 bis 48 Stunden von außen neue Wasservorräte heran gebracht werden sollen, oder auch Dieselmotoren, die halt die Stromzufuhr weiterbetreiben können, um zu verhindern, dass aus einem Unfall ein GAU wird. Und Punkt drei heißt dann, bei Punkt drei geht es um die tiefgehende Überprüfung der Bauweise, der Konzeption von Reaktoren und auch Abklingbecken. Da geht es um den Check, das steht jetzt schon an, da sind die Leute von EDF schon dabei, das durchzuführen, der aktuellen Sicherheitsmargen bezüglich der Themengebiete Erdbeben, Überschwemmungen, Ausfall des Kühlsystems oder auch Stromzufuhr, dass die weg wäre. Und ausdrücklich wird auch bei diesem Zweck einberechnet der EPR, also der Reaktor der dritten Generation, der derzeit in Flamanville beispielsweise in Frankreich im Bau ist. Auf den soll diese Überprüfung auch ausgedehnt werden. Wobei EDF die Gelegenheit heute sehr dezidiert nutzte, immer wieder zu unterstreichen, dass das Unternehmen von seiner Industrie, von seinem Industriesystem her schon sehr gut geeignet wäre, um eine maximale Sicherheit zu garantieren. EDF stellt sich dar als jemand, der Betreiber, Planer und Erbauer in einem ist des gesamten französischen Atomparks und auch alle zehn Jahre einen Sicherheitsscheck mit genereller Überholung der Anlagen durchführt. Und damit sagen, wir sind regelmäßig dabei, die Anlagen immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen und die Sicherheit regelmäßig zu erhöhen.

    Blumenthal: Wenn man die Diskussion hier in Deutschland so verfolgt, dann ist das, was Sie so geschildert haben, hört sich an wie aus einer vergangenen Zeit, wie vor der Reaktorkatastrophe in Japan. Wie ist eigentlich die Diskussion auf dieser Pressekonferenz gewesen? Wir haben die Journalisten reagiert? Das hört sich jetzt alles irgendwie so an, wir sind sicher, wir haben hervorragende Anlagen, nur die Welt ist anders. Es wird ein europaweiten Stresstest geben für Kernkraftwerke. Heile Welt in Frankreich, was die Kernkraftwerk anbetrifft?

    Krause: Es gab kritische Nachfragen, es gab also auch, klar wurde gestellt, auch von Seiten, pardon... Bei den Nachfragen kam heraus, dass der Aktionsplan einiges an Mängel enthält, beispielsweise beschränkt er sich wirklich dezidiert nur auf das Szenario Fukushima und Geschichten wie Gefahren, Risiken wie beispielsweise ein Flugzeugabsturz über einer Anlage, oder ein anderer terroristischer Akt, der gegen Reaktoren gerichtet wäre, das ist in dem Aktionsplan und in den Sicherheitschecks der EDF erst einmal nicht enthalten. Und es gibt auch Geschichten, dass verschwiegen wurde, dass im vergangenen März, Ende März schon die Atomsicherheitsbehörde festgehalten hat, dass im Februar bekannt wurde, massive Probleme in französischen Atomkraftwerken, gerade im Bereich Abklingbecken, also gerade auch ein Szenario, das in Fukushima dann zur Katastrophe führte. Und da gab es keinerlei Kommentar. Natürlich versucht man halt darzustellen: Wir sind sehr sicher und uns war die Sicherheit immer sehr wichtig und wir wollen auch eine landesweite, eine weltweite Harmonisierung des Sicherheitsrisiken, das ist die Leitlinie von EDF.