Gefahr der Gewalt
Aktionsplattform "AbilityWatch" fordert Abschaffung von Wohnheimen für Menschen mit Behinderung

Der Verein AbilityWatch fordert mehr Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung. Der Vorstandsvorsitzende Constantin Grosch kritisierte im Deutschlandfunk Kultur, dass vor allem Menschen mit geistiger oder Mehrfachbehinderung in vielen Teilen Deutschlands oft keine Alternative zu Wohnheimen hätten.

19.08.2023
    Flur in einem Wohnheim
    In Wohnheimen fehlt nach Ansicht von AbilityWatch meist eine unabhängige Kontrolle von außen. (imago images/Gudella)
    In dieser Wohnform gebe es aber Machthierarchien und Abhängigkeitsverhältnisse, so dass es leicht zu Gewalt kommen könne, so Grosch. Es fehle der Blick von außen, vor allem, da diese Menschen auch sehr selten auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig seien. Die Betroffenen hätten bei psychischer und physischer Gewalt oft keine Möglichkeit, sich Hilfe zu holen.
    Grosch, der auch für die SPD im Landtag von Niedersachsen sitzt, stellte klar, dass es zum einen zu wenige unabhängige Melde- und Beratungsstellen für solche Fälle gibt. Und er verweist auf ein weiteres Problem: Wenn man etwa bei einer geistigen Behinderung für die Kommunikation nach außen auf jemanden angewiesen ist, wie soll man dann Gewalt durch diese Person melden?
    Die Interessenvertretung AbilityWatch dokumentiert seit einiger Zeit unter dem Hashtag #AbleismusTötet Fälle von Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Demnach gab es in den vergangenen 12 Jahren in 41 Einrichtungen 217 Betroffene von Gewalt.
    Bei Grosch wurde mit drei Jahren Muskeldystrophie diagnostiziert. Er nutzt einen Rollstuhl und das System der persönlichen Assistenz, also der 1:1-Betreuung. Dieses System wünscht er sich als Alternative zu Wohnheimen. Auch Wohngruppen könnten demnach eine Möglichkeit sein, weil dort mehr Selbstbestimmung möglich sei.
    Diese Nachricht wurde am 19.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.