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Aktivist zur Kommunalwahl in Hongkong
"Viele von uns möchten eine friedliche Wahl"

Vor der für Sonntag angesetzten Wahl von 18 Bezirksräten in Hongkong hielten sich die Protestierenden zurück, sagte der Aktivist Wong Yik Mo im Dlf. Man wolle keine Festnahme riskieren. Angesichts des brutalen Vorgehens der Polizei sei man auf internationale Unterstützung angewiesen - auch aus Deutschland.

Wong Yik Mo im Gespräch mit Rainer Brandes |
  Wong Yik Mo ist Aktivist
Wong Yik Mo ist Aktivist (dpa / Michal Krumphanzl / CTK)
Rainer Brandes: Am Sonntag werden in Hongkong neue Bezirksräte gewählt. Sie haben zwar keine politische Macht, aber wegen der anhaltenden Demokratieproteste der letzten Monate gelten die Wahlen als wichtiger Stimmungstest. Wong Yik Mo ist seit Ausbruch der Proteste in Hongkong mit dabei. Er ist einer der führenden Köpfe der Protestbewegung. Regelmäßig berichtet er aus seiner Sicht über Twitter über die Demonstrationen, über die Gewalt der Polizei. Weil er eine Zeit lang in Deutschland gelebt hat, tut er das auch auf Deutsch. Heute Morgen, kurz vor Beginn dieser Sendung, konnte ich per Skype mit ihm sprechen. Herr Wong, guten Morgen!
Wong Yik Mo: Guten Morgen!
Protestierende halten sich zurück
Brandes: Im Moment scheint es relativ ruhig zu sein auf den Straßen in Hongkong. Beobachter sagen, die Protestierenden hielten sich zurück, um die Bezirkswahlen am Sonntag nicht zu gefährden. Stimmt das?
Mo: Teilweise ja. Ich denke, viele von uns möchten eine friedliche Wahl, und deswegen tun wir nicht viel in den vergangen zwei Tagen. Es ist auch sehr wichtig, dass also niemand von uns festgenommen wird. Also wenn wir Aktionen machen, gibt es die Gefahr, dass wir festgenommen werden, sodass wir nicht wählen können. Das möchten wir vermeiden.
Brandes: Wie viele Ihrer Freunde sind denn inzwischen festgenommen worden?
Mo: Keine Ahnung, zehn, zwanzig, viele. Ich weiß nicht, viele davon sind meine Freunde.
Brandes: Und hören Sie irgendetwas von ihnen, wie es ihnen geht, wie sie behandelt werden?
Mo: Also mein Freund wurde nicht von der Polizei zusammengeschlagen. Das ist ein Glück, aber von den Presseberichten sehen wir ganz viele Fälle von den Protestierenden, die von der Polizei sehr heftig zusammengeschlagen wurden.
Brandes: Sie haben auf Ihrem Twitter-Account ja auch furchtbare Bilder gezeigt in den vergangenen Tagen. Man kann da zum Beispiel eine Frau sehen, von der Sie schreiben, sie sei schwanger, und diese Frau wird von Polizisten brutal überwältigt. Sind solche Szenen inzwischen Alltag in Hongkong?
Mo: Also schwangere Frauen, die von der Polizei angegriffen werden, das passiert nicht jeden Tag, aber schon einige Mal. Es gibt auch andere Leute, über 70, sie bluten wegen Polizeigewalt. Auch sehr junge Leute, zwölf Jahre alt. Ich würde sagen, dass kann man nicht akzeptieren, obwohl das nicht jeden Tag passiert, weil einmal ist zu viel.
Ein Polizist mit Maske hält einen Demonstranten außerhalb der Hong Kong Polytechnic Universität fest, während es am frühen Montag am Campus zu schweren Zusammenstößen mit den Demonstranten kam. 
 Proteste / Chaos und Gewalt werden in Hongkong weitergehen
Zu Beginn waren die Proteste in Honkong friedlich. Der Hauptgrund für die Eskalation läge darin, dass die kommunistische Führung in Peking echte Zugeständnisse ablehne, kommentiert Steffen Wurzel.
Brandes: Auf der anderen Seite haben wir auch schlimme Bilder gesehen, wie Demonstrierende Gewalt anwenden. Es gab Bilder von brennenden Polizeifahrzeugen, in denen noch Polizisten sitzen. Provozieren Sie mit solchen Gewalttaten erst die Gewalt der Polizei?
Protestierende haben immer noch Unterstützung
Mo: Ich würde sagen, das ist eine Reaktion von der Polizeigewalt. Es gab auch Fehler, dass die Polizisten mit Autowagen in die Menge gefahren sind, und das ist sehr gefährlich. Ich denke, wenn die Polizei Feuer sehen, die Feuer sind eigentlich Barrikaden, und wenn die Polizei trotzdem in die Menge mit dem Auto fahren, das finde ich nicht klug.
Brandes: Und trotzdem, wenn dann solche Gewalttaten auch von Demonstrierenden ausgeht, laufen Sie dann Gefahr, dass Sie damit die Unterstützung der breiten Gesellschaft in Hongkong verlieren?
Mo: Ich denke, die Protestierenden, sie haben immer noch Unterstützung. Gewalt möchte niemand sehen, aber die Gewalt von der Polizei ist 99 mal mehr, und deswegen unterstützen immer noch die Leute die Protestierenden trotz dieser kleinen Gewalt.
Brandes: Diese Gewalt durch die Polizei, diese Repression durch die Polizei, wenn die immer noch weiter zunimmt, wie lange können Sie da noch durchhalten?
Mo: Keine Ahnung. Wir haben wirklich keine Ahnung. Zu viele wurden festgenommen, und viele wurden zusammengeschlagen. Wenn wir weiter kämpfen, brauchen wir gleichzeitig auch internationale Unterstützung.
Brandes: Auch aus Deutschland?
Mo: Ja klar, natürlich. Ich meine, in der Welt gibt es nicht nur China und die USA. Es gibt auch viele Länder, viele andere Länder, Deutschland, Frankreich, Taiwan, Australien. Deutschland ist das größte Land in Europa wirtschaftlich. Natürlich brauchen wir Unterstützung von Deutschland.
Manche Kandidaten "in Wirklichkeit für die Regierung"
Brandes: Wenn wir jetzt noch einmal auf die Bezirkswahlen in Hongkong morgen schauen, was glauben Sie, wie werden diese Wahlen ausgehen, welches Lager wird gewinnen?
Mo: Ich denke, die Opposition, das sind wir, wir werden wahrscheinlich die Hälfte der Sitze bekommen, aber so genau kann ich das nicht sagen, weil die Regierung wollte, dass die Wahlen stattfinden, und ich denke, die Regierung ist schon sehr bereit. Es gibt viele Methoden, zum Beispiel Gegenkandidaten … Also in einem Bezirk gibt es ein Pro-Establishment, –
Brandes: Für das Regime.
Mo: – Regierungskandidaten … Genau, und ein anderer ist Opposition, aber in vielen Bezirken gibt es weitere Kandidaten, und die scheinen demokratisch zu sein, aber in Wirklichkeit sind sie für die Regierung. Also sie möchten einfach die Stimmen von uns, von den Demokraten, bekommen, damit wir verlieren. Das ist eine Situation.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.