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Albanien: Gelähmt zwischen Anarchie, Korruption und Kriminalität

Eine schmale gewundene Landstraße führt im Südosten Montenegros auf die albanische Grenze zu. Die letzten Kilometer sind frisch geteert. Auch die Schlagbäume sind neu und die albanischen Zöllner in ihren dunkelblauen Uniformen erledigen die Formalitäten in einer Holzbude, die zwar eher einem Würstchenstand ähnelt, als einem Amt zur Sicherung nationaler Interessen, doch dafür ist sie nagelneu.

Karl Hoffmann | 18.12.2003
    Dreizehn Jahre nach dem Fall der Diktatur ist jeder Schatten des eisernen Vorhangs verschwunden, der aus dem kleinen Balkanstaat ein Hochsicherheitsgefängnis gemacht hatte, in dem dreieinhalb Millionen Einwohner 46 Jahre lang eingesperrt waren.

    Wer mit dem Auto nach Albanien will, muss durch eine mit undefinierbarer Brühe gefüllte Grube fahren, Desinfektion sagt der Desinfizierungsbeauftragte und hält die Hand auf. Neben den zehn Euro pro Person Einreisegebühren sind auch 1.50 dafür zu entrichten, dass keine Seuchen aus den Ausland eingeführt werden und die albanische Landwirtschaft ruinieren. Eine löbliche und letztlich ja auch billige Vorsichtsmaßnahme. Doch da zieht im selben Augenblick ein Bauer mit seiner kleinen Kuhherde unbehelligt an Grube und Schlagbaum vorbei, und die Weiterfahrt zerstört alle Hoffnungen darauf, dass in den dreizehn Jahren ohne Joch der Diktatur aus dem Armenhaus Europas ein normales Land geworden ist. Es hat geregnet. Der Regen hat die Löcher auf dem Feldweg gefüllt. Die 18 Kilometer nach Skoder, der drittgrößten Stadt des Landes, sind ein Alptraum.

    Das Fahrzeugboden schrammt immer wieder über Feldsteine und Erdhaufen, Esel und Ziegel versperren den Weg, Abfall und Unrat säumen den Wegrand. Die Menschen in den kleinen Dörfern links und rechts der Straße wirken abgehärmt und schmutzig, die Häuser sind in einem desolaten Zustand, nichts scheint sich hier verändert zu haben seit den Zeiten der Diktatur.

    Bis auf einige Neubauten, die mitten in die Landschaft gestellt wurden, Ein- und Mehrfamilienhäuser, teils im Rohbau, teils fertiggestellt. Und Autos, 90 Prozent von der Marke Mercedes, nicht nur ältere Dieselfahrzeuge, sondern auch manches neuere Modell. Die quälen sich alle mit der gleichen Mühe über die Brücke bei Skoder, eine Eisenkonstruktion mit zersplitterten Holzbohlen, durch die das Wasser des Bune-Flusses glitzert. Kein TÜV dieser Erde würde da noch ein einziges Fahrzeug passieren lassen, in Albanien schert das niemanden, denn es geht nicht anders.

    Nach 1997 wurde etwas getan. Es wurden Schulen auch Straßen gebaut. Die Straßen sind heute etwas besser als noch vor sechs Jahren Vor allem zwischen 1998 und 2000 gab es einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Staat konnte einige Sektoren verkaufen, etwa den Mobilfunk. Und mit dem Geld wurde, abzüglich der Korruption, dann doch einiges geschaffen, während dieser zwei drei Jahre. Aber mit diesen Investitionen ist es vorbei. Nur wenige gute Beispiele gibt es, wie etwa unseren Bürgermeister Edi Rama von Tirana. Er hat ein paar Straßen gebaut, anderswo geschah nicht mal das. Den Aufschwung von damals gibt es nicht mehr.

    Shpetim Nazarko sitzt in einer Bar in der Hauptstadt Tirana. Er ist 44 Jahre alt, hat nach der Diktatur eine kleine Zeitung herausgegeben, lebt heute allerdings nur von seiner Druckerei, ist aber immer noch Berater und Kritiker der Politiker seines Landes. Die Gewaltherrschaft Enver Hodxas hatte neurotische und fremdenfeindliche phobische Züge, erzählt er. Der Diktator fühlte sich vom Rest der Welt bedroht und ließ deshalb etwa 600.000 Minibunker im ganzen Land aufstellen, die wohl noch über Jahrzehnte das Bild Albaniens prägen werden. Dafür hat er auf Straßen verzichtet. Damit, so glaubte er, hätte er etwaigen Invasoren den Vormarsch unmöglich gemacht. Von 18 000 Kilometern Straßen sind nicht mal ein Drittel geteert. Und nur ein paar hundert Kilometer entsprechen dem westeuropäischen Standard, wie etwa die zwei wichtigsten Zufahrtsstraßen nach Tirana, der Hauptstadt und dem politischen Zentrum des Landes.

    Hier hat sich, im Gegensatz zur Peripherie, alles verändert. Die einst flache graue Silhouette der Hauptstadt gleicht heute einem Miniatur-Manhattan. Zehn und fünfzehnstöckige moderne Wohnblocks sind aus dem Boden geschossen. Überall wird gebaut. Die einst schmalen Innenstadtstraßen wurden mit Bulldozern verbreitert. Der Bürgermeister ist ein Künstler, ein Maler, der keine anderen Mittel hat als die Farbe und die Macht seiner Unterschrift. Neue Baugenehmigungen gibt es nur gegen öffentliche Arbeiten. Wer ein Wohnhaus bauen will, muss dafür einen Park anlegen oder ein Stück Straße teeren oder Kanäle reinigen lassen. Und der Stadtverwaltung Farbe stiften. Damit werden die hässlichen kommunistischen Fassaden etwas freundlicher gestaltet.

    Mehr kann der Bürgermeister nicht tun, denn Schmiergelder nimmt er nicht an, aber dafür ist er auch die absolute Ausnahme. Auf einer jüngst in Bulgarien veröffentlichten Hitliste der Korruption in den Balkanstaaten erhielt Serbien die Note 6, Bulgarien 6,4, Mazedonien 6,8, und Albanien die Höchstnote 7,0. Korruption beim Zoll, bei der Polizei, in den Verwaltungen, in der Justiz. Wo die Justiz nicht funktioniert, macht sich das Verbrechen breit. Der Bauboom in Tirana ist ein beredtes Beispiel, erzählt Shpetim Nazarko. Er lädt ein zu einer kleinen aber anschaulichen Stadtrundfahrt in seinem klapprigen japanischen Geländewagen.

    Es heißt, der Drogenhandel bringt etwa 2 Milliarden Dollar im Jahr, das ist viel für ein Land mit gut 3 Millionen Einwohnern. Wir importieren Waren für etwa 1,2 Milliarden und exportieren grade mal für 200 Millionen, allerdings muss man diese Zahlen verdoppeln, weil die Hälfte beim Zoll geklaut wird. Der Staat hat ein Defizit von einer Milliarden Dollar. Woher kommt also das nötige Geld? Einerseits von den Auslandsalbanern, andererseits vom Drogenhandel. Wie könnte sich sonst so mancher Albaner, der im Schnitt 100 Dollar im Monat verdient, eine dieser Neubauwohnung hier für 50 oder 60.000 Dollar leisten. Das, was die Albaner aus dem Ausland schicken, reicht absolut nicht. Im Fernsehen dagegen gibt es laufende Meldungen wie etwa: "Zwei Albaner im italienischen Bari gefasst mit 23 Kilo Drogen..." – die Leute haben keine andere Verdienstmöglichkeit. In den dreizehn Jahren seit dem Ende der Diktatur hat es die albanische Regierung nicht geschafft, eine Strategie für die Entwicklung dieses Landes auf die Beine zu stellen – sie hat keine Vorstellung davon, was dieses Land ist und was daraus werden soll.

    Die zahlreichen Versuche eines demokratischen Neuanfangs in Albanien waren zum größten Teil politische und wirtschaftliche Fehlschläge. Nach dem Umbruch und der Massenflucht bildeten sich zwei politische Blöcke heraus, die Demokratische Partei von Sali Berisha und die Sozialisten, gemäßigte Erben der kommunistischen Nomenklatur. Beide Seiten wechselten sich ab 1991 in schneller Folge bei den ersten freien Wahlen ab. Die dubiose Wahl von 1996 führte zur Machtübernahme von Sali Berisha und direkt ins Chaos des gigantischen Finanzskandals der so genannten Pyramidengesellschaften.

    Als die Anfang 1997 zusammenbrachen und die Albaner eineinhalb Milliarden Dollar verloren hatten, stürzte das Land in tiefe Anarchie. Was das Ende der Diktatur überdauert hatte, wurde nun zerschlagen, die wütende Bevölkerung zerstörte alle öffentlichen Bauten, Eisenbahnen, ja sogar Bewässerungssysteme und Krankenhäuser. Wieder flohen Zehntausende in den Westen, es begann ein mühsamer Neuanfang, diesmal mit massiver Hilfe aus Italien und dem restlichen Europa. Der Kosovo-Konflikt führte Anfang 1999 zu neuer Massenflucht, diesmal waren es 500.000 Kosovo-Albaner, die nach Albanien strömten.

    Eine Zeit lang herrschte wieder einmal ein Ausnahmezustand, den Albanien dank internationaler Hilfe diesmal jedoch beispielhaft meisterte. Dass die Aufmerksamkeit der Welt auf das kleine Land gerichtet war, wirkte positiv auf das kleine Land. Aus der Not der Nachbarn schien eine neue Moral der Albaner zu erwachsen. Ein tiefes Gemeinschaftsgefühl, getragen vom Lob der internationalen Völkergemeinschaft, verdrängte alte Rivalitäten, öffnete neue Horizonte, führte zu hochfliegenden Plänen. Die strategische Bedeutung des Augenblicks verführte zum Irrglauben, dass Albanien auf Dauer die Gunst der Weltmächte errungen habe und damit auf massive wirtschaftliche Unterstützung zählen könne. Vor allem auf die USA setzte man alle Hoffnung, auf den Korridor 8, den Ausbau eines Handels- und Transportweges von Pescara über Bari in Italien und über die Adria nach Durres, von dort dann weiter über Tirana Richtung Mazedonien, Bulgarien in Richtung Türkei. Nach Meinung der Albaner von größter Bedeutung für Militärs und Energietransporte.

    Doch der Balkankonflikt endete, die Flüchtlinge kehrten zurück in den Kosovo, und Albanien geriet im Westen weitgehend in Vergessenheit. Die inneren Konflikte brachen wieder auf, die Politiker kehrten zum üblichen Gerangel um die Macht und die altgewohnte Ineffizienz zurück. Und die übliche Korruption. Die regierende sozialistische Partei befindet sich derzeit in einem Zerfleischungsprozess. Im vergangenen Juli entließ Ministerpräsident Fatos Nano seinen Außenminister und stärksten Rivalen in der Partei, Ilir Meta, der als hoffnungsvoller Newcomer auch für die europäischen Gesprächspartner galt. Eine schwache, vorwiegend um den eigenen Machterhalt bemühte Regierung bis zu den geplanten Neuwahlen im Juni 2005 ist schon jetzt die wahrscheinlichste Perspektive. Bei solch kräftezehrenden politischen Verhältnissen ist es nicht verwunderlich, dass ganz andere die eigentliche Macht im Lande ausüben. Zurückgekehrt in seine Lieblingsbar zeichnet Shpetim Nazarko ein düsteres Zukunftsbild seines Landes.

    In den letzten drei Jahren unter der Führung der Sozialisten hat sich die Lage Albaniens verschlechtert. Das kann man in der Wirtschaft beobachten aber auch bei der Presse zum Beispiel. In Albanien gibt es zurzeit 10 oder 15 Zeitungen, die befinden sich samt und sonders in den Händen von Geschäftsleuten. Wir ahmen auf üble Weise das Italienische Modell nach. Unsere sozialistische Regierung wollte alles der Regierung Berlusconi nachmachen und hat den Staat den Unternehmern übereignet. Praktisch alle Kandidaten der bevorstehenden Kommunalwahlen sind Geschäftsleute. Die haben außer der wirtschaftlichen und der medialen nun auch politische Macht. Ich kann nicht verstehen, wie das gehen soll: alle drei Bereiche in einer Hand. Leute, die die Wirtschaft beherrschen und die Politik, dazu auch noch die Moral im Land bestimmen - ich fürchte, das ist die letzte Phase, bevor das Land wieder in ein allgemeines Chaos stürzt.

    Shpetim Nazarko beklagt nicht nur die fehlende Gewaltenteilung, ohne die eine Demokratie nicht funktionieren kann, sondern auch das zweifelhafte Niveau derer, die heute die Macht in Händen haben.

    Viele unserer Unternehmer machen zwielichtige Geschäfte. Sie haben außerdem keinerlei intellektuelle Fähigkeiten, um Albanien vorwärts zu bringen. Keine Pläne für die Zukunft. Zur Zeit entwickelt Albanien keine Demokratie, sondern etwas, das seinesgleichen in der Welt sucht, etwas völlig Eigenes, ein totales und unverständliches Durcheinander. Nach außen scheint es, als würde die Wirtschaft funktionieren, durch das Geld, das die Emigranten aus dem Ausland schicken, vor allem aus Italien und Griechenland. Dabei funktioniert vieles nur dank des Drogenhandels. Wir sind ein Durchgangsland, alle Kanäle aus arabischen Ländern oder der Türkei laufen über Albanien. Und wir leben von diesem Geld und reden dabei von Demokratie.

    Trotz einer allgemeinen Liberalisierung wird die Demokratie buchstäblich mit Füßen getreten - vom Ausland so gut wie unbeachtet. Einerseits gibt es inzwischen jede Menge Medien, etwa 100 lokale Fernsehsender sind im ganzen Lande wie Pilze aus dem Boden geschossen. Andererseits könne niemand mehr öffentlich sagen, was er denkt. In Albanien habe sich eine doppelte Zensur eingenistet: sowohl die Politik, wie als auch die Wirtschaft knebeln öffentliche Kritik. Beide seien eine Art Pakt eingegangen und gemeinsam plünderten sie nun den Staat, sagt der ehemalige Zeitungsverleger, der seinen Traum von einer unabhängigen und freien Presse im Lande schon lange begraben hat.

    Schuld sind nicht nur die Albaner selbst, schuld sondern auch auch die Halbherzigkeit und Fehleinschätzungen im Ausland. Gute Ratschläge aus Brüssel oder Washington versickern unbeachtet im Treibsand einer Bürokratie, die in ihrer Versteinerung an die kommunistischen Zeiten erinnert. Der Westen, meint Nazarko, versteht die Eigenheiten Albaniens bis heute nicht richtig. Seine Allheilmittel zeigen im speziellen Fall kaum Wirkung.

    Ich habe drei Kühe, und in drei Jahren gewinne ich mit den drei Kühen ungefähr eine Million albanisches Geld, das sind ungefähr 1000 Euro. Das ist das ganze Geld von der Familie. Ich bin verheiratet, Frau, ein Kind und meine Mutter. Wir wohnen zusammen. Das ist meine Arbeit. Das leben ist schwer.

    Dritan ist 39. Sein Name bedeutet: der Überbringer des Lichts. Viele seines Jahrgangs wurden so genannt: 1974 hatte der Diktator Hodxa die Elektrifizierung des gesamtes Landes als vollendet verkündet. In seinem Haus hat Dritan ein paar Glühbirnen hängen, die aber nicht immer brennen. Stromausfälle sind in dem kleinen Bergdorf Helmes, weit im Osten an der Grenze zu Griechenland häufig. Dritan kann Deutsch. Während des Balkankrieges hatte er ein Jahr als Asylant bei Hannover gelebt, dann haben ihn die deutschen Behörden abgeschoben. Nun ist er arbeitslos, wie dreißig Prozent der Bevölkerung, vor allem in den ländlichen Gebieten, die auch heute noch die Hälfte des mageren albanischen Sozialprodukts erwirtschaften.

    Die Bauern haben unter der Diktatur nicht mehr gelitten als heute unter der Liberalisierung der Märkte, der Öffnung der Grenzen und dem völligen Desinteresse der Politiker im In- und Ausland. Die etwa 60 Millionen Finanzhilfen für Albanien gehen nicht etwa an arme Bauern, sondern vor allem in Maßnahmen, um die illegale Emigration aus Albanien zu verhindern. Millionen von Albanern müssen also weiterhin in zunehmender Armut leben. Renato Preza versucht im Auftrag holländischer Entwicklungshilfe-Organisationen den Bauern um die kleine Stadt Pogradez unter die Arme zu greifen:

    In unseren ländlichen Gebieten ist das Leben ausgesprochen hart. Viele Dörfer haben weder eine ausreichende Wasserversorgung noch genügend Strom. Die Frauen müssen deshalb die Kleider der Familie auch heute noch täglich mit der Hand waschen. Die Straßen in den Dörfern sind Schlammgruben. Und dann die medizinische Versorgung. Auf zwölf Dörfer mit je 150 Familien kommt ein Doktor, und auch das nur für zwei Tage die Woche. Wie können die Bauern jemals aus dieser Misere kommen, wenn sie keine Schulen für die Kinder und keine ausreichende ärztliche Versorgung für die Familie haben.
    Die meisten besitzen nur wenig eigenes Land, im Schnitt mehr oder weniger als einen Hektar pro Familie. Zwei Kühe, ein paar Schafe oder Ziegen, ein Fahrrad, mit dem die wenigen Erzeugnisse auf den kleinen Markt im nächst größeren Ort gebracht werden. Die einzige Möglichkeit zur Verbesserung dieser Situation wäre die Schaffung von Kooperativen. Aber dagegen wehren sich die Bauern mit allen Mitteln

    Kooperativen haben seit dem Kommunismus ein schlechtes Image, die Menschen trauen ihnen nicht. Sie mussten damals in den Genossenschaften hart arbeiten und bekamen wenig Lohn. Wir haben jetzt einen Versuch gestartet und Saatgut aus Holland eingeführt und an die Bauern verteilt. So haben wir eine gemeinsame Produktion geschaffen ohne den Grund der Bauern zusammenzulegen.

    Doch die Probleme in der albanischen Landwirtschaft könnten sich bald - zynisch formuliert - von selbst lösen: die Alten sterben, die Jungen wandern ab. Sie haben effektiv keine Chancen selbst auf nur geringen Wohlstand.

    Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Noch 1990 produzierte Albanien sämtliche Orangen für den Eigenbedarf. Seither ist der Anbau um 90 Prozent gesunken, genauso viele – von der EU subventionierte - Orangen werden jetzt aus Italien und Griechenland eingeführt. Ein absurder Mechanismus: die Albaner müssen ins Ausland, um jenes Geld zu verdienen, für das sie ausländische Produkte kaufen können, die sie früher selbst hergestellt haben. In den Städten finanzieren Staat und Banken Luxushotels und Villen, Spielhöllen und korrupte Unternehmer. Ein ehrlicher Bauer in Helmes, dem gottverlassenen Dorf im östlichen Grenzland bekommt dagegen nicht einmal einen winzigen Kredit um seine Existenz zu sichern, erzählt Dritan.

    Was macht man ohne Kapital, ohne Kredit. Wir haben keinen Kontakt mit Regierungen, keine Arbeit. Das ist das Leben. Bei uns zu Hause gibt es vielleicht 1000 Schafe, 100 Kühe, und das ist das ganze Dorf. Andere Arbeit gibt es keine, keine Chance, in ein anderes Land zu gehen, von der Europäischen Union keine Hilfe. So wie in Deutschland vielleicht vor 60 Jahren.