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Albumklassiker mit Zugaben

Über 40 Millionen mal erkaufte sich Michael Jacksons Album "Bad" von 1987 und zeigte nach "Thriller" einen musikalisch veränderten Superstar. 25 Jahre später kommt nun die Doppel-CD "Bad 25" heraus: eine Deluxe-Version mit bisher unveröffentlichtem Bonusmaterial.

Von Bernd Lechler |
    Es fing ja nicht gut an. Die Vorabsingle zu "Bad 25" war vor einigen Monaten eine Remix-Version des Titelsongs, die nicht nur statt des legendären Grooves mit der raffinierten Lücke einen beschleunigten Dancebeat von der Stange bekommen hatte, sondern auch einen ungebetenen Gast: den Rapper Pitbull.

    Der reimt eher schlicht und rappt eher schlecht, aber er verkauft in den USA Fantastillionen, was Marketingabteilungen ohne Herz und Ohren zu schätzen wissen, und so vernimmt man trotz modernem Mastering das leise Störgeräusch des im Grab rotierenden Michael. Aber: da kommen wenigstens seine Originale umso schöner zur Geltung, und man stellt beim Wiederhören nach langer Zeit erst mal fest: "Bad" ist gut.

    Nicht ganz so gut wie "Thriller", und nicht so zeitlos: man hört die 80er im wuchtig-maschinellen Sound von "Bad", nicht alle Details der insgesamt aber beeindruckend erfinderischen Produktion sind gut gealtert. Michael Jackson hatte sich von Funk und Soul und Disco und der geschmeidigen Eleganz der Jahre bis "Thriller" nun fast ganz verabschiedet: Sein Sound war kantiger geworden, und weißer - ganz wie seine Nase und seine Haut auf dem Coverfoto. Dazu ein ernster Blick, schwarze Kluft mit Riemen und Schnallen: Produzent Quincy Jones hatte ihm zu einem tougheren Image geraten, nicht zuletzt weil die neuen Konkurrenten Prince und Madonna erwachsener und straßentauglicher daherkamen als der gleich alte, aber ewig kindliche Michael. Die relative Düsternis vieler Songs entsprang allerdings der Seele des Sängers.

    Zur Erinnerung: "Dirty Diana" machte das unberechenbare Weibsbild aus "Billie Jean" noch ein Stück gefährlicher. "Leave Me Alone" war ein klaustrophobischer Hilferuf aus dem Gefängnis des Weltruhms, und "Smooth Criminal" ein Krimi, bei dem Jackson weniger ums Opfer bangt als vom Täter fasziniert scheint.

    Zum Ausgleich: das euphorische "The Way You Make Me Feel" oder der groß angelegte Gospel "Man In The Mirror". Alles langlebige Hits, alle noch im Ohr, auch die unvermeidliche überzuckerte Ballade.

    Die gibt's hier für die ganz großen Fans auch auf spanisch und französisch, aber die wahre Attraktion der Bonus-CD sind die Demos und Outtakes von vor 25 Jahren. Die Nachlassverwalter haben aus dem Fiasko um das posthume 2010er Album "Michael" gelernt, bei dem ja vor lauter Modernisierung der alten Fragmente der Verdacht aufkam, selbst der Gesang stamme nicht von Jackson selbst. Diesmal wurden die Fundstücke original belassen, und wir entdecken erstmals: eine ungemein charmante Latin-Fingerübung: "Don't Be Messin' Round" - Michael Jacksons zumindest musikalisch mitreißender Versuch, einen Popsong zum Thema Abtreibung zu schreiben.

    Manche der Songs sind interessant als Vorstufen der endgültigen Album-Tracks, und einer wie "Fly Away" passte wohl damals einfach nicht, ist aber ein sonnig-perfektes Stück Jackson-Pop, das selbst auf "Thriller" nicht fehl am Platz gewesen wäre.

    Kurzum: man muss kein Nerd sein, um in diesen erweiterten Albumklassiker zu investieren. Und für nen Zwanziger mehr kriegt man mit der Deluxe-Ausgabe auch noch eine Konzert-DVD, Michael Jackson live in Wembley 1988, ein grobkörniges Dokument, mit Lady Di und Prinz Charles im Publikum: Selbst als Royal war man damals Jackson-Fan. Und die Welt trotz Hausaffe und Sauerstoffzelt noch fasziniert, noch nicht befremdet von dem Mann, der es damals auch noch nicht nötig hatte, sich "King Of Pop" zu nennen. Er war es einfach.