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Algenblüte im Visier

Umwelt. - Algenblüten gibt es in vielen Gewässern. Was manchmal nur ein seltsames Naturschauspiel bleibt, kann für Mensch und Tier durchaus gefährlich werden, wenn die Algen auch Giftstoffe freisetzen. Wissenschaftler berichten jetzt auf dem Living Planet Symposium der Europäischen Raumfahrtagentur in Edinburgh, dass sie eine giftige Algenart aus dem All aufspüren konnten.

Von Karl Urban | 12.09.2013
    "Achtung Algenblüte, Vergiftungsgefahr", steht auf einem Schild am Rande eines Badesees. "Baden verboten, Hunde sind an der Leine zu führen." Mit sich massenhaft vermehrenden Algen ist eben nicht zu spaßen. Und eine solche Algenblüte im Wasser kann in vielen Regionen der Welt zum Problem werden:

    "Nicht nur Menschen können von einer Algenblüte betroffen sein. Fische und andere Tiere können sich vergiften, was von Verdauungsstörungen bis hin zu neuronalen Problemen führen kann. Selbst wenn solches Wasser aufbereitet worden ist, können darin immer noch Reaktionsprodukte der Giftstoffe enthalten sein. In manchen Regionen ist das also wirklich ein Problem."

    Steven Kuo-Hsin Tseng von der Ohio State University in Columbus hat eine solche Blüte aus dem All nachgewiesen. Der Wissenschaftler war auf der Suche nach Microcystis aeruginosa: eine Blaualgenart, die in den Großen Seen im Osten der Vereinigten Staaten auftritt. Es ist eine von vielen Algenarten, die immer wieder in Blüten auftreten. Doch Microcystis aeruginosa bildet dabei Giftstoffe, die nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation die Leber schädigen können. Genau diese Blaualgenart konnte Steven Kuo-Hsin Tseng nun aus dem All erkennen.

    "Wir haben ein spezielles Instrument des europäischen Umweltsatelliten Envisat verwendet. Dieses Instrument ist in der Lage, Phycocyanin nachzuweisen: Das ist ein Pigment der giftigen Blaualge Microcystis. Und genau dieses Pigment konnten wir aus dem All sehen."

    Solche Organismen im Wasser rechtzeitig aufzuspüren, ist besonders am Eriesee wichtig. Er zählt zu den größten Süßwasserspeichern der USA und versorgt über zehn Millionen Menschen mit Trinkwasser. Auch die Betreiber von Badestränden, Fischer und Viehhalter müssen informiert werden, wenn eine Algenblüte die Wasserqualität gefährdet. Gegenüber ständigen Messungen im Gewässer hat der Nachweis über Satelliten mehrere Vorteile. Tseng:

    "Bisher mussten wir aufwändig entlang der Strände Wasserproben sammeln und bis zu 500 Meter vom Ufer entfernt tauchen, um Proben zu nehmen. Trotzdem wissen wir nie, was da gerade gemessen wird, weil sich die Algenblüte ja sehr dynamisch bewegt. Ist das jetzt ein hoher Messwert, ein niedriger oder ein durchschnittlicher? Es war wirklich an der Zeit, dass wir so etwas mit Satelliten messen können."

    Momentan wird am Eriesee aber wieder manuell gemessen. Der europäische Satellit Envisat, der als bislang einziger Umweltsatellit die Fähigkeit hatte, giftige Algenblüten im Auge zu behalten, stellte im April 2012 seinen Betrieb ein. Die Nachfolger lassen noch auf sich warten. Die Satelliten der europäischen Sentinel-Reihe werden wohl ab dem kommenden Jahr ins All starten.

    Doch selbst mit ihnen lässt sich das Verfahren der Forscher nicht ohne Weiteres vom Eriesee auf andere Gewässer übertragen. Denn es muss zunächst genau auf Tiefe und Wasserfarbe jedes Sees abgestimmt werden. Außerdem gibt es nicht nur Microcystis aeruginosa mit ihrem gut nachweisbaren Pigment. Weltweit kommen über 40 bekannte Arten giftiger Blaualgen vor, von denen nur wenige einen aus der Ferne messbaren Farbstoff besitzen. Es wird also noch dauern, bis die Gewässer weltweit aus dem All kontrolliert werden können.