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Alice Herz-Sommer
Holocaust-Überlebende mit 110 Jahren gestorben

Wenn man 110 Jahre alt ist, seine Familie in einem Konzentrationslager verloren und selbst zwei Jahre in Theresienstadt überlebt hat, muss man wohl eine ganz besondere Gabe haben, um das Leben so zu sehen, wie Alice Herz-Sommer es tat. Am Sonntag ist die frühere Pianistin und Musikpädagogin in London gestorben.

Von Gabi Biesinger | 24.02.2014
    Der Eingang des Konzentrationslagers Theresienstadt in Tschechien
    Alice Herz-Sommer überlebte das KZ Theresienstadt. (picture-alliance/ dpa / Kieran Crilly)
    "Jeder Tag im Leben ist schön, jeder", sagte Herz-Sommer noch vor kurzem in dem Dokumentarfilm "The Lady in Number 6". Es war die Musik, die ihr immer das Leben gerettet habe, erklärte die passionierte Pianistin. Damals im Konzentrationslager, und immer, immer wieder.
    Alice Herz-Sommer und ihre Zwillingsschwester Marianne wurden 1903 als Töchter der deutschen Unternehmerfamilie Herz in Prag geboren. Die jüdische Familie bewegte sich in Intellektuellenzirkeln, war befreundet mit Sigmund Freud, Gustav Mahler und Franz Kafka. Mit ihm ging die kleine Alice häufig spazieren.
    Mit 16 Jahren nahm die Deutsche Musikakademie die begabte Pianistin als jüngstes Mitglied auf. In den 1930er-Jahren hatte Alice Konzertbühnen in ganz Europa erobert. Dann kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Sie verschleppten zunächst ihre Familie; ihre Mutter starb in Treblinka, ihr Mann in Dachau. 1943 wurde Alice Herz-Sommer nach Theresienstadt deportiert. Dort gab sie über 100 Konzerte und sagte im Nachhinein: "Ich wusste, dass wir spielen können. Und wenn wir spielen können, kann alles nicht so furchtbar sein."
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