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Aliens und die U.S. Air Force
Was verrät der Ufo-Bericht wirklich?

Wer verschwommene Flecken auf Fotos und Videos für außerirdische Raumschiffe hält, wird schnell belächelt. Doch zu den Ufo-Gläubigen scheinen auch hartgesottene Piloten der US-Navy zu gehören. Es kommen Forderungen auf, dass sich die Wissenschaft ernsthaft mit dem Thema befassen sollte.

Von Thomas Reintjes | 22.06.2021
Sternenhimmel
Nicht jeder Lichtfleck am Himmel lässt sich mit bekanntem Wissen erklären. Vorläufig handelt es sich um ein "unbekanntes Flugobjekt" (imago images / Panthermedia)
Spätestens seit August 2020, als das Pentagon die Gründung einer Task Force zur Analyse von UAPs verkündet hat, steigt in den USA wieder das Ufo-Fieber. Während der Corona-Lockdowns nahmen Ufo-Sichtungen durch Bürgerinnen und Bürger schon zu. Richtig Fahrt nahm das Thema aber durch Videos auf, die schon zwischen 2004 und 2019 vor allem von Kampfjet-Piloten aufgenommen wurden.
Angekündigter Ufo-Bericht - "Danach wird es keine Klarheit geben"
US-Geheimdienste wollen bald einen Bericht über unbekannte Flugobjekte veröffentlichen. Der Weltraumhistoriker Alexander Geppert glaubt allerdings nicht, dass der Text für mehr Klarheit sorgen wird: "Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ufo unerklärbar ist."
Schwarzweiß-Bilder, aufgenommen mit Infrarot-Kameras: Zu sehen sind anscheinend fliegende Objekte, die sich sehr schnell bewegen, unverhofft die Richtung ändern oder um die eigene Achse rotieren. Das Pentagon bestätigte die Echtheit der im Internet kursierenden Videos. In der renommierten Fernsehsendung "60 Minutes" beschrieb der ehemalige Navy-Pilot Dave Fravor dem Moderator Bill Whitaker, was er mit eigenen Augen gesehen haben will: Technik, die der des US-Militärs weit überlegen scheint.
"Diese Flugobjekte können anscheinend beliebig lange in der Luft bleiben. Das können wir nicht. Wir sind auch in der Flughöhe eingeschränkt. Es ist schwierig, etwas zu bauen, das gut in Bodennähe funktioniert, dann 20, 25 Kilometer aufsteigt und innerhalb von Sekunden wieder senkrecht auf geringe Höhe sinken kann."

Auftrag für die Wissenschaft

Noch dazu zeigen die verschwommenen Aufnahmen weder Tragflächen oder Flügel noch einen Hitze produzierenden Antrieb. Mehrere Piloten und Schiffsbesatzungen haben ähnliche Interviews gegeben. Selbst Ex-Präsident Barack Obama sagte in einer Unterhaltungssendung, dass er beim Thema Ufos nicht alles preisgeben könne und gab damit den Spekulationen neues Futter. Der Astronom Avi Loeb von der Harvard University sieht darin einen Auftrag für die Wissenschaft.
"Ernstzunehmende Leute, Politiker, Regierungsbeamte und Militärs, denen wir die Sicherheit unseres Landes anvertrauen, sagen: Es handelt sich um Flugobjekte, die wir nicht verstehen. Dann steht die Wissenschaft in der Pflicht, herauszufinden, was diese Objekte sind. Das ist eine wichtige Frage!"
Hansjürgen Köhler vom Centralen Erfoschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene (CENAP) sitzt in seinem Arbeitszimmer am Computer
Ufo-Sichtungen: Hobbyastronom sammelt Meldungen zur Auswertung
Seit 45 Jahren betreibt ein Hobbyastronom bei Mannheim die Ufo-Meldestelle: Menschen aus ganz Deutschland können ihm rund um die Uhr ungewöhnliche Himmelsphänomene melden. Jedes Jahr erhält er Hunderte Meldungen, deren Ursachen fast immer leicht zu erklären sind. Aber es gibt Ausnahmen.
Stattdessen mache man sich über diese Menschen lustig, sobald sie über UAPs reden, kritisiert Avi Loeb. Davon berichteten auch die Piloten im Fernsehen. Sie hatten das Gefühl, sie hätten sich zum Gespött des ganzen Flugzeugträgers gemacht. Dabei sind unbekannte Objekte im eigenen Luftraum durchaus ernstzunehmen. Insbesondere, weil die Navy sie immer wieder - sogar täglich, wie ein Pilot sagte - in gesperrtem Luftraum beobachtet hatte. Es könnte sich schließlich um feindliche Maschinen handeln. Oder eben um außerirdische Technik, was ja durchaus interessant wäre. Deshalb müsse Schluss sein, sich über Menschen lustig zu machen, die diese Option in Betracht ziehen, fordert Avi Loeb. Die Wissenschaft schließt er dabei ein. Denn wer wie er außerirdische Hochtechnologie für eine mögliche Erklärung hält, wird auch in der Wissenschaft belächelt. Ein kulturelles Problem, glaubt Loeb.
Ein Schild mit der Aufschrift "Extraterrestrial Highway" steht neben einer Straße.
Ufo-Glaube in den USA  
Knapp die Hälfte der US-Amerikaner glaubt an Ufos. Nicht wenige suchen nach ihnen auch ganz aktiv: rund um die Air-Force-Basis Area 51 in Nevada zum Beispiel.
"Wissenschaftler sind oft um ihr Image besorgt. Unsere Kultur ist darauf ausgerichtet, zu zeigen, dass man schlau ist, keine Fehler macht und keine Risiken eingeht. Aber eigentlich war es doch so gedacht, dass Professoren Stellen auf Lebenszeit haben, damit sie Risiken eingehen und innovativ sein können. Wir sollten weniger Angst um unser Image haben und uns mehr von wissenschaftlichen Belegen leiten lassen, um zu beurteilen, ob eine Idee valide ist oder nicht."

Geheime Technik, geheime Daten

Bei den UAP-Videos der US-Navy fehlen diese wissenschaftlichen Belege. Es wird vermutet, dass es mehr Daten zu den Phänomenen gibt als die kurzen veröffentlichten Video-Clips. Aber weil sie mit geheimer Technik aufgenommen wurden, bleiben auch die Daten und ihre Analysen bisher geheim. Auch der Bericht der Pentagon-Kommission an den Kongress wird daran wohl nichts ändern. Doch Mick West hat einige Informationen gefunden, die helfen können, die Phänomene in den Videos zu verstehen. Er ist einer der bekanntesten Hobby-Analysten von Ufo-Videos.
"Es war schwierig, etwas über das Infrarot-Kamerasystem der FA18s herauszufinden. Es gibt noch nicht einmal Videoaufnahmen davon, weil es so geheim ist. Also habe ich mir die Patente des Herstellers Raytheon angesehen. Da ist das Innere des Systems detailliert beschrieben. Daraus konnte ich auf die optischen Effekte schließen, die fälschlicherweise den Eindruck erzeugen könnten, da sei ein rotierendes Objekt mit einer ungewöhnlichen Wärmeabstrahlung. "
Außerdem analysiert Mick West in die Videos eingeblendete Messdaten von den Bord-Instrumenten der Jets. Damit kommt er in den Posts auf seinem Youtube-Kanal meistens zu dem Schluss, dass die unbekannten Flugobjekte eher Wetterballons oder ganz normale Flugzeuge sind als außerirdische Technik. Avi Loeb bleibt allerdings dabei, dass mehr öffentlich verfügbare Daten nötig sind, um zu klären, um was es sich wirklich handelt. Die Wissenschaft mit ihren exakten Instrumenten könnte diese Daten liefern, indem sie selbst den Himmel dort beobachtet, von wo die Phänomene gemeldet wurden.
"Wissenschaftler müssen die Fragen beantworten, für die sich die Gesellschaft interessiert. Selbst wenn sich die Objekte als etwas Banales herausstellen sollten. Sonst spekulieren die Leute und kommen auf verrückte Gedanken. Wissenschaftler können Licht ins Dunkel bringen und der Öffentlichkeit helfen, den Report zu interpretieren."