Das Publikum in der Neuen Szene, dem kleinen Spielort des Schauspiels Leipzig, sitzt eng an einer U-förmigen, verwinkelten und flachen Wohnlandschaft aus hellrotem Stoff. Hier wohnt jeder in einer Ecke für sich. In dieser unordentlichen Kleinbürger-Wohnung liegt der normale Haushaltskram herum, Kaffeekocher und Turnschuhe, Wasserflasche, Minifernseher, Karteikasten und Plastetüte. Jeder lebt sein Alltagsleben weiter, auch wenn er über den bevorstehenden Tod der Alkestis redet. Denn der Tod hat in Wirklichkeit in dieser Kleinfamilie mit zwei Kindern, einem Vater und einer Nachbarin so wenig einen Ort wie wir ihm diesen in unserem Alltag zubilligen.
Das Bewusstsein des Todes wird in Geschwätz und Alltagsverrichtungen einfach bei Seite geschoben. Es herrscht normale Geschäftigkeit, üblicher Egoismus und verständliche Todesangst. Wenn der als sensibler Mittelschichtler im Anzug daher kommende Admetos anmerkt, er wisse gar nicht, wie er nach dem Opfertod seiner Frau weiterleben solle, klingt das gleichermaßen falsch wie hilflos, vor allem aber verklemmt. Und wenn er seinen Vater Pheres bedrängt, Zyanid zu nehmen, um anstelle von Alkestis in den Tod zu gehen, dann wird Admetos aus lauter Angst sogar handgreiflich. Doch der sich joggend fit haltende frühere Abteilungsleiter Pheres liebt sein Leben zwischen Fernseher und Kräuterkiste.
So bringt Admetos seiner Frau Blumen und den Kindern Süßigkeiten mit, denn er kann für sich die Hilflosigkeit, mit dem bevorstehenden Tod eines Menschen, seiner Gattin und Mutter seiner Kinder, umzugehen, nicht verhehlen. Für diese allgemeine Hilflosigkeit findet Armin Petras mit seinen Schauspielern viele kleine sensible Gesten. So, wenn die Kinder mit Vater und Mutter Papierblumen falten, mit denen sie später der in den Tod gegangen Abschied winken. So, wenn Alkestis mit einem neuen Hartschalen-Koffer vom Einkauf zurückkommt und man voller Begeisterung nur über dessen Qualität redet, - daß er aber für Alkestis‘ letzte Reise gebraucht wird, erwähnt niemand.
Es scheint heute keine Form und keinen wahren Ritus mehr zu geben, mit dem Tod um zu gehen, erzählt uns diese Inszenierung. Außerhalb der Wohnlandschaft gibt es eine als Kellnerin bezeichnete Frau im kleinen Schwarzen, mit dunkler Sonnenbrille, die Kopfhörer auf den Ohren und das Mikro vor dem Mund, und einen wie ein Boxer vor dem Kampf im Schneidersitz im seidenen Bademantel neben einer Opferschale wartenden Mann. Sie versuchen eine rituelle Form für die Haltung zum Tod zu finden:
Der Mann von der Opferschale entpuppt sich als Halbgott Herakles, der als Freund des Admetos zunächst mit Bierbüchsen daherkommt und offensiv die Haltung vertritt, gerade im Angesicht des Todes von anderen das eigene Leben weiter zu genießen. Für die Frau gibt es bei Petras kein Happyend. Zwar ringt Herakles sie im Kampf dem Totengott ab und bringt sie seinem Freund Admetos zurück, doch wird sie von diesem, der seine Frau bereits vergessen zu haben scheint, als eine andere wahr- und angenommen. Wenn nach dem Schluß der Handlung noch ein Video eingespielt wird, in dem Alkestis sich ihrer Familie ans erinnernde Herz legt, dann ist die Vergeblichkeit dieser Forderung offensichtlich.
Die Ernsthaftigkeit, mit der sich Regisseur und Autor in seiner Stückfassung unter dem Titel "Alkestis, mon amour" mit der Allgegenwärtigkeit des möglichen Todes im normalen Alltagsleben beschäftigt, und die Genauigkeit, mit der er die Unmöglichkeit schildert, eine Form für den Abschied zu finden, macht diese kaum anderthalbstündige Uraufführung äußerst bemerkenswert.
Das Bewusstsein des Todes wird in Geschwätz und Alltagsverrichtungen einfach bei Seite geschoben. Es herrscht normale Geschäftigkeit, üblicher Egoismus und verständliche Todesangst. Wenn der als sensibler Mittelschichtler im Anzug daher kommende Admetos anmerkt, er wisse gar nicht, wie er nach dem Opfertod seiner Frau weiterleben solle, klingt das gleichermaßen falsch wie hilflos, vor allem aber verklemmt. Und wenn er seinen Vater Pheres bedrängt, Zyanid zu nehmen, um anstelle von Alkestis in den Tod zu gehen, dann wird Admetos aus lauter Angst sogar handgreiflich. Doch der sich joggend fit haltende frühere Abteilungsleiter Pheres liebt sein Leben zwischen Fernseher und Kräuterkiste.
So bringt Admetos seiner Frau Blumen und den Kindern Süßigkeiten mit, denn er kann für sich die Hilflosigkeit, mit dem bevorstehenden Tod eines Menschen, seiner Gattin und Mutter seiner Kinder, umzugehen, nicht verhehlen. Für diese allgemeine Hilflosigkeit findet Armin Petras mit seinen Schauspielern viele kleine sensible Gesten. So, wenn die Kinder mit Vater und Mutter Papierblumen falten, mit denen sie später der in den Tod gegangen Abschied winken. So, wenn Alkestis mit einem neuen Hartschalen-Koffer vom Einkauf zurückkommt und man voller Begeisterung nur über dessen Qualität redet, - daß er aber für Alkestis‘ letzte Reise gebraucht wird, erwähnt niemand.
Es scheint heute keine Form und keinen wahren Ritus mehr zu geben, mit dem Tod um zu gehen, erzählt uns diese Inszenierung. Außerhalb der Wohnlandschaft gibt es eine als Kellnerin bezeichnete Frau im kleinen Schwarzen, mit dunkler Sonnenbrille, die Kopfhörer auf den Ohren und das Mikro vor dem Mund, und einen wie ein Boxer vor dem Kampf im Schneidersitz im seidenen Bademantel neben einer Opferschale wartenden Mann. Sie versuchen eine rituelle Form für die Haltung zum Tod zu finden:
Der Mann von der Opferschale entpuppt sich als Halbgott Herakles, der als Freund des Admetos zunächst mit Bierbüchsen daherkommt und offensiv die Haltung vertritt, gerade im Angesicht des Todes von anderen das eigene Leben weiter zu genießen. Für die Frau gibt es bei Petras kein Happyend. Zwar ringt Herakles sie im Kampf dem Totengott ab und bringt sie seinem Freund Admetos zurück, doch wird sie von diesem, der seine Frau bereits vergessen zu haben scheint, als eine andere wahr- und angenommen. Wenn nach dem Schluß der Handlung noch ein Video eingespielt wird, in dem Alkestis sich ihrer Familie ans erinnernde Herz legt, dann ist die Vergeblichkeit dieser Forderung offensichtlich.
Die Ernsthaftigkeit, mit der sich Regisseur und Autor in seiner Stückfassung unter dem Titel "Alkestis, mon amour" mit der Allgegenwärtigkeit des möglichen Todes im normalen Alltagsleben beschäftigt, und die Genauigkeit, mit der er die Unmöglichkeit schildert, eine Form für den Abschied zu finden, macht diese kaum anderthalbstündige Uraufführung äußerst bemerkenswert.