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Alle entlastet!

Der Zeitpunkt ist immer wieder irritierend. Erst nach den Haushaltsberatungen werden im Sportausschuss des Bundestags die von der Nationalen Antidoping-Agentur, NADA, geprüften Antidoping-Berichte der Sportfachverbände sowie die zuwendungsrechtliche Stellungnahme des Bundesverwaltungsamts, BVA, diskutiert. Wie der Deutschlandfunk bereits berichtete, kommt das BVA für das Jahr 2010 zu dem Ergebnis, dass kein Verband Fördermittel zurückzahlen muss.

von Robert Kempe | 15.12.2011
    Das Bundesinnenministerium, BMI, sowie NADA äußerten sich, ob des Berichts, gewohnt zufrieden über den deutschen Antidoping-Kampf. Dies überrascht umso mehr, da bei 22 Verbänden Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung des NADA Codes festgestellt wurden. Doch auch diese wurden im Verfahren – wie es im Bericht hieß – "entlastet".

    Die Grünen beantragten nun beim BMI Einblick in die internen Prüfberichte der Verbände. Die sportpolitische Sprecherin der Grünen Viola von Cramon:

    "Ich kann diese Zufriedenheit nicht teilen, im Gegenteil. Ich glaube es gibt berechtigte Zweifel an der Sauberkeit von einigen Verbänden – in dem Fall von zwei Verbänden. Deswegen habe ich noch einmal in einem Brief an das BMI nachgefragt. Um aufgrund einiger Anmerkungen in dem BMI-Schreiben dort noch einmal genauer nachzuhaken, warum man am Ende nicht zur Konsequenz sprich Rückforderung gekommen ist. Das geht nämlich aus dem Vermerken oder der Zusammenfassung, die uns das BMI überlassen hat, leider nicht hervor."

    Im besonderen Interesse der Grünen stehen dabei der Bund deutscher Radfahrer sowie der Ruderverband, DRV. Der DRV wurde im Prüfverfahren gar einer Anhörung unterzogen. Für die im NADA-Code festgelegte Schiedsgerichtsbarkeit fehlten beim Ruderverband im Jahr 2010 die erforderlichen Vereinbarungen mit den Athleten. Darin ist klar bestimmt, dass Dopingvergehen nur vor bestimmten Sportgerichten und nicht vor staatlichen Gerichten verhandelt werden dürfen. Die NADA kam jedoch zu der Bewertung, dass es sich dabei um keinen Verstoß gegen Antidoping-Regularien handle. Die Begründung: Eine Schiedsgerichtsvereinbarung könne der Verband mit dem betroffenen Athleten auch nach einer positiven Dopingprobe abschließen. Anzumerken ist, dass zu einem solchem Zeitpunkt sicher wohl kaum ein Sportler dies unterzeichnen würde.

    Außerdem regt von Cramon an, dass Anzeigeverhalten von Verbänden gegenüber Staatsanwaltschaften bei Dopingverstößen genauer zu prüfen. Selbst das BMI attestierte im Herbst 2010 dem DOSB schriftlich, dass die Verbände ihrer Verpflichtung – Staatsanwaltschaften in Dopingfällen zu kontaktieren - nur unzureichend nachkommen würden. Im Bericht blieb dieser Umstand eine Petitesse.

    Kontakt mit der Öffentlichkeit suchen im nächsten Jahr dagegen erstmals wieder die Sportpolitiker des Bundestags. Im Februar 2012 soll es eine öffentliche Anhörung zum Thema Gewalt in und um Fußballstadien geben.