Archiv


Alle Wege führen zu XP

Am Donnerstag überschlugen sich die Gerüchte, Microsoft habe auf Druck der Kunden die Wartungsfrist für Windows XP verlängert. Und es würden bis weit in das nächste Jahr sogenannte Downgrade-Packages von XP an Kunden ausgeliefert. Sogar von einer Entschädigung an genervte Vista-Kunden war die Rede.

Peter Welchering im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Was ist da wirklich passiert, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Passiert sind drei Sachen. Erstens: Microsoft hat Wartungsfristen für XP verlängert. Dazu zählt auch, dass OEM-Hersteller, die Personal Computer mit einem vorinstallierten Windows XP ausliefern wollen statt einem Windows Vista, weiterhin mit XP-Versionen beliefert werden. Das heißt, Microsoft verlängert die Auslieferung von Installationsmedien und Lizenzschlüsseln. Zweitens hat Microsoft Hewlett-Packard eingeräumt, bis zum April 2010 XP-Downgradings bei Firmenkunden durchzuführen. Wobei man diesen Punkt noch intensiver betrachten und diskutieren muss. Und drittens mehren sich die Anzeichen, dass es auch bei der Auslieferung von Windows 7 Downgrade-Möglichkeiten auf XP geben wird.

    Kloiber: Das Datum April 2010 hat ja für heftige Diskussionen gesorgt. Was verbirgt sich hinter dieser Downgrade-Frist genau.

    Welchering: Eine Downgrade-Möglichkeit gibt es bei Vista derzeit für die Versionen Business, Enterprise und Ultimate, also nicht für den Endkunden, der Vista Home vorinstalliert hat. Und da ist das Datum April 2010 insofern interessant, als es darauf hinweist, dass nach Einführung von Windows sieben den Firmenkunden wiederum ein Downgrade-Recht auf XP eingeräumt wird. Wenn die übliche Frist von sechs Monaten fürs Downgrading nach Markteinführung eines neuen Betriebssystems anliegt, dann würde das bedeuten, dass Windows 7 im Oktober dieses Jahres ausgeliefert würde. Allerdings halten Experten wie Ingo Gassmann von Hewlett-Packard die Fristangabe April 2010 für eine sehr konservative Angabe. Ingo Gassman:

    "Im Großkundengeschäft ist das gang und gäbe, dass Microsoft für Großkunden die Wartungfrist immer dann verlängert hat, wenn ein neues Betriebssystem ansteht und dann auch eine gewisse Zeit den Großkunden zur Verfügung stellt, hier die Migration einzuleiten und auch zu exekutieren. Ich denke, dass April ein sehr konservatives Datum sein wird. Wenn Windows 7 kommt, wird es erst eine gewisse Evaluierungszeit brauchen für die großen Unternehmen, hier entsprechend den Faden aufzugreifen und dann die Migration einzuleiten und umzusetzen."

    Welchering: Spannend daran ist, ob Microsoft es schafft, mit der Einführung von Windows 7 das Weihnachtsgeschäft 2009 noch mitzunehmen. Das lässt sich im Augenblick nur schwer abschätzen.

    Kloiber: Nach der Markteinführung von Windows Vista ist ja die Wartung von XP mehrfach verlängert worden. Wird damit dann 2010 nach der Auslieferung von Windows 7 Schluss sein?

    Welchering: Da kommen wir auf lizenzrechtliche Fragen. Und da wird es bei Microsoft kompliziert. Bei der Wartung geht es auch immer um Downgrading, das OEM-Hersteller ihren Kunden abnehmen möchten. Das heißt, der Firmenkunde, der im nächsten Jahr einen PC mit Windows 7 kauft, aber dem OEM-Hersteller sagt, ich möchte, dass Du mir den mit XP auslieferst, also downgradest, der kann nur bedient werden, solange der OEM-Hersteller noch XP-Versionen physikalisch zur Verfügung hat. Und da gibt es eine spannende Entwicklung, die Ingo Gassmann so beschreibt:

    "Ich würde einmal vermuten, dass die Überraschung eher darin liegt, dass es auch weiterhin zumindest bis April nächsten Jahres die Möglichkeit gibt für Kleinstkunden, einen XP-Pro-Preload von OEM-Seite zu bekommen, was aktuell unter Windows Vista Business-Downgrade auf XP-Professional firmiert, und in Zukunft wahrscheinlich vielleicht für eine gewisse Zeit auch unter dem Deckmantel eines Windows 7 Business-Preload eben zur Verfügung gestellt wird."

    Welchering: Das klingt enorm kompliziert, weil hier verschiedene Lizenzarten und –versionen genannt wurden. Dahinter steckt: Auch Firmenkunden, die nur zwei oder drei PCs in ihrem Unternehmen haben und weiterhin mit XP arbeiten möchten, werden dies allen Prognosen zufolge auch nach der Markteinführung von Windows 7 tun können.

    Kloiber: Ist das nicht aber auch eine Bankrotterklärung für Vista?

    Welchering: Microsoft windet sich hier ziemlich, betont immer wieder, dass Vista ein prima Betriebssystem sei. Aber faktisch hat der Betriebssystemhersteller den Anwendern im Firmenkundenbereich noch nie so viele Zugeständnisse eingeräumt wie nach der Einführung von Vista. Und diese Lizenzpolitik ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Microsoft-Manager erkannt haben, dass ihnen viele kleine Firmen von der Fahne gegangen sind oder dass dies zumindest droht und dass sie viel tun müssen, um das Wohlwollen dieser Kunden wieder zu gewinnen.