Die Schullektüre von Kleists Michael Kohlhaas haben bestimmt viele verflucht. Eine Novelle von 1810 über ein moralisches Dilemma, gezeigt an einer Geschichte aus dem 17. Jahrhundert, hinter dem die Bauernkriege und die Reformation aufscheinen. Dem Händler Kohlhaas wird Unrecht angetan. Erst werden ihm vom arroganten Junker unter einem Vorwand die Pferde abgenommen, dann wird sogar seine Frau brutal getötet.
Der absolutistische Staat mit seinen Regeln ist noch nicht vollständig durchgesetzt. Eben geht das Mittelalter zu Ende, in dem der Einzelne sich noch gegen Fürstenwillkür zur Wehr setzen durfte. Im Streit der frühabsolutistischen Ordnung mit dem mittelalterlichen Ständestaat ist der Pferdehändler noch Willkür und Gewalt ausgeliefert. Der karge Text ist unmodern und modern zugleich. Wer hat Recht und wie darf er das durchsetzen? Empört er sich zu seinem persönlichen Vorteil also egoistisch, oder ist er Vorreiter einer kommenden Revolution? Mit den realen Bauernkriegen hatte Martin Luther seine liebe Not. In der Novelle und auch in dieser Verfilmung weist er den Gerechtigkeitsfanatiker stellvertretend zurecht.
"Das Schwert, das Du führst, ist nämlich nicht das Schwert der Gerechtigkeit. Du bist nicht ein Krieger Gottes. Gott ist schon längst in Vergessenheit geraten in dieser Angelegenheit. Kohlhaas, was Dich hier auf Erden erwartet, ist das Schafott."
1969 – in rebellischen Zeiten - hat sich Volker Schlöndorff schon einmal am Stoff die Zähne ausgebissen. In diesem Jahr – wohl eher nicht in rebellischen Zeiten - kommen gleich zwei neue Kohlhaas-Filme ins Kino. Ein kleines unambitioniertes Projekt von Aaron Feldmann, in dem es eher darum geht, dass ein Kohlhaas-Film nicht zustande kommt, und eine große internationale Koproduktion von Arnaud des Pallières, die mit Stars und visuellem Aufwand im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes Furore machte.
Der dänische Superstar Mads Mikkelsen als Michael Kohlhaas ist ein überzeugender grimmiger Rächer, der mit David Bennent für sein Anliegen gleich einen kleinen Bauernkrieg lostritt. Die Prinzessin überrascht ihn bei den Friedensverhandlungen, die dann auch zu nichts führen, im Badezuber. Die Prinzessin umrundet ihn mit lasziven Blicken und böse erotische Gewalt-Fantasien blitzen aus ihren Augen.
"Die Stadt, die du einnehmen wolltest, bevor du die Waffen niedergelegt hast. Ich war dort. Ich verfügte über weniger Männer als du. Du hättest aus eigener Kraft viel mehr erreichen können als das, wofür du die Waffen niedergelegt hast." – "Ich will nicht viel mehr, Majestät. Nur das, was mir zusteht." "Ein Fanatiker also?" – "Ich habe Prinzipien."
Arnaud des Pallières löst die Geschichte ganz aus ihrem historischen Kontext heraus, dreht also keineswegs einen Kostümfilm. Aus dem Brandenburgischen der Vorlage versetzt er sie in die kargen französischen Cevennen, die der ewigen Auseinandersetzung des Rebellen mit der Obrigkeit einen archaischen Zug verleihen. Zu dieser Landschaft passt das schöne, aber auch schroffe Antlitz von Mads Mikkelsen, der schon als wettergegerbter Wikinger geglänzt hat.
Mikkelsen trägt diesen Film. Ihm glaubt man die widersprüchliche Figur des Kohlhaas, der Gerechtigkeit verlangt, sich aber wahnhaft verrennt und am Ende zwar recht bekommt, aber alles verloren hat, was ihm lieb und teuer ist. Diesen Mann umgibt aber auch ein poetischer Zauber, der seine Frau – auch sie opfert sich später - ins Schwärmen geraten lässt.
"Als ich dich zum ersten Mal sah, weißt du, was ich da gedacht hab? Wenn ich den Mann doch berühren dürfte. Nur ein einziges Mal. Er ist so schön. Ich würde seine Zärtlichkeit aus einem Schweinetrog trinken."
Michael Kohlhaas von Arnaud des Pallières ist trotz aller Stilisierung ein visuell reicher und beeindruckender Film, der auch in seinen wenigen Actionszenen überzeugt. Meisterlich zum Beispiel orchestriert der Regisseur Kohlhaas Rachefeldzug mit der Armbrust in einer düsteren Burg. Die unübersichtliche Burg zerlegt er in immer neue Blickwinkel und Perspektiven, so dass der Zuschauer der - abgesehen von knarzenden Türen und sirrenden Pfeilen - stummen Aktion mühelos folgen kann. Und dennoch setzt sich dieser Film zwischen alle Stühle. Den Action-Fans wird er zu langsam und zu wenig blutig sein. Den Kleistfans hingegen wird die Auseinandersetzung mit den moralischen Problemen der Geschichte nicht weit genug gehen. Vielleicht muss man sich aber von all dem frei machen, um die wahre Schönheit dieses Films zu entdecken.
Der absolutistische Staat mit seinen Regeln ist noch nicht vollständig durchgesetzt. Eben geht das Mittelalter zu Ende, in dem der Einzelne sich noch gegen Fürstenwillkür zur Wehr setzen durfte. Im Streit der frühabsolutistischen Ordnung mit dem mittelalterlichen Ständestaat ist der Pferdehändler noch Willkür und Gewalt ausgeliefert. Der karge Text ist unmodern und modern zugleich. Wer hat Recht und wie darf er das durchsetzen? Empört er sich zu seinem persönlichen Vorteil also egoistisch, oder ist er Vorreiter einer kommenden Revolution? Mit den realen Bauernkriegen hatte Martin Luther seine liebe Not. In der Novelle und auch in dieser Verfilmung weist er den Gerechtigkeitsfanatiker stellvertretend zurecht.
"Das Schwert, das Du führst, ist nämlich nicht das Schwert der Gerechtigkeit. Du bist nicht ein Krieger Gottes. Gott ist schon längst in Vergessenheit geraten in dieser Angelegenheit. Kohlhaas, was Dich hier auf Erden erwartet, ist das Schafott."
1969 – in rebellischen Zeiten - hat sich Volker Schlöndorff schon einmal am Stoff die Zähne ausgebissen. In diesem Jahr – wohl eher nicht in rebellischen Zeiten - kommen gleich zwei neue Kohlhaas-Filme ins Kino. Ein kleines unambitioniertes Projekt von Aaron Feldmann, in dem es eher darum geht, dass ein Kohlhaas-Film nicht zustande kommt, und eine große internationale Koproduktion von Arnaud des Pallières, die mit Stars und visuellem Aufwand im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes Furore machte.
Der dänische Superstar Mads Mikkelsen als Michael Kohlhaas ist ein überzeugender grimmiger Rächer, der mit David Bennent für sein Anliegen gleich einen kleinen Bauernkrieg lostritt. Die Prinzessin überrascht ihn bei den Friedensverhandlungen, die dann auch zu nichts führen, im Badezuber. Die Prinzessin umrundet ihn mit lasziven Blicken und böse erotische Gewalt-Fantasien blitzen aus ihren Augen.
"Die Stadt, die du einnehmen wolltest, bevor du die Waffen niedergelegt hast. Ich war dort. Ich verfügte über weniger Männer als du. Du hättest aus eigener Kraft viel mehr erreichen können als das, wofür du die Waffen niedergelegt hast." – "Ich will nicht viel mehr, Majestät. Nur das, was mir zusteht." "Ein Fanatiker also?" – "Ich habe Prinzipien."
Arnaud des Pallières löst die Geschichte ganz aus ihrem historischen Kontext heraus, dreht also keineswegs einen Kostümfilm. Aus dem Brandenburgischen der Vorlage versetzt er sie in die kargen französischen Cevennen, die der ewigen Auseinandersetzung des Rebellen mit der Obrigkeit einen archaischen Zug verleihen. Zu dieser Landschaft passt das schöne, aber auch schroffe Antlitz von Mads Mikkelsen, der schon als wettergegerbter Wikinger geglänzt hat.
Mikkelsen trägt diesen Film. Ihm glaubt man die widersprüchliche Figur des Kohlhaas, der Gerechtigkeit verlangt, sich aber wahnhaft verrennt und am Ende zwar recht bekommt, aber alles verloren hat, was ihm lieb und teuer ist. Diesen Mann umgibt aber auch ein poetischer Zauber, der seine Frau – auch sie opfert sich später - ins Schwärmen geraten lässt.
"Als ich dich zum ersten Mal sah, weißt du, was ich da gedacht hab? Wenn ich den Mann doch berühren dürfte. Nur ein einziges Mal. Er ist so schön. Ich würde seine Zärtlichkeit aus einem Schweinetrog trinken."
Michael Kohlhaas von Arnaud des Pallières ist trotz aller Stilisierung ein visuell reicher und beeindruckender Film, der auch in seinen wenigen Actionszenen überzeugt. Meisterlich zum Beispiel orchestriert der Regisseur Kohlhaas Rachefeldzug mit der Armbrust in einer düsteren Burg. Die unübersichtliche Burg zerlegt er in immer neue Blickwinkel und Perspektiven, so dass der Zuschauer der - abgesehen von knarzenden Türen und sirrenden Pfeilen - stummen Aktion mühelos folgen kann. Und dennoch setzt sich dieser Film zwischen alle Stühle. Den Action-Fans wird er zu langsam und zu wenig blutig sein. Den Kleistfans hingegen wird die Auseinandersetzung mit den moralischen Problemen der Geschichte nicht weit genug gehen. Vielleicht muss man sich aber von all dem frei machen, um die wahre Schönheit dieses Films zu entdecken.