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Allensbach-Studie
Was Eltern wollen

Welche Informationen und welche Unterstützung wünschen sich Eltern von der Schule ihrer Kinder? Das hat die neue Allensbach-Studie untersucht. Deutlich wurde, dass es hohe Erwartungen an die Lehrer gibt. Das Engagement der Eltern für die Bildung der Kinder ist hoch - ganz gleich ob in höheren oder niedrigeren sozialen Schichten.

Von Anja Nehls |
    Schüler malen an einer Hauptschule in Arnsberg (Sauerland).
    Allensbach-Studie: Eltern haben großes Vertrauen in Lehrer (dpa / picture alliance / Fabian Stratenschulte)
    Über die Hälfte der Eltern mit geringem eigenem Bildungshintergrund und niedrigem Einkommen sind oft sehr unsicher, wie sie ihre Kinder für die Schule am besten fördern können, so die Allensbach Studie im Auftrag der Vodafone Stiftung, für die über 1000 Eltern von Schulkindern befragt worden sind. Allerdings - auch das ein Ergebnis der Studie - haben gerade diese Eltern ein großes Interesse daran, ihren Kinder zu helfen, sagt Werner Süßlin von Allensbach:
    "Sie engagieren sich auch in dem Bereich Unterstützung bei den Hausaufgaben, helfen den Kindern bei den Hausaufgaben, Kontakte mit den Lehrern, Gespräche mit den Lehrern, fragen das Kind vor den Klassenarbeiten ab. Die engagieren sich in genau dem gleichen Umfang wie die Eltern aus höheren sozialen Schichten auch, aber es gelingt ihnen natürlich wesentlich weniger."
    Studie: Lehrer genießen bei Eltern großes Vertrauen
    Denn zwei Drittel von ihnen haben selber nur Hauptschulabschluss und geringere finanzielle Möglichkeiten, ihre Kinder auch außerhalb der Schule zu fördern. Gerade diese Eltern wünschen sich also von der Schule mehr Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten. Ansprechpartner Nummer eins sind dabei für drei Viertel der Eltern aus allen Schichten die Lehrer. Aber da liegt in der Zusammenarbeit mit den Eltern doch noch einiges im Argen, sagt Gitte Schlingelhoff. Sie ist Elternvertreterin und hat Kinder an drei verschiedenen Berliner Schulen:
    "Weil das ist völlig intransparent auf den Schulen, aber die sind darauf auch nicht ausgelegt. Ich finde auch, dass man von den einzelnen Lehrern nicht über das Kind einzeln informiert wird. So ein Elternsprechtag ist ein Witz. Und wenn die Kinder dann was zu Hause nicht hinkriegen, dass die Lehrer dann, dass das nach Hause herstrahlt, das ist gleich Null."
    Dabei genießen die Lehrer laut Studie bei den Eltern großes Vertrauen. Sie müssten also mehr Möglichkeiten bekommen, den Eltern auch als Ansprechpartner zu Verfügung zu stehen, meint Sabine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts:
    "Hier ist durchaus ein Orientierungsbedarf, bei dem Profis gefragt sind. Elternarbeit erledigt sich nicht nebenbei oder in der Fünf-Minuten Pause oder auch noch zusätzlich am Nachmittag. Das müssen wir in den Arbeitsplan von Lehrkräften reindeklinieren. Das muss vorgesehen sein".
    Ob das allerdings gerade bei den Familien aus niedrigen sozialen Schichten viel nützen würde, bezweifelt Gitte Schlingelhoff. Ihrer Erfahrung nach sind deren Probleme viel tief gehender:
    "Ich glaube, dass die Eltern so eine Scheu vor den Schulen haben, dass man die nicht ins Boot holen kann, also die haben so eine Angst vor der Schule und auch den anderen Eltern, dass die sich niemandem öffnen. Ganz viel arbeiten, Schichtdienst, nie am Tag da sind und nur nachts da sind, Kinder die alleine morgens aufstehen, sich ihr essen machen müssen. Das ist so."
    Bildung und Erziehung wird nicht nur am Lernort Schule vermittelt
    Von Chancengerechtigkeit für die Kinder dieser Eltern ist man also in unserem Bildungssystem noch weit entfernt. Das sieht auch Monika Bachmann so. Sie ist Sozialministerin des Saarlandes und Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder:
    "Im bisherigen Leistungssystem gelingt es unserer Meinung nach zur Zeit nicht ausreichend, die Leistungen an den Bedarf von Mehrkindfamilien, Alleinerziehenden, jungen Eltern und Geringverdienerfamilien mit Kindern auszurichten. Nur eine zielgenau finanzielle Unterstützung von Familien trägt entscheidend zu deren gesellschaftlicher Teilhabe und vor allem zum Wohlergehen der Kinder bei. Dazu gehört das Umfeld, dazu gehört die Familie wie sie sich auch immer darstellt, dazu gehören die Vereine, die Integration und dazu gehören wir alle, nämlich die Gesellschaft."
    Denn Bildung und Erziehung wird keineswegs allein am Lernort Schule vermittelt, so die Studie. Hier sind es allerdings wieder hauptsächlich die sozial Bessergestellten, die ihren Kindern Musikunterricht, Auslandsaufenthalte oder den Besuch kultureller Veranstaltungen ermöglichen.