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Allerlei aus alten Schläuchen

Auf der Sportartikel-Messe ISPO in München werden neben Sportbekleidung und -ausrüstung auch Innovationen vorgestellt. So auch eine ungewöhnliche Recycling-Methode: Ein Hobby-Mountain-Biker verarbeitet seine gebrauchten Schläuche und Mäntel zu Taschen und Portemonnaies. Und die verkauft er dann äußerst gewinnbringend.

Von Wolfgang Nitschke |
    Aus alt mach neu – das ist der Grundsatz des Recyclings und die Deutschen sind Weltmeister im Verwerten von Müll. Alte Materialien werden in neuem Design zum Leben erweckt - zum Beispiel Fahrradreifen und –schläuche. Für seine Handtaschen, Laptopbeutel, Gürtel und Portemonnaies aus Fahrradmüll hat Michael Schüssler in diesem Jahr auf der Sportmesse ISPO einen Preis bekommen:

    "Ich bin schon lange Zeit Mountainbikefahrer und was liegt näher, als eine Tasche aus Fahrradreifen zu bauen, wenn man selbst gerade mit dem Fahrrad unterwegs ist. Also, da ich eine Schneiderausbildung habe und Betriebswirt studiert, habe ich einfach meinen Beruf mit meinem Hobby verbunden."

    Noch ist "Tubeline" ein "Einmann-Betrieb". Jede Tasche wird in Handarbeit vom Besitzer der Firma hergestellt. Der Boden aus recyceltem Fahrradmantel, der Tragegurt aus einem alten Schlauch, die Seitenteile aus vernähten und gefärbten Schläuchen. Auch als Gürtel lassen sich alte Fahrradschläuche hervorragend verarbeiten – meint Schüssler – und er ist sich sicher, dass es für seine Ware einen Markt gibt. Verkauft wird zunächst im Internet unter www.tubeline.de – aber auch auf der Messe hat sich zumindest ein Käufer für die Tasche gefunden:

    "Also ich find die ganz stark die Idee – die Tasche selber finde ich auch ganz stark vom Tragekomfort – also das ist ganz phänomenal."

    Doch je größer der Markt für die Recyclingwaren wird, umso mehr Altreifen und Altschläuche werden benötigt und Container für Fahrradmüll gibt es auf Wertstoffhöfen in Deutschland nicht. Für gewöhnlich landet der kaputte Schlauch heute im Hausmüll. Wo also kommen die Mäntel und Schläuche für die Kollektion her?

    "Die kommen zum größten Teil von Fahrradhändlern. Viele lassen sich den Schlauch auch vom Händler wechseln, wenn sie einen Platten haben und wenn sie ihre Reifen abgefahren haben, geben sie die beim Händler zurück. Und ich bau halt aus abgefahrenen Reifen abgefahrene Taschen. "

    Günstig ist die Designerware aus Müll übrigens nicht, weil sie ja Handarbeit ist. 38 Euro kostet eine Handytasche, knapp 140 Euro eine für den Laptop. Die Exklusivität soll in Zukunft die Preise weiter steigen lassen. Der größte deutsche Profiradrennstall soll mit ins Boot geholt werden, so Schüsslers Idee, damit die Fahrradfans sich dann exklusiv Unikate aus den abgefahrenen Reifen ihrer Lieblingsstars der Tour de France anfertigen lassen können:

    "Das wird dann so aussehen – es wird eine "Special-Edition" geben, wo dann jede Tasche ihre Geschichte bekommt. Sprich: Mit einem kleinen Text reingedruckt, die Tasche wurde bei dem und dem Rennen, von dem und dem Fahrer gefahren und dann noch ein Autogramm vom Fahrer rein und dann ist es glaube ich nachgewiesen. "

    Designerware aus Müll klingt zunächst sinnvoll, das sieht auch das Referat für Abfallwirtschaft der Landeshauptstadt München so. Allerdings werden dort auch Zweifel laut. Man müsse zunächst prüfen, welche Materialien, Chemikalien oder Zusatzstoffe in alten Fahrradschläuchen und Reifen enthalten seien, heißt es, und wie unbedenklich diese seien, wenn man sie als Gürtel, Tasche oder Portemonnaie am Körper trage. Eine abschließende Bewertung sei derzeit nicht möglich.