Die Notstandsatmosphäre, die sich einer unsichtbaren Wolke gleich nicht nur über unser Land, sondern über halb Europa gelegt hat, ruft ganz eigenartige Gefühle hervor, und da zum Glück nichts Schlimmes passiert ist, darf man diese Gefühle sogar kultivieren und interpretieren.
Ja, wir haben es mit einer Katastrophe ohne Opfer zu tun; die wirtschaftlichen Folgen mögen erheblich sein, aber ansonsten hat der isländische Vulkan niemandem etwas zuleide getan, sodass man die Schönheit des Naturgeschehens ohne schlechtes Gewissen bewundern kann.
Die ganze Wucht dieses Geschehens manifestiert sich aber nicht bloß in den fabelhaften Bildern der Feuersuppe am Krater, sondern im Premierencharakter der Fernwirkung. Noch nie in der Geschichte der Luftfahrt war der Verkehr so umfassend gestört. Zwei Dinge, die für sich genommen schon eine ganze Weile existieren - nämlich einerseits Flugzeuge und andererseits Vulkane - kommen einander plötzlich auf geradezu absurde Weise ins Gehege, und zwar indem die winzigsten Staubteilchen die größten Maschinen lahmlegen.
Die Plötzlichkeit, mit der Asche zum Problem werden kann, sollte jeden, der die Steuerung der Wirtschaft, des Klimas oder anderer komplexer Systeme auf seine politischen Fahnen geschrieben hat, mehr Demut lehren. In stratosphärischen Höhen spielt sich eine Art Feinstaubparodie ab, die zugleich die relative Lachhaftigkeit all der behördlichen Reinhaltungsanstrengungen deutscher Großstädte mit Hilfe von bunten Plaketten und opaken Verboten erweist.
Der flugzeuglose Himmel über uns hat etwas Unheimliches. Es ist nicht so lustig wie autofreier Sonntag in den Lüften. Es erinnert eher an 9/11, als für ein paar Tage alle transatlantischen Verbindungen gekappt waren. Damals waren wir auch gezwungen, unser psychogeografisches Weltbild zu revidieren. Die moderne europäische Selbstverständlichkeit, ungefähr zehn Stunden von New York entfernt zu sein, bekam einen jähen Riss. Ebenso verformt sich jetzt unser inneres Bild des eigenen Kontinents; wie die tektonischen Platten der Erdkruste, auf denen sie gebaut ist, driftet unsere Alltagswelt geheimnisvoll auseinander. In Flugminuten eingeübte Distanzen dehnen sich zu strapaziösen Auto- und Eisenbahnstreckenkilometern. Eine regelrechte Entglobalisierung kommt über unser Denken.
Etwas Unheimliches nistet auch in der Erinnerung. Vor bald einem Vierteljahrhundert ängstigten wir uns vor einer unsichtbaren Wolke aus Tschernobyl und beobachteten ähnlich angespannt, wohin der Wind sie trieb. Doch statt um radioaktiven Fallout geht es diesmal um absolut strahlungsfreien Dreck. Die isländische Vulkanasche beschert uns die Wiederholung einer Geschichte als Farce. Jedenfalls empfinden wir statt Angst um unser Leben diesmal höchstens Ärger über ausgefallene Flüge.
Ja, wir haben es mit einer Katastrophe ohne Opfer zu tun; die wirtschaftlichen Folgen mögen erheblich sein, aber ansonsten hat der isländische Vulkan niemandem etwas zuleide getan, sodass man die Schönheit des Naturgeschehens ohne schlechtes Gewissen bewundern kann.
Die ganze Wucht dieses Geschehens manifestiert sich aber nicht bloß in den fabelhaften Bildern der Feuersuppe am Krater, sondern im Premierencharakter der Fernwirkung. Noch nie in der Geschichte der Luftfahrt war der Verkehr so umfassend gestört. Zwei Dinge, die für sich genommen schon eine ganze Weile existieren - nämlich einerseits Flugzeuge und andererseits Vulkane - kommen einander plötzlich auf geradezu absurde Weise ins Gehege, und zwar indem die winzigsten Staubteilchen die größten Maschinen lahmlegen.
Die Plötzlichkeit, mit der Asche zum Problem werden kann, sollte jeden, der die Steuerung der Wirtschaft, des Klimas oder anderer komplexer Systeme auf seine politischen Fahnen geschrieben hat, mehr Demut lehren. In stratosphärischen Höhen spielt sich eine Art Feinstaubparodie ab, die zugleich die relative Lachhaftigkeit all der behördlichen Reinhaltungsanstrengungen deutscher Großstädte mit Hilfe von bunten Plaketten und opaken Verboten erweist.
Der flugzeuglose Himmel über uns hat etwas Unheimliches. Es ist nicht so lustig wie autofreier Sonntag in den Lüften. Es erinnert eher an 9/11, als für ein paar Tage alle transatlantischen Verbindungen gekappt waren. Damals waren wir auch gezwungen, unser psychogeografisches Weltbild zu revidieren. Die moderne europäische Selbstverständlichkeit, ungefähr zehn Stunden von New York entfernt zu sein, bekam einen jähen Riss. Ebenso verformt sich jetzt unser inneres Bild des eigenen Kontinents; wie die tektonischen Platten der Erdkruste, auf denen sie gebaut ist, driftet unsere Alltagswelt geheimnisvoll auseinander. In Flugminuten eingeübte Distanzen dehnen sich zu strapaziösen Auto- und Eisenbahnstreckenkilometern. Eine regelrechte Entglobalisierung kommt über unser Denken.
Etwas Unheimliches nistet auch in der Erinnerung. Vor bald einem Vierteljahrhundert ängstigten wir uns vor einer unsichtbaren Wolke aus Tschernobyl und beobachteten ähnlich angespannt, wohin der Wind sie trieb. Doch statt um radioaktiven Fallout geht es diesmal um absolut strahlungsfreien Dreck. Die isländische Vulkanasche beschert uns die Wiederholung einer Geschichte als Farce. Jedenfalls empfinden wir statt Angst um unser Leben diesmal höchstens Ärger über ausgefallene Flüge.