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Alles sauber mit Ozon

Umwelt. - Ozon ist ein für Menschen giftiges Gas - Stichwort Sommersmog. Überhaupt können nur wenige Materialien wie Glas oder Stahl dem starken Oxidationsmittel Ozon lange standhalten. Diese Eigenschaft des Ozons wollen sich Forscher in Bremerhaven zunutze machen: Das Gas soll zur Reinigung von Anlagen in der Lebensmittelbranche verwendet werden.

Von Folkert Lenz | 07.11.2007
    Im Großlabor des Bremerhavener Technologie-Transfer-Zentrums ttz: Neben einem durchsichtigen Wasserbasin thront eine blaue Röhre über einer Pumpe. Schläuche führen aus der Maschine ins Wasserbecken.

    " Es handelt sich hier um einen Ozongenerator, der aus der Umgebungsluft den Sauerstoffanteil in eine reaktivere Form umwandelt. Und das ist halt das Ozon. Und dieses geben wir gezielt ins Wasser, lösen es darin mittels eines lnjektors ein, der sich in diesem Ozonerzeugungsgehäuse auch befindet. "

    Aus O2 werde so O3, erklärt der Ingenieur Ansgar Brockamp von Air Tree Europe. Stille elektrische Entladung heißt das Prinzip, das aus Sauerstoff Ozon macht. Ähnliches passiert, wenn in freier Natur ein Blitz durch die Luft oder ins Wasser saust. Das Verfahren ist nicht neu, aber das Endprodukt soll nun neuartiger Verwendung zugeführt werden. Denn die Bremerhavener Wissenschaftler wollen das Ozon zur Desinfektion in der Lebensmitteltechnik nutzen. Mit dem ozonhaltigen Wasser könnten Leitungen oder Tanks zum Beispiel von Getränkeabfüllanlagen gespült werden, sagt der ttz-Verfahrensingenieur Gerhard Schories:

    " Wenn Ozon in Wasser gelöst wird, dann bilden sich im Wasser so genannte OH-Radikale. Und diese OH-Radikale sind eben sehr reaktiv. Sie greifen also die Oberflächen von Mikroorganismen an und inaktivieren sie dadurch. "

    Noch ist es üblich in der Lebensmittelindustrie, Unmengen von Wasser zu benutzen, um Anlagen zu reinigen. Auch der Einsatz von Chemikalien - Säuren, Laugen, Chlor - ist vielerorts die Regel. Die Hoffnung des Projektleiters in Bremerhaven. Durch Ozon könnte dem ein Ende bereitet werden. Miguel Prieto:

    " In erster Linie wird es die Desinfektionschemikalien ersetzen, wird dann durch die innere Oberfläche von Tanks, Rohrleitungen und die ganzen Produktionsanlagen gefahren. Das Ozon oxidiert dann Produktreste oder Mikroorganismen. Nach verrichteter Arbeit zerfällt es dann zu reinem Sauerstoff, was keine Rückstände hinterlässt. "

    Beim Abfüllen von Mineralwasser ist das Verfahren schon gängig. Doch Hersteller von Bier, Wein oder Milch scheuen sich noch, die Ozonlösung einzusetzen. Die Sorge: Das aggressive Gas könnte den Geschmack der Getränke beeinträchtigen. Im Projekt "Ozonecip" tüfteln die Lebensmittelexperten in Bremerhaven nun seit zwei Jahren daran, die Einsatzmöglichkeiten auch auf Brauereien oder Molkereien auszuweiten. In der Industrie werden die Forschungen deshalb aufmerksam beobachtet - zum Beispiel in der Bremer Brauerei Beck und Co. Brauereiingenieur Carsten Eger.

    " Heute wird klassisch gereinigt mit Lauge, Säure und Desinfektionsmittel. Dabei gibt es natürlich Verbräuche an Chemikalien, an Wasser und so weiter. Und alles, was wir machen, geht natürlich dahin, Wasser einzusparen, Chemie einzusparen und damit auch die Umwelt weniger zu belasten, aber auch natürlich, um in kürzerer Zeit zu reinigen mit dem gleichen Reinigungserfolg. "

    Zu groß sind die Zweifel an der Praxistauglichkeit. Die Brauer fürchten, dass ihr Bier zu stark schäumen würde, wenn Ozon oder Sauerstoff an den Gerstensaft kommt. In Molkereien besteht die Sorge, dass das Gas das Aroma der Milch verändert. Denn die Geruchsstoffe des Gases könnten sich ja an das Fett der Milch ankoppeln – und das Fett ist der Geschmacksträger. Vordringliche Aufgabe der Bremerhavener Forscher ist es deshalb, diese Vorbehalte durch Versuche zu entkräften. Denn in anderen Industriezweigen ist die Verwendung von Ozon durchaus gängig, so Miguel Prieto:

    " Man kann es überall einsetzen: Ozon wird häufig in der Abwasserbehandlung benutzt, und in der Papierindustrie wird es auch häufig eingesetzt, um diesen weißenden Effekt zu erreichen. "

    Mit einem Forschungspartner in Spanien basteln die Bremerhavener nun daran, das Ozonsystem so zu verfeinern, dass auch die Hersteller hochwertigster Lebensmittel keine Bedenken mehr gegenüber dem Verfahren haben müssen. In diesen Tagen wird eine Pilotanlage in Valencia aufgebaut. Bis spätestens Ende kommenden Jahres wollen sie dann einen einsatzfähigen Apparat entwickeln. Das zumindest ist das Ziel des EU-geförderten Projekts.